Neue Gentechnik-Pflanzen: Nadelöhr Zulassungen

(23.02.2015) Bislang konzentriert sich der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen auf Mais, Sojabohnen und Baumwolle. Zwar wird auch an anderen Kulturarten viel geforscht. Neu entwickelte gv-Pflanzen, die Trockenheit, Überflutung und Schädlingsattacken überstehen oder mit Nährstoffen angereichert wurden, wachsen weltweit in Gewächshäusern und werden in Feldversuchen getestet. Bis zu einer Zulassung haben es bislang aber nur wenige geschafft. Zwei französische Wissenschaftlerinnen haben nun eine Zusammenstellung der wichtigsten Forschungsprojekte veröffentlicht.

Feuerbohne

Virusresistente Bohne: Bald Anbau in Brasilien. Bei Mais, Sojabohnen und Baumwolle sind gentechnisch veränderte Sorten in der Landwirtschaft Standard. In jüngster Zeit sind einige neu entwickelte gv-Pflanzen hinzugekommen etwa Kartoffeln, die weniger Acrylamid bilden oder Äpfel, die weniger schnell bräunen.

Aubergine, Schädling

Aubergine mit Resistenz gegen Fraßschädlinge: Anbau in Bangladesh und bald wohl auch in Indien. Noch ist sie allerdings nicht zugelassen, denn auch in Indien wird über die Grüne Gentechnik kontrovers diskutiert.

Foto: Babuji Barcot

Es wird oft kritisiert, dass die Grüne Gentechnik nichts hervorgebracht habe außer einer Handvoll kommerziell genutzter Ackerfrüchte mit nur wenigen Merkmalen – entwickelt und vermarktet von ein paar multinationalen Konzernen und großflächig angebaut in jeweils mehreren Ländern. Tatsächlich sind bislang nur wenige andere Kulturarten mit gentechnisch veränderten Eigenschaften bis zur Marktreife gelangt. In jüngster Zeit war dies zum Beispiel eine virusresistente Bohne in Brasilien, die von einem staatlichen Agrarforschungsinstitut entwickelt und 2011 zugelassen wurde.

Ob eine gv-Pflanze kommerziell genutzt werden kann, hängt aber nicht vom wissenschaftlichen Fortschritt in Laboren und Gewächshäusern ab. Denn obwohl es viel versprechende Ansätze und Konzepte gibt, die prinzipiell funktionieren und bereits in Freilandversuchen gestestet wurden, kommt es nicht zu einer Weiterentwicklung bis zur Marktreife.

Ein wesentlicher Grund hierfür ist, dass gv-Pflanzen sehr zeit- und kostenaufwändige Zulassungsprozesse durchlaufen müssen, die in den letzten Jahren immer anspruchsvoller geworden sind. Die Kosten für die Zulassung einer neuen gv-Pflanze (Event), betragen zwischen einer und 15 Millionen Dollar. Soll diese nicht nur für einen begrenzten Markt, sondern weltweit zugelassen werden, liegen die Kosten sogar bei durchschnittlich 35 Millionen Dollar. Eine gv-Pflanze von der ersten Entdeckung bis zur Anwendungsreife und schließlich auf den Markt zu bringen, braucht zudem einen sehr langen Atem von durchschnittlich 13 Jahren.

Ein weiterer Grund ist die nach wie vor mangelnde Akzeptanz gegenüber Produkten, die in irgendeiner Weise mit Gentechnik in Berührung gekommen sind – vor allem in der EU, zunehmend aber auch in den USA, China und Indien. Das führt dazu, dass Zulassungen aus politischen Gründen verzögert oder blockiert werden wie derzeit in der EU. Das habe kleine und mittlere Unternehmen sowie auch öffentliche Einrichtungen oft entmutigt, Problemlösungen in der Pflanzenforschung überhaupt noch mit Hilfe gentechnischer Methoden anzugehen, so die Autorinnen der Studie.

Dennoch: Es gibt jede Menge Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die auch mit gentechnischen Methoden daran arbeiten, Pflanzen vor Schädlingen und Krankheiten zu schützen oder sie an extreme klimatische Bedingungen wie Trockenheit, salzige Böden oder Überflutungen anzupassen. Zunehmend zielen Forschungsprojekte auch auf verbesserte Produkteigenschaften, bei denen es um die Nährstoffzusammensetzung der Pflanzen oder eine Anreicherung mit gesundheitsfördernden Stoffen geht. Ein Schwerpunkt liegt hier bei der Anreicherung von Grundnahrungsmitteln mit Vitaminen und Mineralstoffen in den Entwicklungsländern. Oftmals arbeiten in großen multinationalen Forschungsprogrammen öffentliche Institutionen mit Unternehmen, Stiftungen und humanitären Organisationen zusammen.

Dabei kommen konventionelle Züchtungsprogramme mit molekularbiologischer Unterstützung (Smart breeding) ebenso zum Einsatz wie klassische Gentechnik, bei der fremde Gene – auch artfremde - übertragen werden, Methoden wie die RNA-Interferenz (RNAi), bei der die Aktivität von Genen blockiert wird oder Cisgenese, bei der nur arteigenes Erbmaterial übertragen wird.

Es werden zurzeit weitere Methoden entwickelt und auch bereits eingesetzt (Gene editing), mit denen sehr gezielt Veränderungen am Erbgut von Pflanzen vorgenommen werden können. Ob und welche dieser Methoden in Zukunft als Gentechnik gewertet werden – auch davon wird ihr Einsatz in Pflanzenforschung und -züchtung abhängen.

In den letzten Jahren zugelassene und
Beispiele anwendungsreifer gentechnisch veränderter Pflanzen

Apfel nicht bräunend zugelassen 2015 USA
Resistenz gegen Apfelschorf Feldversuche seit 2012 Europa (ETH Zürich)
Aubergine Resistenz gegen Auberginen-Fruchtbohrer seit 2014 Versuchsanbau in Bangladesh Indien, Bangladesh
Banane Pilz- und Bakterien-resistenz Feldversuche in Uganda Afrika (National Banana Research Program)
Cassava (Maniok) Anreicherung mit Zink, Eisen, Vitamin A Feldversuche in Kenia und Nigeria Afrika (Biocassava Plus Program)
Gartenbohne Virusresistenz zugelassen 2011 Brasilien
Hirse (Sorghum) Anreicherung mit Eisen und Zink Feldversuche in Burkina Faso, Kenia, Nigeria Afrika (Africa Biofortified Sorghum)
Kartoffel weniger Acrylamid zugelassen 2014 USA
Resistenz gegen Kraut- und Knollenfäule Feldversuche seit 2009 Europa (Uni Wageningen)
Luzerne (Alfalfa) weniger Lignin, bessere Futterqualität zugelassen 2014 USA
Mais Trockentoleranz zugelassen 2013 USA
Reis Anreicherung mit Provitamin A Feldversuche auf den Philippinen, kurz vor Markteinführung Europa, Asien (Golden Rice)
Anreicherung mit Zink und Eisen kurz vor Markteinführung in Bangladesh Harvest Plus Program
Sojabohne verändertes Fettsäuremuster zugelassen 2009 und 2011 USA, Kanada
Zitrusfrüchte Resistenz gegen Citrus Greening Feldversuche seit 2009 USA
Zuckerrohr Trockentoleranz zugelassen 2013 Indonesien
Weizen, Mais, Soja, Zuckerrohr Trockentoleranz Feldversuche in Argentinien Argentinien, USA