USA: Koexistenz - neue Akzente in der Gentechnik-Politik

(06.01.2011) Der US-amerikanische Landwirtschaftsminister Tom Vilsack hat in einem offenen Brief Anwender und Kritiker der Grünen Gentechnik zu mehr Kooperation aufgerufen. Gemeinsames Ziel müsse die Koexistenz verschiedener landwirtschaftlicher Produktionsweisen sein.

Der in den letzten Jahren rasch angestiegene Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen treffe auf eine zunehmende Nachfrage nach ökologisch oder ohne Gentechnik erzeugten Lebensmitteln, so Vilsack. Das habe zu Verunsicherung und Rechtsstreitigkeiten geführt. Konstruktiver als sie vor Gericht auszutragen sei es, nach Kompromissen zu suchen, die den unterschiedlichen Produktionsweisen in der Landwirtschaft gerecht werde.

Tom Vilsack

Der amerikanische Landwirtschaftsminister Tom Vilsack: „Wir brauchen beide Systeme und wir wollen, dass beide profitabel arbeiten - Landwirtschaft unter Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen und der Ökologische Landbau.“

Hintergrund des Vilsack-Briefes ist der Abschluss der Umweltverträglich- keitsprüfung (EIS, Environmental Impact Statement) für gentechnisch veränderte Alfalfa (Luzerne) durch die US-amerikanische Landwirtschaftsbehörde USDA. Die von Monsanto entwickelte herbizidresistente gv-Luzerne war 2007 von einem Gericht verboten worden, da die Zulassung ohne ausreichende Prüfung möglicher Umweltrisiken erfolgt sei.

In einem ähnlich gelagerten Fall war im Herbst 2010 auch der weitere Anbau von gv-Zuckerrüben untersagt worden. Geklagt hatten jeweils verschiedene Natur- und Verbraucherschutzorganisationen.

In dem im Dezember 2010 veröffentlichten EIS-Entwurf zum Anbau von gv-Alfalfa wird davon ausgegangen, dass Auskreuzungen möglich sind. Die Bedenken der Farmer, die Alfalfa weiterhin konventionell anbauen wollen, seien daher berechtigt, so Vilsack. Die USDA hat daher vorgeschlagen, solche Auskreuzung mit geeigneten Maßnahmen zu verhindern, etwa einer Verpflichtung zu Abstandsflächen oder der räumlichen Trennung verschiedener Anbaugebiete.

Kurz vor Weihnachten hatte Vilsack Vertreter der Unternehmen, der Landwirtschaft, aber auch aus gentechnik-kritischen Verbänden zu einem „Runden Tisch“ eingeladen, um angemessene Koexistenz-Maßnahmen zu erörtern. In der Öffentlichkeit wurde kritisiert, damit werde das Prinzip einer strikt wissenschaftsbasierten Regulierung für gv-Pflanzen aufgegeben. „Wenn das Schule macht, Gentechnik-Gegner in Zulassungsentscheidungen einzubeziehen, politisieren wir ein System, das strikt auf Wissenschaftlichkeit gegründet ist, “ so ein Kommentar des Wall Street Journals.

In seinem offenen Brief betonte Vilsack, dass er weiterhin großes Vertrauen in das bestehende Regulierungssystem für die Grüne Gentechnik habe. Es gebe keine Zweifel an der Sicherheit zugelassener Produkte. Doch man müsse respektieren, dass es neben dem landwirtschaftlichen Anbau von gv-Pflanzen auch eine stark wachsende ökologische Erzeugung gebe. „Wir wollen, dass beide Sektoren überleben und profitabel arbeiten können,“ sagte Vilsack.

Bisher ist noch nicht entschieden, ob und unter welchen Bedingungen gv-Alfalfa 2011 angebaut werden kann. Nach der Auswertung der Koexistenz-Diskussion am Runden Tisch sowie von mehr als zweihunderttausend Kommentaren aus der Öffentlichkeit wird die USDA ihren endgültigen Vorschlag veröffentlichen. Nach dreißig Tagen folgt die Entscheidung.

In den USA wird Alfalfa in fast allen Bundesstaaten auf über neun Millionen Hektar als Futter für Milchkühe und Mastrinder angebaut. Häufige Verunreinigungen mit Wildpflanzen führen jedoch zu Einbußen bei Qualität und Verträglichkeit des Futters. Mit herbizidresistenter gv-Alfalfa und dem dazu passenden Komplementärherbizid sollen unerwünschte Beikräuter effektiver reguliert werden.

Wie alle Hülsenfrüchte kann auch Alfalfa mit Hilfe von Bakterien den Stickstoff aus der Luft aufnehmen und deswegen als „Gründünger“ eingesetzt werden.