Langzeitstudie zu Gentechnik-Baumwolle in Indien: Mehr Erträge und höheres Einkommen für Kleinbauern

(03.07.2012) Der Anbau gentechnisch veränderter Bt-Baumwolle in Indien hat die Erträge, Gewinne und den Wohlstand der bäuerlichen Haushalte gesteigert. Das ist das Ergebnis einer Langzeitstudie, die Agrarwissenschaftler von der Universität Göttingen im Juli 2012 veröffentlicht haben. Die Studie stellt einige gängige Vorurteile zum Bt-Baumwollanbau in Indien infrage.

Baumwolle, Kleinbauer in Indien

Mehr Erträge, mehr Einkommen für Kleinbauern: Farmer auf einem Feld im indischen Bundesstaat Maharashtra, auf dem gentechnisch veränderte Baumwolle angebaut wird.

Foto: Matin Qaim, Universität Göttingen

Bt-Baumwolle wird in Indien seit 2002 angebaut. Die Produzenten sind vor allem Kleinbauern, die Flächen von weniger als zwei Hektar bewirtschaften. Rund sieben Millionen von ihnen sind inzwischen auf Bt-Baumwolle umgestiegen, die nunmehr auf etwa neunzig Prozent der Baumwollflächen angebaut wird. Kritiker befürchten eine Ausbeutung und Verarmung von Kleinbauern und bringen die Selbstmorde indischer Bauern, die seit Jahrzehnten zu beklagen sind, mit dem Anbau von Bt-Baumwolle in Verbindung.

Die Arbeitsgruppe von Matin Qaim an der Universität Göttingen hat über sieben Jahre hinweg eine Langzeitstudie zum Anbau von Bt-Baumwolle in Indien durchgeführt. Die Ergebnisse wurden im Juli 2012 in der renommierten Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

Bisher, so die beiden Autoren Jonas Kathage und Matin Qaim, wurden Studien zu den Auswirkungen des Anbaus von Bt-Pflanzen nur für kurze Zeiträume nach der Markteinführung durchgeführt. Daten zu längerfristigen Effekten lägen bislang kaum vor. Außerdem würden in der Regel nur agronomische Effekte wie Flächenertrag und Insektizidverbrauch untersucht, nicht aber sozioökonomische Effekte wie Gewinn und Haushaltseinkommen.

Die Studie der Göttinger Agrarökonomen wurde in den vier indischen Bundesstaaten Maharashtra, Karnataka, Andhra Pradesh und Tamil Nadu durchgeführt. Dort finden sich die größten Baumwollanbaugebiete Indiens. Die vier Staaten liegen im zentralen und südlichen Indien und umfassen eine Reihe ganz unterschiedlicher Anbaubedingungen, etwa bei Klima und Böden. In Abständen von zwei Jahren (Anfang 2003, 2005, 2007 und 2009) wurden insgesamt 533 kleinbäuerliche Betriebe befragt und untersucht, die Baumwolle anbauen. Die Stichprobe ist repräsentativ für Baumwollbauern im zentralen und südlichen Indien. Bei der Auswahl der Betriebe und der Auswertung der Daten wurde auf statistische Verzerrungen geachtet, die etwa entstehen könnten, wenn Betriebe, die ohnehin schon erfolgreicher sind als andere, eine neue Technologie früher und in größerem Umfang übernehmen.

Für die Auswertung wurden die beiden frühen und die beiden späten Untersuchungszeitpunkte jeweils zusammengefasst. In dem frühen Zeitraum bis 2005 waren die Kosten für Bt-Saatgut rund dreimal höher als für konventionelles Saatgut, gleichzeitig lagen die Ausgaben für Insektizide im konventionellen Baumwollanbau erheblich höher als bei Bt-Baumwolle.

Bis Anfang 2009 hatten sich diese Differenzen deutlich verringert. Die gesunkenen Preise für Bt-Saatgut sind den Autoren zufolge auf Interventionen der indischen Regierung, aber auch auf gestiegenen Wettbewerb zurückzuführen: Die Zahl der in Indien zugelassenen Bt-Baumwollsorten ist von drei Sorten im Jahr 2002 auf rund 880 Sorten im Jahr 2011 angestiegen. Gleichzeitig habe der großflächige Anbau von Bt-Baumwolle dafür gesorgt, dass die Schädlinge zahlenmäßig erheblich zurückgedrängt wurden und auch Bauern, die konventionelle Baumwolle anbauen, jetzt mit weniger Insektiziden auskommen. Die Erträge lagen bei Bt-Baumwollpflanzen signifikant höher, da die Verluste durch Fraßschäden deutlich geringer waren.

Insgesamt kam die Studie zu dem Ergebnis, dass Bt-Baumwolle 24 Prozent höhere Erträge als konventionelle Baumwolle erbrachte. Der Gewinn, der mit Bt-Baumwolle erzielt werden konnte, lag sogar um fünfzig Prozent höher. Die Konsumausgaben der Haushalte, ein wichtiger Wohlstandsindikator, waren bei Bt-Baumwollbauern um 18 Prozent höher. Diese Effekte, so Kathage und Qaim, seien stabil und hätten im Lauf der Zeit sogar leicht zugenommen. Man müsse aber weiterhin beobachten, ob es nicht langfristig doch noch zu Resistenzbildungen oder zum Auftreten sekundärer Schädlinge komme. Beides sei bislang nicht eingetreten.