Gentechnik: Weltweit zahlreiche Freilandversuche, aber keine mehr in Deutschland

(09.04.2013) Erstmals seit vielen Jahren wird es 2013 in Deutschland aller Voraussicht nach keine Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen geben. Auch in der EU gehen sie weiter zurück. Viele Länder außerhalb Europas folgen diesem Trend nicht. Die Zahl der in den internationalen Datenbanken registrierten Freisetzungen bleibt annähernd konstant. Gentechnisch veränderte Pflanzen mit Herbizid- und Schädlingstoleranzen machen zwar noch immer den weitaus größten Anteil aus, doch es wird auch an anderen Merkmalen gearbeitet, wie zum Beispiel erhöhte Stresstoleranz oder effizientere Nährstoffnutzung.

Weizen

Deutschland: Grüne Gentechnik nur noch im Labor. Erstmals seit fast zwanzig Jahren gibt es 2013 wohl keine Freilandversuche mit gv-Pflanzen mehr. (Foto: Versuche mit pilzresistentem Weizen in Rostock und Üplingen 2009/10)

Freisetzungen in der EU 2008 bis 2013

Freisetzungen EU 2008-2013 ; Anzahl der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Anträge (JRC, Joint Research Centre); Stand: Anfang April 2013

In den USA wurden 2012 insgesamt 747 Freisetzungsanträge gestellt, 2013 waren es bis Anfang April bereits 345. In den letzten zehn Jahren lag die Zahl der Freilandversuche in den USA zwischen 650 und 950 im Jahr.

In Australien gibt es Anfang 2013 acht laufende Freisetzungen, einige davon über mehrere Standorte verteilt. Ein weiterer Freisetzungsantrag mit Gerste und Weizen wurde im März 2013 beantragt.

In Afrika werden 2013 in Südafrika, Burkina Faso, Ägypten, Kenia, Uganda, Nigeria und Malawi Feldversuche mit gv-Pflanzen durchgeführt, außerdem sind drei Freisetzungen in Ghana in der Planung.

In Europa und auch in Deutschland ist zwar noch Forschung an gentechnisch veränderten Pflanzen möglich - solange sie in Labor und Gewächshaus bleibt. Die Probleme beginnen, wenn neu entwickelte Pflanzen-Prototypen im Freiland getestet werden müssen. Genehmigung und Durchführung eines Versuches kosten in der Regel viel Zeit und Geld. Oft herrscht zudem ein ablehnendes Meinungsklima bis hin zu Zerstörungen der Felder durch radikale Gentechnik-Gegner. Öffentliche Forschungseinrichtungen können sich Freilandversuche in Europa kaum noch leisten.

Aber auch Unternehmen haben ihre Freisetzungsaktivitäten heruntergefahren, da sie derzeit wenig Chancen sehen, neue gv-Pflanzen in Europa erfolgreich auf den Markt zu bringen. So hat etwa die BASF ihre 2013 in Limburgerhof (Rheinland-Pfalz) geplanten und bereits genehmigten Freilandversuche mit neuen gv-Kartoffeln abgesagt.

Für 2013 sind in der zentralen europäischen Datenbank (JRC, Joint Research Centre) bisher 25 neue Freilandversuche mit gv-Pflanzen registriert. (Stand 08. April 2013). Seit 2009 ist ihre Zahl um drei Viertel zurückgegangen. Gut die Hälfte aller 2013 gemeldeten Versuche (14) wird in Spanien stattfinden, wo die großen Saatgutfirmen bei Mais, Baumwolle und Zuckerrüben neue gv-Pflanzen (Events) testen.

Nur noch vereinzelt planen Universitäten und öffentliche Forschungseinrichtungen mit ihren Neuentwicklung ins Freiland zu gehen. In Schweden, Finnland, Belgien und Frankreich werden 2013 gentechnisch veränderte Pappeln und Zitterpappeln für die Produktion von Biomasse getestet, in den Niederlanden sollen die Versuche mit Phythophthora-resistenten Kartoffeln weitergehen.

Außerhalb von Europa bewegt sich die Zahl der Freilandversuche mit gv-Pflanzen dagegen auf einem konstanten Niveau. Weltweit führend sind nach wie vor die USA, wo Monsanto und andere große Saatgutfirmen zahlreiche neue Mais-, Soja- und Baumwollsorten im Freiland testen, die verschiedene gegen Schadinsekten gerichtete Bt-Proteine produzieren oder tolerant gegenüber einem oder mehreren Herbiziden sind. Gleichzeitig beginnen die Firmen aber auch an anderen Merkmalen wie Trocken- und Kältetoleranz, Pilzresistenzen oder verbesserter Wasser- und Stickstoffverwertung zu arbeiten.

Auch in den USA wurde die Freisetzung verschiedener gentechnisch veränderter Bäume beantragt, die für die Produktion von Biomasse genutzt werden können. Das prominenteste Beispiel sind gv-Eukalyptusbäume, die von der Firma ArborGen entwickelt wurden und deren erhöhte Kältetoleranz es ermöglichen soll, sie auch im Norden der USA anzubauen. Neu in diesem Jahr ist die Freisetzung Phythophthora-resistenter Kartoffeln in den USA. Dazu hat die Firma Simplot eine Reihe von Versuchen beantragt.

Wenige, aber interessante Freisetzungen sind in Australien beantragt. In einem Projekt des staatlichen Agrarforschungsinstituts CSIRO sollen 2013 Gerste und Weizenpflanzen mit einer veränderten Stärkezusammensetzung freigesetzt werden und solche, die Stickstoff effizienter nutzen können. Die veränderte Stärkezusammensetzung soll den Ballaststoffanteil der Körner erhöhen und sich so beim Verzehr positiv auf die Gesundheit auswirken.

In Afrika werden Freisetzungen von gv-Pflanzen in sieben Ländern durchgeführt. Zwar geht es hier unter anderem auch um cash crops wie Baumwolle und Zuckerrohr, aber im Vordergrund stehen lokale Nahrungspflanzen, die von Kleinbauern angebaut werden: Banane, Cassava (Maniok), Kuhbohne, Mais, Sorghumhirse, Süßkartoffel und Reis. Die Anreicherung mit lebenswichtigen Mikronährstoffen wie Vitamin A und Eisen spielt eine große Rolle, daneben wird an Insekten- und Krankheitsresistenzen gearbeitet sowie an erhöhter Widerstandsfähigkeit gegenüber abiotischen Stressfaktoren wie Hitze, Dürre oder Kälte.

In Afrika spielen die internationalen Agrarforschungsinstitute und Kooperationen zwischen staatlichen und privaten Partnern (public private partnerships) bei der Entwicklung von gv-Pflanzen eine besonders große Rolle. Wichtigste Beispiele sind die Projekte WEMA (Water Efficient Maize for Africa), Africa Biofortified Sorghum und BioCassava Plus.