Großbritannien: Supermarktketten geben Verzicht auf Gentechnik-Futtermittel auf

(18.04.2013) Tesco, die größte Supermarktkette in Großbritannien, hat angekündigt, bei der Erzeugung von Eiern und Geflügel künftig wieder Futtermittel aus gentechnisch veränderten Sojabohnen zu erlauben. Vor elf Jahren hatte der Handelskonzern öffentlich das Versprechen abgegeben, auf solche Futtermittel zu verzichten. Das Unternehmen begründete den Schritt damit, dass nicht mehr genügend gentechnik-freie Sojabohnen auf den Weltmärkten erhältlich seien. Die Supermarktketten Sainsbury’s, Marks & Spencer und Coop schlossen sich Tesco an.

Huhn

Eier und Geflügel: Kehrtwende in Großbritannien. Fast alle Supermarktketten erlauben nun wieder die Fütterung mit gentechnisch veränderten Sojabohnen.

Bei Tesco, dem Marktführer bei Eiern und frischem Geflügel in Großbritannien, dürfen die Landwirte ihre Tiere wieder mit gentechnisch veränderten Sojabohnen füttern. Vor elf Jahren hatte Tesco bei Produkten seiner Handelsmarken eine garantiert „gentechnikfreie“ Fütterung versprochen. Das gilt nun nicht mehr.

Die Landwirte, die Eier und Geflügel für Tesco produzieren, hätten zunehmend Schwierigkeiten gehabt, diese Verpflichtung zu erfüllen, so Tim Smith, technischer Direktor bei Tesco in einer auf der Webseite des Unternehmens veröffentlichten Erklärung.

Er verwies darauf, dass derzeit achtzig Prozent der Weltsoja-Erzeugung gentechnisch verändert sei, da sich immer mehr Farmer in den wichtigen Erzeugerländern für solcher Sorten entschieden. Die Verfügbarkeit von gentechnik-freien Sojafuttermitteln sei in den letzten Jahren immer mehr zurück gegangen.

Zudem habe Tesco bei seinen internen Qualitätskontrollen eine zunehmende Häufigkeit von GVO-Material in als gentechnik-frei deklariertem Futter festgestellt. Die Wahrscheinlichkeit von unbeabsichtigten Bemischungen habe sich deutlich erhöht. „Wir können unser Versprechen nicht aufrecht erhalten“, so Smith. Er versicherte, dass das Futter keinen Einfluss auf die Qualität der Produkte habe. Das Fleisch von Geflügel zeige in Bezug auf die Fütterung mit konventionellen oder gentechnisch veränderten Sojabohnen keinerlei Unterschiede. Smith verwies auf entsprechende Untersuchungen der britischen Lebensmittelbehörde FSA (Food Standard Agency).

Auch die Organisationen der Landwirte begrüßten Tescos Entscheidung. Ein Sprecher lobte das „proaktive Vorgehen“ und die offene Kommunikation gegenüber den Konsumenten.

Unmittelbar nach Tesco gaben die Handelsketten Sainsbury’s, Marks & Spencer und Coop ähnliche Erklärungen ab. Als einziges größeres britisches Handelsunternehmen schließt jetzt nur noch Waitrose gv-Futtermittel aus .

Umweltverbände und Anbieter von gentechnik-freien Sojabohnen bezweifeln, dass eine knappe Verfügbarkeit der Grund für die Kehrtwende der britischen Handelsketten ist. Nach Angaben des deutschen Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) stehe 2013 eine Menge von 4,3 bis 5,9 Millionen Tonnen zertifizierter Sojabohnen ohne Gentechnik aus Brasilien zur Verfügung. Das sei mehr als die aktuelle Nachfrage.

Derzeit, so der VLOG, liege der Preis für eine Tonne gentechnik-freie Sojabohnen um 115 Euro höher als für Standard-Ware. Die britischen Supermarktketten wollten diese Mehrkosten einsparen. Doch offenbar ist für die britischen Konsumenten der Verzicht auf gentechnisch veränderter Futtermittel kein Kaufargument mehr.

Der Aufwand für die Trennung der Warenströme nach konventionellen und gv-Sojabohnen ist immer größer geworden. Das zeigt sich auch in dem deutlichen Aufpreis für gentechnik-freie Sojabohnen. In diesem Jahr hat Brasilen eine Rekord-Sojaernte eingefahren. Mit 82 Millionen Tonnen werden sogar die USA überholt. Ein Viertel, so ABRANGE, ein brasilianischer Anbieter gentechnik-freier Sojabohnen, werde mit konventionellen Sorten produziert. Nach offizieller Anbaustatistik beträgt der Anteil jedoch nur etwa zehn Prozent.

Für in der EU als Lebens- und Futtermittel zugelassene gv-Sojasorten streben die Anbieter gentechnik-freier Waren einen GVO-Anteil von 0,1 Prozent an, rechtlich werden jedoch Beimischungen bis 0,9 Prozent toleriert - auch in gentechnik-freien Rohstoffen.

Eine „Signalwirkung“ für die Supermarktketten in Deutschland sieht der VLOG in der Tesco-Entscheidung nicht. Allerdings hat bisher keines der großen Handelsunternehmen vergleichbare Verzichtserklärungen abgegeben. Zwar haben die beiden Branchenführer REWE und Edeka angekündigt, bei ihren Eigenmarken „nach und nach“ auf gentechnik-freie Fütterung umstellen zu wollen. Konkrete Zeitpläne nannten die Unternehmen bisher jedoch nicht. Lediglich bei Produkten mit dem Pro Planet-Label von Rewe ist bei Eiern und Milchprodukten die Verfütterung von gv-Sojabohnen ausgeschlossen.