Vermont führt als erster US-Bundesstaat Gentechnik-Kennzeichnung ein - Umsetzung fraglich

(12.05.2014) Als erster US-Bundesstaat hat Vermont eine verbindliche Kennzeichnung für Lebensmittel aus gentechnisch veränderten Organismen eingeführt. In der vergangenen Woche unterzeichnete der demokratische Gouverneur Peter Shumlin ein entsprechendes Gesetz. Doch ob die Vorschriften tatsächlich wirksam werden, erscheint fraglich.

Peter Shumlin

Peter Shumlin, Gouverneur des US-Bundesstaats Vermont, unterzeichnet das Gesetz zur Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel. „Wir in Vermont nehmen unsere Lebensmittel und wie sie hergestellt werden sehr ernst. Wir haben ein Recht zu wissen, was in den Produkten ist, die wir kaufen,“ sagte er bei der Unterzeichnung.

Foto: John Herrick/VTDigger

Vermont: Gentechnik-Kennzeichnung mit vielen Ausnahmen

Diese Kennzeichnung von Lebensmitteln ist ab 1. Juli 2016 in Vermont vorgeschrieben:

Unverarbeitete Agrarprodukte: „hergestellt mit Gentechnik“ (produced with genetic engineering);

verarbeitete Lebensmittel: „teilweise mit Gentechnik hergestellt“ oder „könnte mit Gentechnik hergestellt sein“.

Ausnahmen (Beispiele):

Lebensmittel von Tieren, wenn diese gentechnisch veränderte Futtermittel enthalten haben;

Agrarprodukte, wenn gentechnisch verändertes Saatgut unbeabsichtigt oder unwissentlich verwendet wurde;

Lebensmittel mit gentechnisch hergestellten Zusatzstoffen oder Enzymen;

Lebensmittel, bei denen die gentechnisch hergestellten Zutaten weniger als 0,9 Gewichtsprozent des Produktes betragen;

Getränke und Essen in Restaurants und Kantinen.

Spätestens zum 1. Juli 2016 müssen Agrarprodukte und Lebensmittel, die im nordöstlichen US-Bundesstaat Vermont in den Handel kommen, als „hergestellt mit Gentechnik“ (produced with genetic engineering) deklariert werden, wenn sie ein „gentechnisch veränderter Organismus“ sind oder daraus hergestellt wurden. Ähnlich wie die europäischen Vorschriften enthält auch das Gesetz in Vermont zahlreiche Ausnahmen (siehe Kasten). Kennzeichnungspflichtige Lebensmittel dürfen dort - anders als in den übrigen US-Bundesstaaten - künftig nicht als „natürlich“ beworben werden.

Der dünn besiedelte, ländliche Bundesstaat ist der erste, in dem eine verpflichtende Kennzeichnung für gentechnisch hergestellte Lebensmittel eingeführt wird. Zwar haben auch Connecticut und Maine ähnliche Gesetze beschlossen wie Vermont. Doch dort treten sie erst dann in Kraft, wenn vier weitere Bundesstaaten mit einer Gesamt-Einwohnerzahl von mehr als 20 Millionen ebenfalls eine Kennzeichnungspflicht eingeführt haben.

In Kalifornien (2012) und Washington (2013) waren Volksabstimmungen knapp gescheitert, aber die Right to know-Bewegung ist weiter aktiv und setzt die Politik unter Druck. Nach Angaben des Center for Food Safety sollen allein 2014 in 32 Bundesstaaten Gesetzes-Initiativen pro Kennzeichnung eingebracht worden sein.

Doch ob das Gesetz in Vermont wie vorgesehen zum 1. Juli 2016 wirksam wird, erscheint fraglich. Sprecher der Lebensmittelindustrie kündigten bereits Klagen an. „Es ist kostspielig und irreführend, wenn es in den 50 US-Bundesstaaten unterschiedliche Vorschriften zur Gentechnik-Kennzeichnung gibt, zumal der Verbraucher davon keine Vorteile hat“, so ein Sprecher der Grocery Manufacturers Association. Andere Beobachter erwarten, dass die großen Hersteller nicht mehr den Handel in Vermont beliefern, wenn dort die neuen Kennzeichnungs-Vorschriften gelten. Mit seinen 625.000 Einwohnern sei der Markt dort einfach zu klein.

Vor allem aber: Anfang April hat Mike Pompeo, Republikaner aus Kansas und Mitglied des Repräsentantenhauses, einen Gesetzesentwurf in den US-Kongress in Washington eingebracht. Danach soll die Kennzeichnung von Lebensmitteln US-weit geregelt werden. Bei der Gentechnik soll es wie bisher keine verpflichtende, sondern allenfalls eine freiwillige Kennzeichnung geben. Gesetze einzelner Bundesstaaten wie in Vermont wären damit aufgehoben.

Zugleich sind einheitliche Standards für eine „ohne Gentechnik“- Kennzeichnung vorgesehen, die ebenfalls US-weit gelten sollen.

Bisher haben die Beratungen über dieses Gesetz erst begonnen und es ist zu erwarten, dass der eingebrachte Entwurf in einzelnen Punkten abgeschwächt wird. Doch sollte er in ähnlicher Form angenommen werden, wäre es mit den Sonderwegen einzelner US-Bundesstaaten bei der Gentechnik-Kennzeichnung vorbei.