Meldungen EU, Deutschland, Schweiz. 2003, 1.Halbjahr

Gut Roggenstein: Kartoffel-Versuch zerstört

(26.6.) In der Nacht zum 24.6. wurde ein Freisetzungsversuch mit transgenen Kartoffeln zerstört. Auf Gut Roggenstein in der Nähe von München sollten neuartige Kartoffeln vermehrt werden, die infolge der Blockade eines bestimmten Gens einen deutlich erhöhten Gehalt an Zeaxanthin aufweisen. Diesem Wirkstoff aus der Gruppe der Carotinoide wird eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Insbesondere soll er alterbedingten Augenerkrankungen vorbeugen. Auf dem nun zerstörten Versuchsfeld sollte Pflanzenmaterial gewonnen werden, um die Wirkung von Zeaxanthin in weiteren Studien zu überprüfen.

Schweiz: Doch kein Moratorium

(12.6.) Nachdem der Schweizer Nationalrat im letzten Monat mit knapper Mehrheit ein fünfjähriges Anbauverbot (Moratorium) für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) beschlossen hatte, sprach sich der Ständerat (Kleine Kammer) mit deutlicher Mehrheit gegen diese Maßnahme aus. Bei der nun erforderlichen zweiten Abstimmung entschied sich auch der Nationalrat gegen ein Moratorium. Im Parlament ist damit ein GVO-Anbauverbot für die Schweiz gescheitert. Nun wird wohl ein Volksbegehren eingeleitet.

Kiel: Anbauverbot für GVO-Mais bestätigt

(30.5.) Das Verwaltungsgericht in Schleswig bestätigte am Mittwoch mit seinem Urteil ein in 2001 verhängtes Verbot des Kieler Umwelt- und Agrarministeriums. Das Ministerium hatte damals angeordnet, bereits ausgesäten GVO-verunreinigten Mais unterzupflügen. In dem aus Kanada und Chile importierten Mais waren Spuren von zwei gentechnisch veränderten Maissorten, die in der EU nicht zugelassen waren, gefunden worden. Gegen das ministerielle Verbot hatten die betroffenen Landwirte geklagt. Das Gericht entschied nun auch im Hauptsacheverfahren, dass die Anordnung rechtmäßig erfolgt sei, auch wenn der Mais nur in Spuren gv-Sorten enthalten hatte und unwissentlich ausgesät worden war.

EU-Umweltausschuss: Schwellenwert von 0,5 Prozent

(22.5.) Der Umweltausschuss des Europaparlaments stimmte mit 31 zu 21 Stimmen für eine GVO-Kennzeichnungsschwelle von 0,5 Prozent und sprach sich damit gegen den vom Ministerrat geplanten Schwellenwert von 0,9 Prozent aus. Der Ausschuss lehnte darüber hinaus eine Übergangsregelung für Lebens- und Futtermittel ab, die Spuren von in der EU nicht zugelassenen GVO enthalten. Statt des vom Rat vorgeschlagenen Grenzwertes von 0,5 Prozent, forderte der Ausschuss ein Verkehrsverbot. Zum Thema Koexistenz sprach sich der Umweltausschuss für EU-weite Vorschriften aus und ging damit über die Vorstellungen der EU- Kommission hinaus, die Koexistenz überwiegend auf nationaler Ebene zu regeln. Die zweite Lesung des Europa-Parlamentes der Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel und zur Rückverfolgbarkeit findet im Juli statt.

Neue Zuständigkeiten für die Grüne Gentechnik

(12.5.) Die Bundesregierung hat eine Neuregelung der Zuständigkeiten für gentechnisch veränderte Organismen beschlossen. Anstelle des Robert-Koch-Instituts (RKI) ist künftig das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Zulassungsbehörde bei Freisetzungen und Inverkehrbringen von GVOs. Bisher musste auch das Umweltbundesamt solchen Entscheidungen zustimmen. Nun wird das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit dieser Aufgabe betraut. Die Neuregelung der Zuständigkeiten greift der überfälligen Neufassung des Gentechnik-Gesetzes vor, mit der die neuen EU-Vorschriften in nationales Recht umgesetzt werden müssen.

Schweiz:Kein Anbau von GVO- Pflanzen bis 2009

(8.5.) Der Schweizer Nationalrat hat mit knapper Mehrheit entscheiden, bis 2009 den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zu verbieten. Nicht davon betroffen sind Freisetzungsversuche zu Forschungszwecken. Mit dem überraschenden Beschluss erhofft sich die Mehrheit Marktvorteile für Schweizer Agrarprodukte.

Schleswig-Holstein: GVO-Spuren im Saatgut

(22.4.) Bei Routine-Untersuchungen in Schleswig-Holstein wurden in konventionellem Mais-Saatgut geringfügige Beimischungen einer in der EU zugelassenen gv-Sorte gefunden. Umweltminister Müller (B90/Grüne) hat daraufhin das betroffene Unternehmen angewiesen, die Saatgut-Partien entsprechend zu kennzeichnen. Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter kritisierte diese Maßnahme als unverhältnismäßig. Er wies darauf hin, dass nur in einer von vier Proben ein GVO- Anteil von 0,03 Prozent gemessen wurde. Rechtlich verbindliche Regeln für zulässige GVO-Beimischungen im Saatgut gibt es derzeit nicht.

Weizenversuch abgesagt

Der in Friemar geplante Test mit pilzresistentem Weizen wird nicht durchgeführt. Syngenta sagte den in der vergangenen Woche genehmigten Versuch ab. Nachdem Greenpeace-Aktivisten auf dem Feld konventionellen Weizen ausgesät hatte, sei eine Auswertung nicht mehr möglich. Mit dem Versuch sollte überprüft werden, ob die gentechnisch vermittelte Resistenz gegen Pilzbefall unter Praxisbedingungen funktioniert. Mit dem neuen Konzept sollte auch eine geringere Belastung der Weizenprodukte mit giftigen Schimmelpilzen erreicht werden. Das Unternehmen wird die Versuche nun im Ausland durchführen.

Weizen: Freisetzung genehmigt, Versuchbehindert

(10.4.) Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat erstmals einen Freisetzungsversuch mit gentechnisch verändertem Weizen in Deutschland genehmigt. Syngenta, ein weltweit agierendes Agro-Biotech-Unternemen, wollte in Friemar (Thüringen) Weizen mit einer gentechnisch vermittelten Resistenz gegen Pilze testen. Am Tag zuvor hatten Greenpeace-Aktivisten auf dem vorgesehenen Feld konventionellen Weizen ausgesät. Nun ist fraglich, ob die Versuche wie geplant durchgeführt werden können. Die Kritiker bemängelten, dass Syngenta nicht offen gelegt hatte, welche Gene in den pilzresistenten Weizen übertragen worden waren. Eine kommerzielle Anwendung von gv-Weizen ist in der EU nicht in Sicht. Dennoch erklärten nun verschiedene Lebensmittelunternehmen, keinen gentechnisch veränderten Weizen in ihren Produkten zu verwenden.

Eurobarometer: Weiter Skepsis bei der grünen Gentechnik

(25.03.) Erneut hat die EU-Kommission die Meinung der Europäer zur Biotechnologie ermittelt.“ Für die neue Eurobarometerumfrage wurden 2002 in allen Mitgliedsstaaten jeweils etwa tausend Personen befragt. Danach lehnt die Mehrheit die Gentechnik im Landwirtschafts- und Lebensmittelbereich ab. Allerdings hat im Vergleich zu 1999 die Ablehnung von gv-Pflanzen in allen EU-Ländern abgenommen. Ausnahmen: Frankreich und Deutschland (gleichbleibend) und Italien (steigende Ablehnung). Auch bei den GVO-Lebensmitteln ging die Ablehnung gegenüber 1999 in allen EU- Ländern zurück. Ausnahmen hier: Deutschland, Finnland (gleich groß) und Italien, Frankreich und Niederlande (größere Ablehnung).

Koexistenz: Künast vs. Fischler

(24.03.) Verbraucherministerin Künast hat sich dafür ausgesprochen, dass Hersteller von GVO-Saatgut und Landwirte, die es nutzen, für Verunreinigungen auf Nachbarfeldern aufkommen sollen. Nach Auffassung von Künast sollen GVO-Anwender den Mehraufwand bezahlen, der zur Einhaltung der Schwellenwerte für GVO-Beimischungen erforderlich ist. Damit widersprach Künast EU-Landwirtschaftskommissar Fischler. Er hatte vorgeschlagen, dass Anbieter von „GVO-freien“ Produkten, selbst dafür verantwortlich seien, die jeweiligen Schwellenwerte einzuhalten.

Freisetzungsversuche: Streitfall Weizen

(07.03.) Der in Thüringen geplante Freisetzungsversuch mit pilzresistentem gv-Weizen hat Proteste hervorgerufen. Greenpeace kritisiert, dass genauere Informationen über die Art der gentechnischen Veränderungen für die Öffentlichkeit nicht zugänglich seien. Verbraucherschützer fürchten, gv-Weizen könne schon bald in die Nahrung gelangen. Der Weizen dient jedoch ausschließlich dazu, die gentechnisch vermittelte Pilztoleranz zu testen. Nach der Ernte werden die Pflanzen vernichtet, ein Auskreuzen auf konventionelle Weizenfelder ist sehr unwahrscheinlich. Auch in der Schweiz ist Weizen ein Kristallisationspunkt für Gentechnik-Protest. Auslöser ist ein Freisetzungsversuch mit pilzresistentem Weizen, der nach langen juristischen Auseinandersetzungen wegen Verfahrensfehlern erneut verschoben werden musste.

Fischler:Koexistenz ist möglich

(05.03.) Die EU-Kommission hat einen von Agrarkommissar Fischler erarbeiteten Bericht über die zukünftige Koexistenz einer Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik vorgelegt. Danach können beide Anbausystem nebeneinander wirtschaften. Die Einrichtung „gentechnikfreier“ Zonen lehnte Fischler ab. Das geltende Zivil- und Haftungsrecht sei zur Regelung von Nachbarschaftskonflikten ausreichend, etwa wenn gv-Pflanzen in konventionelle einkreuzen und dadurch Ernteprodukte kennzeichnungspflichtig werden. Zum Ausgleich möglicher Einnahmeverluste schlug Fischler einen Haftungsfond vor. Der Agrarkommissar betonte, dass es allein um wirtschaftliche Fragen gehe, nicht um mögliche Risiken für Umwelt und Gesundheit. Umwelt- und Ökoverbände kritisierten Fischlers Vorschläge als unzureichend.

Schon in diesem Jahr Zulassung von GVO-Pflanzen?

(05.03.) Verbraucherministerin Renate Künast erwartet Zulassungen für gentechnisch veränderte Pflanzen noch in diesem Jahr. Die Bundesregierung werde der Aufhebung des Zulassungsstopps zustimmen, wenn die neue Verordnung zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit in Kraft getreten sei. Künast erwartet offenbar eine schnelle Einigung zwischen EU-Parlament und Ministerrat. Hauptstreitpunkt ist die Höhe des zulässigen Schwellenwerts für GVO-Beimischungen. Im Mai will Künast das überarbeitete Gentechnik-Gesetz vorlegen, mit dem die neuen EU-Verordnungen in nationales Recht umgesetzt werden. In der neuen rot-grünen Bundesregierung hatte Künast die Zuständigkeit für das Gesetz erhalten.

EU-Moratorium: Noch ein Jahr

(24.02.) Erst in einem Jahr könnten weitere gv-Pflanzen in der EU zugelassen werden. Bis dahin habe das derzeitige Moratorium Bestand, sagte Verbraucherschutzministerin Künast am Rande des EU-Agrarministerrats. So lange werde es dauern, bis die geplanten Vorschriften über Zulassung und Kennzeichnung von Lebensmitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen rechtskräftig seien.

Wein aus transgenen Reben: Nur zu Versuchszwecken

(19.02.) Seit 1999 wachsen auf zwei Versuchsfeldern in Franken und in der Pfalz gentechnisch veränderte Weinreben der Sorten Riesling, Dornfelder und Seyval blanc. Neu eingeführte Gene sollen ihnen eine verbesserte Widerstandsfähigkeit gegen Pilzbefall verleihen. In einer langjährigen Versuchsreihe wird getestet, ob diese neue Strategie funktioniert - ohne die Qualität des Weines zu beeinträchtigen. Für eine erste Testreihe wurde ein Teil der 2002er-Ernte zu Wein verarbeitet. Die etwa fünfzig Flaschen kommen nicht in den Handel.

Freisetzung:Pilzresistenter Weizen

(07.02.) In diesem Jahr ist der erste Freisetzungsversuch mit gentechnisch verändertem Weizen in Deutschland geplant. In den Nähe von Friemar (Thüringen) soll auf gut 400 Quadratmeter Sommerweizen im Freiland getestet werde, der eine gentechnisch vermittelte Resistenz gegen Pilzerkrankungen besitzt. Starker Pilzbefall kann bei Getreide zu Belastungen mit hochgiftigen Mykotoxinen führen. Im Gewächshaus hat der vom Agrobiotech-Unternehmen Syngenta entwickelte transgene Weizen eine erhöhte Resistenz gegen Pilzbefall gezeigt. Nun soll untersucht werden, ob der gentechnisch Ansatz auch im Freiland wirksam ist. Der Freisetzungsantrag ist bisher noch nicht genehmigt. Bis zum 10. März sind Einwände möglich.

GVO-Schwellenwert für Öko-Futter

(28.01.) Bei einer Veranstaltung im Rahmen der Grünen Woche hat sich Dr. Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) dafür ausgesprochen, geringfügige GVO-Anteile auch in solchen Futtermitteln zu tolerieren, die nach Standards des ökologischen Landbaus erzeugt werden. In einem Brief an die zuständigen Abteilungen der Landesministerien hat der BÖLW einen Grenzwert von 0,5 Prozent vorgeschlagen, bis zu dem GVO-Anteile in Futtermittel vorhanden sein dürfen, ohne die Öko-Anerkennung zu gefährden. In der Vergangenheit hatten die Bundesländer nach positiven Analyseergebnissen unterschiedlich reagiert.

Kartoffeln produzieren Wirkstoff gegenAugenleiden

(27.01.) Auf Gut Roggenstein in der Nähe von München sollen gentechnisch veränderte Kartoffeln freigesetzt werden. Diese reichern einen bestimmten Wirkstoff in ihren Knollen an: Zeaxanthin aus der Gruppe der Carotinoide. Es wird vermutet, dass diese Substanz eine vorbeugende Wirkung gegen altersbedingte Augenerkrankung hat. Im Rahmen des beantragten Versuchsanbaus soll ausreichende Zexanthin-Mengen gewonnen werden, um damit klinische Studien durchführen zu können. - Das Robert-Koch-Institut hat den Versuch noch nicht genehmigt. Kritiker-Gruppen haben dazu aufgerufen, Einwendungen einzureichen.

Gericht: Deklaration „ohneGentechnik“ bei Reis ist zulässig

(21.01.) Die gepa darf Reis mit dem Hinweis „ohne Gentechnik“ ausloben. Das entschied das Oberlandesgericht Koblenz. Das auf Dritte-Welt-Produkte spezialisierte Handelsunternehmen hatte gegen eine Anordnung des Landes Rheinland-Pfalz geklagt. Darin war die „ohne Gentechnik“- Deklaration untersagt worden, weil es weltweit noch keinen gentechnisch veränderten Reise zu kaufen gebe. Das gepa-Produkt könne beim Verbraucher den falschen Eindruck hervorrufen, dass andere Reisprodukte unter Anwendung der Gentechnik erzeugt seien. Das Gericht folgte jedoch der Auffassung von gepa, dass wegen der Vielzahl gentechnischer Reis-Forschungsprojekte GVO-Spuren in Reis möglich seien. Daher sei ein entsprechender Hinweis zulässig, der diese ausschließe.