„Gentechnik verletzt Menschenrechte“ - eine Falschmeldung

(27.05.2011) Der „UN-Menschenrechtsausschuss“ sieht gentechnisch veränderte Pflanzen als Verstoß gegen die Menschenrechte, berichteten vor einigen Tagen mehrere Zeitungen und Fernsehanstalten. Zwar hat ein UN-Ausschuss über eine Klage von Nachbarn eines Versuchsfeld mit gentechnisch veränderten Pflanzen verhandelt, doch im Protokoll der Sitzung findet sich lediglich ein knapper Hinweis. Danach soll die Bundesrepublik Deutschland in ihrem alle fünf Jahre fälligen Bericht „Auskunft über Maßnahmen zum Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Organismen geben“.

Zwei Anwohner aus Sagerheide bei Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) hatten beim UN-Kommissar für Menschrechte Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht, da sie sich wegen mehrerer Versuchsfelder mit gentechnisch veränderten Pflanzen in ihrer Nähe in ihrem „Menschenrecht auf Gesundheit“ verletzt sahen. Die Klage wurde von weiteren Gruppen und Einzelpersonen unterstützt.

Weizen

Freisetzungsversuch mit gentechnisch verändertem Weizen. Jede Freisetzung von-gv-Pflanzen wird von den zuständigen Behörden geprüft und nur genehmigt, wenn Mensch, Tier und Umwelt dadurch nicht gefährdet werden. In einigen Fällen werden zusätzliche Auflagen erlassen

(Foto: Netz gegen Vögel)

Im Mai beschäftigte sich der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte - nicht etwa der „UN-Menschenrechtsausschuss“ - bei seinen turnusmäßigen Beratungen in Genf neben zahlreichen Anliegen aus Deutschland auch mit der Gentechnik- Klage. Das Protokoll umfasst 38 Punkte zu unterschiedlichen Themen - und nur in einem Nebensatz wird das Ergebnis der Beratungen über die Gentechnik erwähnt. Danach fordert der Ausschuss die Bundesrepublik Deutschland auf, im nächsten periodischen Bericht die eingeleiteten „Maßnahmen zum Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit Lebensmitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen darzustellen.“

Diesen nüchtern-routinierten Beschluss des UN-Ausschusses nahm in Deutschland jedoch kaum jemand zur Kenntnis. Viele Presseorgane und Nachrichtenagenturen übernahmen ungeprüft die Interpretation der Kläger aus Sagerheide und der sie unterstützenden Gruppen. „Menschenrechtsausschuss der UN sieht gentechnisch veränderte Lebensmittel als Menschenrechtsverletzung und hat zwei Klägern Recht gegeben“, berichtete wie viele andere Zeitungen das Hamburger Abendblatt am 23. Mai und berief sich dabei auf eine Meldung der Nachrichtenagentur dpa.

Eine noch deutlichere Lesart der Beratungen des UN-Ausschusses bot der NDR am gleichen Tag: „Ein Gremium des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen hat Befürchtungen von Verbrauchern hinsichtlich einer Gesundheitsgefährdung durch gentechnisch veränderte Nahrungsmittel bestätigt. Die Mitglieder des Genfer UN-Ausschusses sind zu der Erkenntnis gekommen, dass gesundheitliche Folgen durch den Verzehr von Gen-Nahrungsmittel möglich sind. Es bestünden weiterhin viele ungeklärte Risiken.“

Die Presseberichte nahm Christiane Lüst, Sprecherin der „Aktion Gen-Klage“ zum Anlass, die Bundesregierung aufzufordern, „die Einführung der Gentechnik in Tierfütterung, Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft zu verbieten“. Till Backhaus (SPD), Landwirtschaftsminister in Mecklenburg-Vorpommern sieht dagegen in dem Beschluss des UN Ausschusses „keine unmittelbaren Folgen“. Zudem sei die Aufforderung zu dem Bericht an die Bundesregierung ergangen.