Weinreben und Gentechnik: Forschungsziel Pilzresistenz

Im Sommer 1999 wurden erstmals gentechnisch veränderte Weinreben in Deutschland ausgepflanzt. Es sollte der Beginn einer auf viele Jahre angelegten Versuchsreihe sein. Erprobt werden sollte eine neue Strategie gegen ein altbekanntes Problem im Weinbau - den Befall mit Pilzen, besonders Mehltau und Grauschimmel. Doch schon Ende 2004 wurden die Versuche vorzeitig beendet.

Als im Juli 1999 in der Pfalz bei Siebeldingen hundert und in der Nähe von Würzburg weitere 78 gentechnisch veränderte Riesling-Rebstöcke ausgepflanzt wurden, schreckte die Öffentlichkeit auf. Viele beschworen einen „Anschlag auf die Weinkultur“: Verbote wurden gefordert und Unterschriften gesammelt. Es gab sogar Anträge und Debatten im bayerischen Landtag. Von „unabschätzbaren Risiken für Mensch und Natur“ sprach der Bund für Naturschutz. Aber auch viele Winzer fürchteten sinkende Absätze, wenn infolge der öffentlichen Diskussionen um die Freisetzung das gute Ansehen des deutschen Weines leiden könnte. Entwickelt wurden die gv-Riesling-Rebstöcke am Institut für Rebenzüchtung Geilweilerhof.

Transgene Weinpflanzen im Gewächshaus

Gentechnisch veränderte Weinreben im Gewächshaus. Gerade bei den geschätzten traditionellen Rebsorten wie Riesling ist es bisher nicht gelungen, pilzresistente Sorten zu züchten. Die Gentechnik könnte neue Perspektiven eröffnen.

Foto:www.biosicherheit.de

Pilzkrankheiten bei Weibreben: Chemikalien oder Schwermetalle

Pilzliche Schaderreger wie Grauschimmel, Echter und Falscher Mehltau sind in den europäischen Weinbauregionen ein großes Problem. Sie führen nicht nur zu Ertragseinbußen, sondern auch zu Qualitätsverlusten beim Wein. Die trüben, schwer abbaubaren Rückstände aus den Pilzen bereiten im Weinkeller erhebliche Schwierigkeiten.

Bisher bleibt den meisten Winzern kaum etwas anderes übrig als der intensive Einsatz chemischer Fungizide. Bei starkem Befall und in empfindlichen Lagen wird bis zu acht Mal gespritzt. Siebzig Prozent aller in Deutschland eingesetzten Fungizide gehen in den Weinbau, obwohl dieser nur auf fünf Prozent der landwirtschaftlichen Flächen betrieben wird.

Auch die Ökowinzer suchen nach einem wirksamen Konzept gegen die gefürchteten Pilze. Oft benutzen sie Kupferpräparate, was zur Belastung der Böden mit Schwermetallen führt. Inzwischen verwenden einige Ökowinzer Tonerde und Pflanzenextrakte. Doch nur in befallsarmen Jahren kommen sie ganz ohne die problematischen Kupfersalze verzichten.

Der Kampf gegen die Pilze ist deswegen so schwierig, weil diese erst Mitte des 19. Jahrhunderts aus Amerika nach Europa eingeschleppt wurden. Die traditionellen europäischen Rebsorten hatten bis dahin keine Resistenz gegen die Pilze entwickelt und auch in ihrem Genpool waren keine Resistenzgene vorhanden. Viele Bemühungen, traditionelle europäische mit amerikanischen (pilzresistenten) Rebsorten zu kreuzen, hatten wenig Erfolg: Eine Pilzresistenz ging in aller Regel zu Lasten deutlicher Qualitätseinbußen beim Wein.

Nach vielen Jahren ist es inzwischen zwar gelungen, mit klassischen Methoden neue, pilzresistente Rebsorten wie Regent (Rotwein) und Phoenix (Weißwein) zu züchten, nicht jedoch bei den traditionellen Sorten Riesling, Merlot oder Chardonnay.

Neue Möglichkeiten erhofft man sich von der Gentechnik. Weltweit arbeiten mehrere Arbeitsgruppen daran, bestimmte Gene zu übertragen, die auch den von den Weintrinkern so geschätzten traditionellen Rebsorten eine Resistenz gegen die schädlichen Pilze vermitteln. Versuche laufen etwa mit Genen, die man bei Gerste gefunden hat. Werden sie in Reben eingeschleust, dann sorgen sie dort für die Bildung des Chitinase-Enzyms, welches die Zellwände der Pilze abbaut. Andere Strategien nutzen Gene, welche in den Stoffwechsel der Pilze eingreifen und ihn blockieren.

Vorzeitig beendet: Die Versuche in Franken und in der Pfalz

Auch die neuen, in Siebeldingen entwickelten Riesling-Reben sollten sich gegen die Pilzerreger „wehren“ können. Zwei neue Gene waren in ihr Erbgut eingeschleust worden:

  • Eines sorgt dafür, dass die Reben die Zellwand zerstörende Chitinase produzieren.
  • Ein weiteres Gen führt zu einer Blockierung des Zellstoffwechsels der Pilze und soll dessen Wachstum unterdrücken.

Die 1999 begonnenen Freisetzungsversuche mit transgenen pilzresistenten Riesling-Reben waren Teil einer langen Versuchsreihe. Zunächst sollte geprüft werden, ob die im Labor erzeugten Reben auch im Weinberg die gewünschte Wirkung zeigen und den Angriffen von Mehltau und Grauschimmel widerstehen.

Ende 2004 wurden die Versuche vorzeitig beendet. Es hatte sich gezeigt, dass die gv-Rebstöcke kaum weniger anfällig gegen Pilzerkrankungen waren als konventionelle Pflanzen. „Hinsichtlich der Pilzresistenz hat sich bei den gentechnisch veränderten Reben kein Vorteil gegenüber den Kontrollen erkennen lassen“, sagte Prof. Reinhard Töpfer, Leiter des Institutes für Rebenzüchtung Geilweilerhof (IRZ) in Siebeldingen. Es mache keine Sinn, die Versuche fortzusetzen.

In mehreren Versuchsjahren wurden die Trauben des gv-Rebstöcke geerntet und zu Wein verarbeitet. Zum Vergleich werden die gleichen Reben, die das Chitinase-Gen jedoch nicht enthalten, auf der Nachbarparzelle angebaut und ebenfalls zu Wein verarbeitet. Der Siebeldinger „Gen-Riesling“ wurde in den Versuchsjahren mehrfach verkostet. Prof. Töpfer: „Die sensorische Prüfung hat keine Unterscheide gegenüber der nicht gentechnisch veränderten Kontrolle ergeben“.

Gentechnik bei Weinreben - weltweit

Das Ziel, mit den Möglichkeiten der Gentechnik pilzresistente Rebsorten zu züchten, ist mit dem Ende der Versuche in Deutschland nicht aufgegeben.

In anderen Ländern ist die Entwicklung bereits weiter fortgeschritten als in Deutschland. Führend sind Institute in Frankreich, den USA, Kanada und Australien. Aber auch in Israel, Japan, Spanien oder Südafrika gibt es Arbeitsgruppen. Ziele sind Resistenzen gegen verschiedene Pilze, Pflanzenviren und -krankheiten, aber auch die Erhöhung der Kältetoleranz.

In Kanada wird versucht, bestimmte Gene in Rebsorten einzuschleusen, die einen Weinbau auch in kälteren Regionen zulassen. Nicht absehbar ist jedoch, wann die ersten Weine aus transgenen Reben verkostet werden können. Die Schätzungen bewegen sich zwischen fünf und 15 Jahren. Auch in den USA geben sich viele Weingüter reserviert. Die Skepsis ist groß, ob die Weintrinker irgendwann ihre emotionalen Vorbehalte gegen Wein aus gentechnisch veränderten Rebstöcken aufgeben werden.