Pilzkrankheiten bei Weizen: Mit geeigneten Genen gegen Fusarien, Mehltau & Co.

Vor allem bei feuchter Witterung wird Getreide häufig von Pilzkrankheiten befallen. Die Folgen sind nicht nur Ertragsausfälle und Qualitätseinbußen. Einige der Pilze produzieren hochgiftige Substanzen, welche die Ernteprodukte belasten. Eine Bekämpfung dieser Pilzkrankheiten ist nicht immer einfach und auch die klassische Züchtung robuster, widerstandsfähiger Sorten hat bisher keinen durchschlagenden Erfolg gehabt.

Weizen
Weizenkörner nach Fusarienbefall

Fusarien. Wenn Weizen mit Fusarien infiziert ist, bleiben die Ähren ohne Frucht oder produzieren Kümmer- oder Schmachtkörner (unten rechts), die kleiner als die normalen Weizenkörner sind.

Weizen

Weizenflugbrand. Bei einem Befall mit Weizenflugbrand sind die Ähren durch die Pilzsporen schwarz verfärbt und deformiert. Durch Regen und Wind werden die Sporen verbreitet. Ist eine Pflanze damit infiziert, dringt der Pilz in das sich entwickelnde Korn ein. Wird es in der nachfolgenden Vegetationsperiode ausgesät, wächst der Pilz mit der aufkeimenden Pflanze, bis er in den Ähren erneut ein Brandsporenlager bildet.

Weizen

Mehltau. Bei einem Befall mit Mehltau werden die Blätter zunächst mit einem mehlartigen Belag überzogen, später verfärben sie sich braun und vertrocknen. Bei Weizen werden auch die Ähren befallen.

Fotos: Bildpool BayerCropScience

Weizen oder Gerste mit einer wirksamen Resistenz gegen Pilzkrankheiten sind schon länger ein wichtiges Ziel der Pflanzenzüchter. Doch gerade bei der Pilzresistenz stößt die klassische Züchtung an ihre Grenzen. Oft sind im Genpool der jeweiligen Pflanzenart keine geeigneten Resistenzgene vorhanden, die in Kultursorten eingekreuzt werden könnten. In anderen Fällen ist der genetische Hintergrund so komplex, dass der Aufbau einer wirksamen Pilzresistenz mit konventionellen Züchtungsmethoden kaum oder nur über große Zeiträume möglich ist.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, artfremde Resistenzgene gegen Pilzerkrankungen in die Getreidepflanzen einzubringen. Aus der Genomforschung sind inzwischen verschiedene Gene und Genkombinationen bekannt, die Resistenzen gegen bestimmte Pilzkrankheiten vermitteln. Bereits mehrfach wurden Resistenzgene aus Wildgräsern in Weizen eingekreuzt. Dabei wurden Artgrenzen überschritten, und man musste Techniken etwa aus der Gewebekultur anwenden, da diese Kreuzungen natürlicherweise nur sehr selten vorkommen.

Auch mit Hilfe der Gentechnik wurden verschiedene Resistenzgene in Weizen und Gerste eingebracht. Einige dieser neuen pilzresistenten Pflanzen wurden oder werden zwar bereits in Freilandversuchen getestet, doch von einer kommerziellen Anwendung sind sie noch weit entfernt.

Zum Beispiel Fusarium

Wenn Getreide mit Pilzen der Gattung Fusarium befallen ist, führt das zu deutlichen Qualitäts- und Ertragseinbußen. Problematischer ist jedoch, dass einige der Fusarien-Arten Mykotoxine bilden, eine Gruppe giftiger Stoffwechselprodukte, mit denen Pilze ihre Sporen bei der Keimung vor Mikroorganismen schützen. Bei der Weiterverarbeitung des Getreides gelangen die Mykotoxine in die Nahrung und können beim Verzehr zu akuten und chronischen Vergiftungserscheinungen führen. In Futtermitteln verursachen Mykotoxine bei den Tieren vor allem Verdauungsstörungen. In der Europäischen Union gibt es Grenzwerte für die Mykotoxinbelastung von Nahrungs- und Futtermitteln.

Das Schweizer Agrobiotech-Unternehmen Syngenta entwickelte einen gv-Weizen, der eine Resistenz gegen Fusarium-Pilze besitzt. Sie basiert auf einem Gen, das aus einem anderen Pilz isoliert und in Weizen eingeschleust wurde. Dieses Gen sorgt für die Produktion eines gegen Fusarien gerichteten Enzyms. Nach Freilandversuchen in Nord- und Südamerika sollte der Syngenta-Weizen 2003/04 an zwei Standorten in Thüringen und Sachsen-Anhalt getestet werden, aber beide Felder wurden von radikalen Gentechnik-Gegnern zerstört. 2007 legte Syngenta die Entwicklung auf Eis.

Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Aachen haben auf Getreidepflanzen Gene für spezifische Antikörper übertragen, die an die Zellwände von Fusarien andocken. Die Antikörper sind mit Wirkstoffen gekoppelt, welche die Zellwände der Pilze abbauen. Derzeit wird die Wirksamkeit des Konzepts in Freilandversuchen außerhalb Europas überprüft.

Zum Beispiel Weizenflugbrand

Nach Schätzungen des internationalen Getreideforschungszentrums CIMMYT verursachen Brandpilze weltweit Ernteausfälle zwischen fünf und zehn Prozent. Da sie sich über die Samen verbreiten, sind sie vor allem in Entwicklungsländern ein Problem, wo Kleinbauern einen Teil der Ernte für die Aussaat im nächsten Jahr verwenden. In Europa spielen Brandpilze kaum eine Rolle.

An der ETH Zürich wurde ein gentechnisch veränderter Weizen entwickelt, der ein Gen aus einem Virus trägt, das in Maisbeulen-Brandpilzen lebt. Das Virus produziert ein Protein, das gegen andere Brandpilze wirkt, und „hilft“ auf diese Weise seinem Wirt, sich gegen die Konkurrenz anderer Brandpilze zu schützen. 2004 wurde mit gv-Weizen, der dieses Gen trägt, in der Schweiz ein erster Freilandversuch unter strengen Sicherheitsauflagen durchgeführt. Von 2009 bis 2011 gab es Freilandversuche in Deutschland, die aber ausschließlich der Grundlagenforschung dienten. Eine Kommerzialisierung war nicht geplant.

Zum Beispiel Mehltau

Der Echte Getreidemehltau ist weltweit verbreitet. Bei Weizen und Gerste kann er Ernteausfälle von bis zu fünfundzwanzig Prozent bewirken. Mehltau schafft außerdem Eintrittspforten für andere Krankheitserreger wie z.B Fusarien.

An der ETH Zürich wurden zwei gentechnisch veränderte Weizenlinien mit einer Resistenz gegen Mehltau entwickelt und im Rahmen des Forschungsprogramms NFP 59 untersucht. Eine Linie trägt zwei Resistenzgene aus Gerste. Die zweite Linie wurde mit einem Resistenzgen aus Weizen transformiert, von dem es verschiedene Varianten, so genannte Allele, gibt, die Weizen gegen verschiedene Mehltaurassen resistent machen. Mittels gentechnischer Methoden wurden mehrere Allele kombiniert. Grundsätzlich hätte man das auch mittels konventioneller Kreuzung erreichen können, mit Hilfe der Gentechnik wurde aber zusätzlich erreicht, dass die Allele verstärkt abgelesen werden. Nach einer ersten Versuchsreihe 2008-2010 werden seit 2014 mehrere gv-Weizenlinien auf einem abgesicherten Gelände in der Nähe von Zürich getestet. Die Versuche sind bis 2018 genehmigt.