Wachstumskontrolle

Nur wenige Freilandversuche in der EU - meistens mit CRISPR

In der EU wurden 2023 bislang fünf Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen neu angemeldet, 2021 waren es sieben. Damit setzt sich die Tendenz der Vorjahre fort: Die Anzahl der bei der zuständigen Stelle in Brüssel registrierten Freisetzungen hat sich auf niedrigem Niveau eingependelt. Immer öfter werden Pflanzen im Freiland getestet, die mit der Genschere CRISPR/Cas verändert wurden. Inzwischen sind dies mehr als 60 Prozent. In Deutschland gibt es seit 2013 keine Freilandversuche mehr.

Freisetzungen EU Stand: April 2023

Freisetzungen EU 2008-2023. Anzahl der von den Mitgliedstaaten in einem Jahr neu eingereichten Anträge. 2023 wurden bisla vierng Freisetzungen beantragt. (Stand: April 2023)

JRC, Joint Research Centre

Freisetzungen Deutschland, Stand: 2023

Freisetzungen in Deutschland 2005-2023. Anzahl der Standorte (durchgeführte Freisetzungen)

Freilandversuche:
Rechtsvorschriften in Europa

Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen werden in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten geprüft und - falls keine Gefahren für Mensch und Umwelt bestehen - genehmigt. Die nationalen Behörden melden die Anträge bei der EU-Kommission, die in eine zentrale Datenbank beim Joint Research Centre (JRC) eingespeist werden. Ein Antrag kann Freilandversuche mit einer bestimmten gv-Pflanze an mehreren Standorten und über mehrere Jahre umfassen.

Titelfoto: BDP

2023 verzeichnet die beim Joint Research Centre (JRC) geführte zentrale europäische Datenbank bislang fünf neu beantragte Freisetzungen mit gentechnisch veränderten (gv-)Pflanzen. 2021 waren es sieben. Die EU-Mitgliedstaaten müssen jeden Antrag - unabhängig davon, ob er später genehmigt und dann auch tatsächlich durchgeführt wird - über die EU-Kommission an die JRC-Datenbank melden.

Inzwischen geht es bei den Anträgen überwiegend um Pflanzen, die mit der Genschere CRISPR/Cas verändert wurden. Solche genom-editierten Pflanzen gelten in der EU immer noch als GVO (gentechnisch veränderter Organismus) und fallen somit unter das seit 20 Jahren geltende Gentechnik-Recht.

Zwei der 2023 gemeldeten Anträge kommen aus Schweden, zwei aus Dänemark und einer aus Belgien.

Das Saatgutunternehmen INARI mit Sitz u.a. in Ghent, Belgien, will Mais unter Feldbedingungen testen, der durch eine Mutation mit der Genschere CRISPR/Cas einen kürzeren Wuchs und damit eine höhere Standfestigkeit aufweist.

Dänemark hat zwei Freisetzungen mit Kartoffeln beantragt. KMC, eine Genossenschaft dänischer Stärkekartoffel-Anbauer, will Kartoffeln (Waxy Wotan, K33) testen, die den Stärkebestandteil Amylose nicht bilden. Dies wurde erreicht, indem mit der Genschere ein Gen (StGBSS) blockiert wurde. Eine weitere ebenfalls durch eine CRISPR-Mutation veränderte Kartoffellinie (Ydun) hat eine geringere Krankheitsanfälligkeit bei Befall durch die Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans). Hierbei wurde ebenfalls ein bestimmtes Gen (StDMR6-1) stillgelegt.

Weitere Freilandversuche mit Kartoffeln finden in diesem Jahr in Schweden statt. Die Swedish University of Agricultural Sciences (SLU) will verschiedene Kartoffellinien testen, die eine verbesserte Krankheitsresistenz und einen höheren Ertrag bringen sollen. Auch hier kam bei einer der modifizierten Kartoffellinien die Genschere zum Einsatz. SLU und Umeå University hatten bereits im letzten Jahr eine weitere Freisetzung mit Kartoffeln von 2023 bis 2027 beantragt, bei denen es um Stärkezusammensetzung und -qualität geht. Mit CRISPR-Mutationen in drei Genen (GBSS, SSS und SBE) wurden die Kettenlänge und der Verzweigungsgrad der Stärkebestandteile Amylose und Amylopektin verändert.

Bei einem weiteren Antrag aus Schweden geht es um Grundlagenforschung zur Fotosynthese und der Funktion einzelner Pflanzenhormone. Die Umeå University testet hierfür verschiedene u.a. auch mit CRISPR modifizierte Linien der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand).

In den Vorjahren genehmigte Freilandversuche laufen weiter

Das belgische Forschungsinstitut VIB (Vlaams Interuniversitair Instituut voor Biotechnologie) testet drei mit CRISPR veränderte Maislinien im Freiland. Bei zwei der Maislinien geht es um eine verbesserte Stress- bzw. Trockentoleranz, bei einer dritten um die bessere Verdaulichkeit von Mais als Futter.

Ebenfalls am VIB wird noch bis 2025 eine Freisetzung mit Pappeln durchgeführt. Mit der RNAi-Methode wurden bestimmte Gene (CSE), die einen Einfluss auf die Holzzusammensetzung haben, runterreguliert. Das führte dazu, dass die Pappel-Pflanzen 25 Prozent weniger Lignin und 13 Prozent mehr Zellulose bilden. Auch die schwedische Firma SweTree Technologies testet im Freilandversuch gv-Pappeln, die weniger Lignin bilden.

In Schweden werden auch in diesem Jahr von der Firma Lyckeby Starch Kartoffeln freigesetzt, bei denen die Stärkezusammensetzung mit CRISPR/Cas verändert wurde. Sie bilden keine Amylose. Die Firma strebt die baldige Vermarktung der Stärke-Kartoffel an. Allerdings wurde dieses Vorhaben fürs Erste ausgebremst, da CRISPR-Pflanzen nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der EU vorerst als gentechnisch veränderte Organismen einzustufen sind.

Die schwedische Universität für Agrarwissenschaften (SLU) in Uppsala setzt die Grundlagenforschung zur Pilzresistenz bei Kartoffeln fort. Mit Hilfe von Genome Editing und RNAi wurden verschiedene Gene ausgeschaltet. Dadurch werden bestimmte Proteine, die die Pflanze empfindlicher gegen Pilzinfektionen machen, nicht mehr gebildet.

Das britische Rothamsted Research Institute setzt seine Versuchsreihe mit gv-Leindotter fort. Es sind einige Linien dabei, die mit CRISPR/cas erzeugt wurden. Der veränderte Leindotter produziert mehrfach ungesättigte Omega3-Fettsäuren, denen eine vorbeugende Wirkung bei Herz-Kreislauferkrankungen zugeschrieben wird.

An der Universität Wageningen startete 2016 eine Freisetzung mit cisgenen Apfelbäumen. Durch Veränderung der Anthocyan-Biosynthese bilden sie mehr roten Farbstoff, einen sekundären Pflanzenstoff, der als gesundheitsfördernd gilt. Der Versuch ist bis 2026 geplant.

Auch Weizen wird 2023 im Freiland erforscht. Die schwedische SLU hat Weizen entwickelt, der durch Übertragung eines Gens aus Hafer (AsWRI1) einen höheren Ölgehalt aufweist.

Laufende Freilandversuche in der EU 2023:*

Apfel Niederlande mehr roter Farbstoff (Anthocyan)
Arabidopsis Schweden Grundlagenforschung Fotosynthese (u.a. mit CRISPR)
Gerste Tschechien Produktion von antibakteriellem LL-37
Island Molecular Farming: Wachstumsfaktoren für Stammzell-basierte Forschung und Fleisch aus Zellkulturen
Kartoffel Schweden verbesserte Stärkequalität und Krankheitsresistenz (mit CRISPR)
Krankheitsresistenz, Ertragssteigerung (u.a. mit CRISPR)
Veränderte Stärkezusammensetzung (Amylose-frei) (mit CRISPR)
Grundlagenforschung Pilzresistenz (Genome Editing und RNAi)
Dänemark Amylose-freie Stärke
Resistenz Kraut- und Knollenfäule (mit CRISPR)
Leindotter Großbritannien Mehr Omega-3 Fettsäuren (u.a. mit CRISPR)
Mais Belgien reduzierte Pflanzenhöhe
Stress- und Trockentoleranz (mit CRISPR)
Bessere Verdaulichkeit, weniger Lignin (mit CRISPR)
Pappel, Aspen Schweden Grundlagenforschung: Funktionalität einzelner Gene (u.a. mit CRISPR),
weniger Lignin (mit CRISPR)
Finnland Grundlagenforschung: Einfluss von Pflanzenhormonen auf die Holzzusammensetzung
Belgien weniger Lignin, mehr Zellulose (RNAi)
Pflaume Rumänien
Tschechien
Virusresistenz (Plum Pox Virus)
Weizen Schweden erhöhter Ölgehalt

* Laut JRC-Datenbank für 2023 beantragte Freisetzungen. Das bedeutet nicht, dass diese auch tatsächlich durchgeführt werden. Freisetzungen in Großbritannien, die vor 2020 beantragt wurden, sind hier weiterhin aufgeführt.