Hochzuschätzender Herr Behringer,
Auch wenn das Ganze mit Gentechnik mal wieder nichts zu tun hat: Ich habe ich versucht ein bißchen zu recherchieren und dabei sogar Spaß gehabt.
Aber ehrlich: 24 t/ha Reis-Ertrag: Das klingt sehr nach Märchen aus tausendundeiner Nacht. Vor allem wenn der normale Ertrag der verwendeten Sorte CR 1009 bei 6 t/ha liegt. Diese Sorte wird beschrieben als "short, bold, high tillering, non lodging": kurz (gemeint ist der Halm), kräftig, bildet viele Seitentriebe und neigt nicht zum Lagern. (
http://sites.tnau.ac.in/trri/ci).
Zunächst einmal ein paar landesweite Ertragszahlen aus dem Jahr 2012 zum Vergleich, entnommen der FAO Statistik: USA 8.35, Süd-Korea 7,58, Japan 6,74, China 6,74, Taiwan 6,54, Vietnam 5,63, Sri Lanka 3,88, Philippinen 3,84, Indien 3,59, Kambodscha 3,08 t/ha.
In der von Ihnen angegebenen Literaturstelle wird berichtet, dass der Bauer die SRI-Methode (System Rice intensification) verwendet hat, die angeblich in Madagaskar vor vielen Jahren entwickelt wurde. Die zeichnet sich durch bestimmte Anzucht- und Verpflanzungsmethoden aus und durch bestimmte sparsame Bewässerungspraktiken. Dazu fand ich eine Studie "Effects of SRI practices on hybrid rice performance in Tamil Nadu, India", in der das System beschrieben wird und in der verschiedene Saat- und Bewässerungspraktiken vergleichen werden. Klingt sehr vernünftig, was die gemacht haben. Aber nicht unbedingt so umstürzend. Dann fand ich ein "SRI Fact Sheet India" mit Ertragsvergleichen zwischen konventionell angebautem Reis und SRI-Reis, meist mit deutlichen Ertragsvorteilen für SRI. Die Erträge hielten sich aber alle im Bereich bis maximal 8,4 t/ha.
Der von Ihnen genannte Bauer scheint aber nicht der erste SRI-Wunder-Bauer gewesen zu sein, denn bei Wikipedia fand ich unter dem Stichwort SRI diesen Eintrag: "Von Bauern im Bezirk Nalanda des indischen Bundesstaates Bihar wurden durch die SRI-Methode 2011 die Erträge von vorher 4 bis 5 Tonnen auf 17 bis 22,4 Tonnen pro Hektar (2011) gesteigert. SRI gilt daher vielen als bedeutsamste landwirtschaftliche Entwicklung der letzten 50 Jahre.“
Naja. Wenn das alles so fantastisch wäre: Warum haben sich die tollen Chancen dieser Methode nicht rumgesprochen? Dass sie "dismissed by academic researchers" ist, wie es in Ihrer Quelle heißt, kann doch kein Hinderungsgrund gewesen sein. Zeit genug war ja eigentlich, dass die Vorteile bekannt werden konnten. Zeit genug für eine tolle Zweite Grüne Revolution wäre ja wohl gewesen. oder?
Mal davon ganz abgesehen: Die Pflanzen dieser Sorten werden als kurz und kräftig beschreiben. Anders wäre es gar nicht möglich dass sie Erträge bis zu 6 t/ha oder etwas mehr liefern kann. Zur Erinnerung: Die alten oft als so wundervoll gepriesenen Landsorten kamen auf Erträge von 1 bis 2 t/ha: Sie hatten lange dünne nicht sehr kräftige Halme und wenig Körner in der Rispe. Und auf höhere Düngergaben reagierten sie mit noch mehr Halm, aber nicht mit mehr oder größeren Körnern. Das änderte sich gründlich mit den Hochertragssorten. Die haben kurze starke Halme, die in der Lage sind, mehr Körner zu tragen und die vor allem nicht vor der Ernte ins Lager gehen, was beim Reis nun wirklich nicht erwünscht ist: Dann liegen die zu erntenden Rispen nämlich im Wasser. Die genannte Sorte ist ganz offenbar eine Hochertragssorte. Hochertragssorte heißt zunächst einmal: Eine Sorte mit hohem Ertragspotential. Das kann die Pflanze aber nur bei günstigen Wachstumsbedingungen nutzen. Dazu gehören unter anderem auch genügend verfügbare Nährstoffe im Boden.
Vor Jahren hörte ich von einem IRRI-Manager, dass die natürliche Grenze für Ertragszunahmen der Reispflanze im Bereich von etwa 12 bis maximal 15 t/ha liegt, das bedeutet: man kann noch so intelligent kreuzen und noch so viel düngen, mehr geht nicht. Ich kann ich mir bei bestem Willen nicht vorstellen, wie dann indische Bauern so fantastische Erträge erzielen konnten. Allein mit der Methode SRI kann es ja wohl nicht passiert sein. Auch nicht, wenn sie noch so viel organische Düngemittel verwendet haben. Merkwürdig um nicht zu sagen: absurd finde ich Ihre Behauptung, bei dieser Methode blieben die Nährstoffe im Boden erhalten. Das sind Träumereien. Denn durch die abgeerntete Pflanze werden, egal wie hoch der Ertrag ist, dem Boden natürlich Nährstoffe entzogen. Irgendwie stellen Sie die Logik auf den Kopf. Und das erklärt immer noch nicht, wie der Bauer zu seinem Super-Extra-Ertrag gekommen ist. Ein bißchen mehr Details als nur tolle Fanfarenstöße wären da sehr hilfreich und informativ. Fehlen aber völlig. Oder hat der Bauer einfach zwei Ernten pro Jahr zusammengezählt? Wäre ja denkbar. Oder sollten da etwa irgendwelche Inder nicht richtig gerechnet haben? Eigentlich traue ich Indern gutes Rechenvermögen zu. Immerhin hatten Inder vor hunderten von Jahren die Null erfunden. Darauf waren unsere Vorfahren noch nicht gekommen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Langelüddeke