Gutachten: EU-Pläne für nationalen Gentechnik-Anbau verstoßen gegen WTO

(09.11.2010) Das Vorhaben der EU-Kommission für eine Re-Nationalisierung beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verstößt gegen die von der EU unterzeichneten Welthandelsverträge (WTO). Das ist das Ergebnis eines lang erwarteten Gutachtens des juristischen Dienstes des Europäischen Rates.

Karel de Gucht

EU-Handelskommissar Karel de Gucht: Neue Handelskonflikte durch nationale Anbauverbote für gv-Pflanzen?

Foto: EU-Kommission

Die Juristen des Rates haben „ernsthafte Zweifel“, ob es mit den Welthandelsverträgen vereinbar sei, wenn jeder EU-Mitgliedsstaat für sich über den Anbau von in der EU zugelassenen gv-Pflanzen entscheiden kann. Mit diesem Vorschlag will die EU-Kommission die politische Blockade der Mitgliedsstaaten bei GVO- Zulassungsentscheidungen überwinden.

Mögliche sozio-ökonomische oder ethische Begründungen für nationale Anbauverbote verstoßen nach dem Gutachten des juristischen Dienstes gegen die WTO-Verträge, zitiert die Nachrichtagentur Reuters offizielle EU-Mitarbeiter.

Ökonomische Begründungen für ein Anbauverbot sind mit dem WTO-Vertrag generell nicht vereinbar, da diese als unzulässige Handelshemmnisse gelten. Als mögliche Gründe blieben allenfalls ethische Bedenken, so Äußerungen von EU-Offiziellen. Auch diese würden vor dem Europäischen Gerichtshof oder dem WTO-Schiedsgericht jedoch kaum Bestand haben. Die Tatsache, dass große Mengen an gv-Pflanzen importiert und in der EU als Tierfutter verwendet werden, ließe sich kaum mit einem ethisch begründeten Anbauverbot dieser gv-Pflanzen vereinbaren.

Auf Zweifel an der Sicherheit einer gv-Pflanze kann sich ein nationales Anbauverbot nicht berufen, da alle Sicherheitsaspekte von gv-Pflanzen in dem weiterhin EU-weit verbindlichen Zulassungsverfahren berücksichtigt werden, an dem alle EU-Staaten mitwirken. Eine Zulassung auf europäischer Ebene kann nach den geltenden Gesetzen nur erteilt werden, wenn die jeweilige gv-Pflanze und die daraus hergestellten Produkte nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand als sicher anzusehen sind. Nachträgliche nationale Verbote aus Sicherheitsgründen sind nur erlaubt, wenn sie notwendig sind, um eine akute Gefahr abzuwehren.

Das Gutachten des juristischen Dienstes des Rates soll noch in dieser Woche den Regierungen der Mitgliedsstaaten übergeben werden. Damit dürften sich die politischen Chancen für die EU-Kommission verringern, die notwendigen Mehrheiten für eine Re-Nationalisierung beim GVO-Anbau zu finden. Bei der letzten Ratssitzung der EU-Agrar- und -Umweltminister hatten sich Frankreich, Spanien, Italien und auch Deutschland bereits gegen den Vorschlag der Kommission ausgesprochen. Andere Länder haben sich bisher nur vorsichtig geäußert und zunächst das angekündigte Gutachten des juristischen Dienstes abwarten wollen.