Freisetzungs-Richtlinie: Auch das EU-Parlament stimmt zu

(16.Februar 2001) Wie zuvor der Ministerrat hat am 14. Februar 2001 auch das Europäische Parlament der überarbeiteten Freisetzungs-Richtlinie mit großer Mehrheit in dritter Lesung zugestimmt. Damit gibt es in einem heiklen und umstrittenen Feld europäischer Politik wieder Rechtssicherheit. Doch ob es nun zu neuen Zulassungen gentechnisch veränderter Nutzpflanzen kommt, scheint fraglich. Einige Länder haben bereits die Fortsetzung der Blockade angekündigt.

Im Juli 1999 hatten sich die EU-Umweltminister darauf verständigt, solange keine weiteren gentechnisch veränderten Pflanzen zuzulassen, bevor eine gründlich überarbeitete und erheblich verschärfte europäische Freisetzungs-Richtlinie (90/220/EWG) Rechtskraft erlangt. Seitdem besteht in der EU ein De-facto- Moratorium.

Nun ist es so weit: Nachdem sich EU-Parlament und Ministerrat in den strittigen Punkten auf einen Kompromiss verständigt haben, gab es eine breite Zustimmung. Bis Ende 2002 haben nun die Mitgliedstaaten Zeit, die neuen, strengeren Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen. Spätestens dann könnte über die vorliegenden Anträge entschieden und weitere transgene Pflanzen für den Anbau in der EU zugelassen werden werden.

Aus Sicht der EU-Kommission besteht schon jetzt keine Rechtsgrundlage mehr, das Moratorium fortzusetzen.

Auch die Biotechnologie-Industrie begrüßt die neue Richtlinie. Trotz verschärfter Bestimmungen und eines gestiegenen Aufwandes für Antrag und Markteinführung erhoffen sich die Unternehmen mehr Rechtssicherheit.

Sperrminorität aus sechs Ländern. Sechs EU-Staaten (Frankreich, Italien, Dänemark, Luxemburg, Österreich, Griechenland) haben bereits angekündigt, dass die neue Freisetzungs-Richtlinie aus ihrer Sicht nicht ausreicht, um der Zulassung neuer gv-Pflanzen zustimmen zu können. Sie wollen ihre Blockade zumindest solange fortsetzen wollen, bis die aus ihrer Sicht bestehenden Lücken geschlossen sind:

  • Es gibt noch keine Rechtsvorschriften zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit der aus gv-Pflanzen hergestellten Produkte. Die Kommission hat sich jedoch in einer schriftlichen Erklärung verpflichtet, im Laufe des Jahres 2001 geeignete Vorschläge vorzulegen.
  • Die Frage der Umwelthaftung für mögliche Schäden durch gentechnisch veränderte Organismen ist in der Richtlinie nicht geregelt. Auch hier hat die Kommission sich verpflichtet, noch in diesem Jahr einen Entwurf für eine allgemeine Regelung zur Umwelthaftung zu erarbeitet, der auch GVOs einschließt.
  • Auch zur Regelung des GVO-Exports in Drittländer wird die Kommission einen Vorschlag unterbreiten, mit dem das internationale Protokoll zur Biologischen Sicherheit (Cartagena Protocol on Biosafety) umgesetzt wird.

Anders als die Mehrheit der EU-Parlamentarier gaben sich die sechs Mitgliedstaaten mit den Erklärungen der Kommission nicht zufrieden. Sie wollen erst dann über mögliche Zulassungen von GVO-Pflanzen beraten, wenn die angekündigten Entwürfe rechtskräftig geworden sind. Doch das kann - bei den komplizierten EU-Prozeduren - noch mehrere Jahre dauern.

Vorerst sitzen die Länder am längeren Hebel: Wenn ein Mitgliedstaat gegen die Zulassungen eines gentechnisch veränderten Organismus einen Einwand vorbringt, entscheiden auch nach der neuen Freisetzungs-Richtlinie die Mitgliedstaaten (Ausschussverfahren). Doch die für eine Entscheidung erforderliche qualifizierte Mehrheit kommt gegen das einheitliche Votum der sechs Länder nicht zustande.