Schon bald Kennzeichnung „ohne Gentechnik“

Alle haben es gefordert - nun wird es konkret: die Kennzeichnung „gentechnik-freier“ Lebensmittel. Angestoßen durch das Volksbegehren „Gentechnikfrei aus Bayern“, das 230.000 Bürger mit ihrer Unterschrift unterstützten, planten verschiedene Bundesländer, eigene Regelungen zu erlassen. Im Bundesrat wurde eine Arbeitsgruppe dazu eingesetzt - und nun hat Bundesgesundheitsminister Seehofer einen bundeseinheitliche Verordnung angekündigt. Ein erster Entwurf liegt vor und soll schon bald im Bundesrat erörtert werden.

Der Knackpunkt einer solchen Verordnung ist die präzise und zugleich überprüfbare Definition dessen, was im einzelnen unter „gentechnikfreien“ Produkten zu verstehen ist. Schon lange wird darum hinter den Kulissen heftig gestritten. Für die einen soll eine Auslobung „ohne Gentechnik“ bereits möglich sein, wenn das Produkt lediglich keine gentechnisch veränderte Organismen oder unmittelbar daraus gewonnene Zutaten enthält. Andere hingegen wollen so strenge Maßstäbe anlegen, dass selbst ein einzelnes, zufällig und unbeabsichtigt hineingelangtes Fremdgen eine Kennzeichnung „gentechnikfrei“ ausschließt.

Inzwischen gibt es im Bundesgesundheitsministerium erste konkrete Überlegungen für eine nationale Verordnung; sie gehen auf Beratungen einer Arbeitsgruppe des Bundesrates zurück. Danach ist ein Hinweis „ohne Gentechnik“ bei Produkten dann möglich,

  • wenn sie nicht gentechnisch verändert sind oder aus gentechnisch veränderten Organismen stammen;
  • wenn sie keine Zutaten, Zusatzstoffe, Aromen, Enzyme und technische Hilfsstoffe enthalten, die aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt sind;
  • wenn bei der Herstellung und Erzeugung keine Futtermittel, Futtermittelzusätze und Tierarzneimittel mit leistungsfördernder Wirkung verwendet werden, wenn diese aus oder mit gentechnisch veränderten Organismen gewonnen worden sind.

Nicht erfasst sind einzelne Fremdgene im Sinne einer diffusen Umweltkontamination, Rückstände von Pflanzenschutzmitteln oder Tierimpfstoffen. Auch die Verwendung von Reinigungsmittel - die etwa gentechnisch hergestellte Enzyme enthalten - oder Nährlösungen - etwa Glucosesirup für die „konventionelle“ biotechnische Zitronensäureproduktion - bleiben von einer „Gentechnik-frei“-Kennzeichnung unberührt. Diese soll auch dort ausgeschlossen werden, wo es keine gentechnischen Anwendungen gibt oder bisher keine gentechnisch hergestellte Produkte zugelassen sind. Eine „gentechnikfrei“-Kartoffel wird es danach in der EU erst dann geben, wenn die erste gentechnisch veränderte Kartoffelsorte zugelassen ist.

Viele dieser gentechnischen Anwendungen, die das geplante Label ausschließt, sind jedoch im Endprodukt nicht nachweisbar. Um die Konsumenten vor Täuschung und Irreführung zu schützen, sind strenge Kontroll- und Zertifizierungssysteme notwendig, die den gesamten „Lebensweg“ eines Produkts und seiner Zutaten umfassen. Zu überprüfen, ob die Kriterien des „Gentechnik-frei“- Labels eingehalten sind, wird Aufgabe der amtlichen Lebensmittelüberwachung sein.

Wann die geplante Verordnung in Kraft treten kann, scheint nicht absehbar. Vermutlich wird im Bundesrat, der seine Zustimmung geben muss, um die „Gentechnik-frei“- Kriterien zäh diskutiert. Hier liegen die Vorstellungen einiger Bundesländer noch weit auseinander.