Meldungen 1999, 1. Halbjahr

Nestlé-Chef fordert mehr Offenheit

(24.6.) Auf einem Fachkongress in Stockholm hat Nestlé-Chef Brabeck-Letmathe die Position des Konzerns zur Gentechnik bekräftigt. „Nestlés Haltung mit Blick auf die Gentechnik hat sich nicht geändert. Wo gentechnisch modifizierte Rohstoffe zugelassen und vom Verbraucher akzeptiert werden, wird Nestlé sie weiterhin nutzen.“ Nach einem Bericht der „Lebensmittelzeitung“ beklagte Brabeck-Lethmathe einen Mangel an Führungswillen politischer Autoritäten, fehlendes Wissen in der Öffentlichkeit und opportunistisches Verhalten in Teilen der Wirtschaft. Er unterstrich die Notwendigkeit, sich in Wirtschaft und Gesellschaft mit der neuen Technologie auseinander zusetzen. Wer glaube, sein sauberes Heimatland über gesetzliche Regelungen von genetisch modifizierten Organismen freihalten zu können, gebe sich einer Illusion hin.

Neue Kennzeichnungsvorschriften in der Schweiz

(15.6.) Der Schweizer Bundesrat hat die bisher geltenden Kennzeichnungsvorschriften geändert. Künftig sind in der Schweiz Lebensmittel erst dann deklarationspflichtig, wenn ein Bestandteil zu mehr als einem Prozent aus einem gentechnisch veränderten Organismus (GVO) stammt. Die Festsetzung einer solchen Obergrenze hatte sich als notwendig erwiesen, da selbst in Bioprodukten minimale Spuren aus gentechnisch veränderten Organismen nachgewiesen werden konnten. Künftig werden technisch kaum vermeidbare GVO-Verunreinigungen ohne Deklaration toleriert, wenn sie unterhalb der 1%-Marke bleiben. In der EU ist eine vergleichbare Höchstgrenze bisher noch nicht fixiert worden. Auch für Lebensmittel. die mit dem Hinweise „ohne Gentechnik hergestellt“ sind in der Schweiz Bestimmungen erlassen.

Umkämpfter Butterfinger

(14.6.) Nestlés Butterfinger, ein aus den USA importierter Erdnuss-Cornflakes-Riegel, wird zum heiß umkämpften Symbolprodukt der Gentechnik. Durch verschiedene Aktionen, zuletzt während der Deutschen Windsurf Meisterschaft auf Sylt, will Greenpeace Nestlé dazu zwingen, den Riegel vom Markt zu nehmen. Nestlé hatte zwar erklärt, vorerst keine weiteren Produkte mit gentechnisch veränderten Zutaten anbieten zu wollen, doch der Butterfinger solle solange im Handel bleiben, wie er Käufer findet. Greenpeace erhöht nun den Druck: „Nestlé benutzt jugendliche Konsumenten als Versuchskaninchen, um an ihnen Genfood zu testen. Der Butterfinger enthält genmanipulierten Mais und muss deshalb sofort vom Markt verschwinden.“ Immerhin war der Butterfinger das erste gekennzeichnete Produkt in Deutschland - und mittlerweile eines der wenigen, die immer noch angeboten werden.

BLL: Lebensmittelwirtschaft vermeidet Gentechnik

(24.5.) Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft, weist die Kritik der Verbraucherzentralen,dass die deutschen Hersteller die Kennzeichnungspflicht nicht erfüllen, zurück. Die geringe Anzahl gekennzeichneter Produkte sei kein Zeichen für fehlende Gesetzestreue, sondern damit zu erklären,dass viele Unternehmen aufgrund der kontroversen öffentlichen Diskussionen auf gentechnikfreie Rohwaren umgestellt haben. Insbesondere die Marktrelevanz von insektenresistentem Mais in Europa sei zudem sehr gering.

Verbraucherzentralen: Kennzeichnung fehlt

(21.5.) Die Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen und Hessen haben in 79 Kommunen 3500 verschieden Lebensmittel in Bezug auf die Gentechnik-Kennzeichnung überprüft. Nur sieben Produkte fanden sie, deren Etikett einen Hinweise auf gentechnisch veränderte Rohstoffe enthielt. Nach Ansicht der Verbraucherzentralen sind jedoch „mehr als 20.000 Produkte auf dem Markt, die beispielsweise Zutaten und Zusatzstoffe aus genmanipuliertem Soja enthalten.“ Dazu gehörten etwa Brot, Fertigmenüs, Knabberartikel oder Cornflakes. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung werten die Verbraucherzentralen als „deutlichen Hinweis, dass die EU-Kennzeichnungsvorschriften Lücken aufweisen.“ Nur ein Produkt konnte entdeckt werden, das mit dem Zusatz „ohne Gentechnik“ deklariert war.

Spar/Österreich mit „gentechnikfrei“-Produkten

(11.5.) Anfang Mai hat Spar/Österreich die ersten Produkte in den Handel gebracht, die als „gentechnikfrei“ gekennzeichnet sind. Es handelt sich um Biovollmilch, Biolandkäse und Bio Tiroler Gold. Insgesamt sollen 45 „gentechnikfreie“ Produkte unter dem Logo „spar-natur-pur“ angeboten werden. - In Deutschland sind noch keine Produkte auf dem Markt, die „ohne Gentechnik“ deklariert werden. Die Kriterien, die dabei eingehalten werden müssen, sind in einem Gesetz festgelegt.

Jeden Tag ein neuer Gentechnik-Aussteiger

(6.5.) Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein weiteres namhaftes Lebensmittelunternehmen seinen Verzicht auf gentechnisch veränderte Produkte erklärt. Nach Unilever und Nestlé (jeweils in Großbritannien) wird nun die deutsche Tiefkühlfirma Frosta als Gentechnik-Aussteiger präsentiert. Frosta hat einige seiner Tiefkühlgerichte vorschriftsmäßig gekennzeichnet, da sie Zutaten aus gentechnisch verändertem Mais oder Soja enthielten. Frosta will künftig kennzeichnungspflichtige Zutaten (z.B. Sojaeiweiß, Maismehl) vermeiden, aber auch, „soweit technisch möglich“, solche Gentech-Zutaten bzw. Zusatzstoffe, die nicht kennzeichnungspflichtig sind. Eine Garantie, dass alle Frosta-Produkte „gentechnik-frei“ sind, könne allerdings nicht gegeben werden. Jenseits spektakulärer Ausstiegs-Erklärungen bemühen sich viele deutsche Lebensmittelhersteller schon seit längerem um einen sorgsamen Umgang mit möglichen Gentechnik-Produkten. Viele versuchen, möglichst gentechnikfreie Zutaten und Zusatzstoffe aus Mais oder Soja einzukaufen; andere haben Mais- oder Sojazutaten gegen andere ausgetauscht. In verschiedenen Erklärungen räumen die Hersteller ein, dass es immer schwieriger wird, nachweisbar „gentechnikfreie“ Zutaten in ausreichenden Mengen zu bekommen. In USA, zunehmend aber auch in Südamerika ist der Anbau von gentechnisch verändertem Mais und Soja inzwischen weit verbreitet. Völlig ausgeklammert aus der aktuellen öffentlichen Diskussion sind Zusatzstoffe,Vitamine und Enzyme, die in großer Zahl mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt werden und im Lebensmittelsortiment weit verbreitet sind.

Großbritannien: Zwei Unilever-Töchter verzichten auf Gentechnik

(3.5.) Unilever-Großbritannien verkündet den Ausstieg aus der Gentechnik. Dies sei, so Greenpeace International, „das Ende der Liason zwischen den führenden transnationalen Lebensmittelkonzernen und Biotech-Firmen wie Monsanto.“ Nach Angaben der Konzern-Zentrale in Rotterdam handelt es sich um zwei britische Unilever-Töchter (Van Den Bergh Foods UK und Birds Iwall’s), die künftig auf gentechnisch veränderte Zutaten verzichten wollen. Beide Marken vertrieben in Großbritannien 25 Produkte. - Die Entscheidung der britischen Töchter stimmt jedoch nicht mit der Auffassung des Gesamtkonzerns überein. Unilever glaube an den Nutzen der Gentechnologie für die Wissenschaft und die Verbraucher, so eine Unternehmens-Sprecherin. Eine ähnliche Position vertritt auch die Deutsche Unilever.

Deutsche Händler schließen sich der Verbannung der Gentechnik nicht an

(1.4.) Die großen deutschen Einzelhandelsunternehmen haben sich bisher dem Konsortium führender europäischer Handelskonzerne nicht angeschlossen. Diese hatten im März vereinbart, bei ihren Eigenmarken auf gentechnisch veränderte Zutaten oder Inhaltsstoffe zu verzichten und entsprechende Produkte aus dem Sortiment zu entfernen. Die Gruppe will künftig ihre nicht unbedeutende Einkaufsmacht dazu einsetzen, „um für Hersteller einen garantierten Verzicht auf gentechnisch modifizierte Produkte langfristig attraktiv zu machen“; so zitiert die Lebensmittel-Zeitung eine Sprecherin des britischen Unternehmens_Sainsbury._ Die deutschen Handelsketten halten sich bisher zurück; man möchte, so die Kölner Rewe, das Thema „nicht als Marketingvehikel ausschlachten“. Die Kennzeichnungsvorschriften sollen streng umgesetzt werden; dazu verlangen die Händler von ihren Vorlieferanten Garantieerklärungen.

Europäische Handelsunternehmen verbannen Gentechnik aus ihren Eigenmarken

(18.3) Nach Angaben von Greenpeace wird die britische Handelskette Sainsbury’s keine gentechnisch veränderte Lebensmittel mehr verkaufen. Diese Ankündigung bezieht sich allerdings nur auf Eigenmarken, nicht auf das gesamte Lebensmittelsortiment. Auf Initiative von Sainsbury’s wollen in dieser Frage eine Reihe europäischer Handelsunternehmen kooperieren, u.a. Marks&Spencer (GB), Carrefour (F), Migros (CH), Delhaiz (B) und Effelunga (I). Deutsche Unternehmen haben sich bisher nicht angeschlossen.

Nicht bekannt wurde, ob sich die angekündigte Auslistung auf alle derzeit genutzten gentechnischen Anwendungen bezieht, etwa auch auf gentechnisch gewonnene Zusatzstoff, Enzyme oder nicht nachweisfähige Zutaten aus gentechnisch veränderten Pflanzen.

Marks& Spencer listet Gen-Produkte aus

(17.3.) Die britische Einzelhandelskette Marks&Spencer hat erklärt, Lebensmittel mit gentechnisch veränderten Zutaten aus dem Sortiment zu entfernen. Direkt betroffen sind nach Angaben des Unternehmens 100 Produkte. Weitere tausend Produkte sollen genauer überprüft werden. Sie enthalten Zutaten wie etwa Lecithin, die aus gentechnisch veränderten Rohstoffen stammen. Marks&Spencer ist auch in einigen deutschen Städten vertreten. Einzelne Marks&Spencer-Produkte mit Zutaten aus gentechnisch veränderten Sojabohnen bzw. Mais sind gekennzeichnet.

Brot und Brötchen: Sojazutaten ohne Kennzeichnung

(20.2.) Das Chemische Landesuntersuchungsamt NRW in Münster hat Brot und Brötchen auf Bestandteile aus gentechnisch veränderten Sojabohnenuntersucht. Zwar sind erst wenige der ca. dreißig Stichproben ausgewertet, doch in einigen Fällen waren kennzeichnungspflichtige Sojazutaten nachweisbar. Viele Backmischungen, wie sie von den Bäckern für Brot und Brötchen verwendet werden, enthalten Sojamehl und Sojaeiweiße. In der Regel werden konventionelle und gentechnisch veränderte Sojabohnen bei der Ernte vermischt; „gentechnikfreie“ Soja-Rohstoffe sind kaum noch erhältlich. Auch lose in den Bäckereien verkaufte Brote und Brötchen sind kennzeichnungspflichtig.

Rheinland-Pfalz: Wieder Verstöße gegen Kennzeichnungsbestimmungen

(17.2.) Die Lebensmittelüberwachung in Rheinland-Pfalz hat bei sieben von 39 untersuchten Lebensmitteln Verstöße gegen die Kennzeichungsbestimmungen festgestellt. Obwohl Bestandteile von gentechnisch verändertem Mais bzw. Sojabohnen nachgewiesen wurden, waren die betreffenden Produkte nicht gekennzeichnet. Nach Angaben der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Klaudia Martini handelt es sich dabei um Konservengemüse, Fertiggerichte, Snackartikel und Teigwaren. Eine Geldbuße droht den säumigen Herstellern jedoch nicht, da bisher entsprechende Strafvorschriften fehlen.

Weitere Produkte mit Kennzeichnung

(15.2.) Die von Greenpeace geführte Liste mit vorschriftsmäßig gekennzeichneten Produkten wächst weiter. Neu hinzugekommen ist etwa eine Sojasoße (Kikkoman) und weitere aus den Niederlanden eingeführte Fertiggerichte.

Frankreich: Genfood ausgelistet

(8.2.) Die französische Supermarktkette Carrefour hat angekündigt, alle gentechnisch veränderten Lebensmittel aus den Regalen zu nehmen. Betroffen seien 516 von 1783 Produkten der eigenen Handelsmarke. Begründet wurde dieser Schritt mit „wissenschaftlichen Unsicherheiten“ und dem „Druck der öffentlichen französischen Meinung“.

Schweiz: Grenzwert für Gen-Kennzeichnung

(1.2.) In der Schweiz haben sich Wirtschafts-, Umwelt- und Verbraucherverbände mit den Behörden auf einen Grenzwert bei der Kennzeichnung geeinigt. Danach müssen Lebensmittel oder Zutaten erst dann gekennzeichnet werden, wenn der jeweilige Anteil aus gentechnisch veränderten Pflanzen mehr als einen Prozent beträgt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass auch zufällige, oft unvermeidbare „Verunreinigungen“ unter die Kennzeichnungspflicht fallen. - Ein ähnlicher Grenzwert soll auch für die EU-Länder festgesetzt werden. In der Diskussion sind ein Prozent oder zwei Prozent.

Mehr Produkte mit Kennzeichnung

(25.1.) Die Liste der gekennzeichneten Lebensmittel wird allmählich länger. Immer mehr solche Produkte sind in Regalen und Kühltheken zu finden. Neben dem berühmten Nestlé-Butterfinger und verschiedenen Produkten des englischen Handelsunternehmens Marks&Spencer ist nun auch das Tiefkühlunternehmen Frosta aus Bremerhaven mit mehreren Produkten vertreten. Die fleischlosen Fertiggerichte aus der Reihe Vital ( 4 Country Burger , 4 Spinat Burger , Soja Pfanne Gyros-Art) enthalten Sojaeiweiß-Zutaten „hergestellt aus genetisch veränderten Sojabohnen“. Der powerplay-Eiweßriegel von Novartis weist sogar darauf hin, dass Lecithin „aus genetisch veränderten Sojabohnen hergestellt“ ist. Auch die Zutaten „Maisstärke“ oder „modifizierte Stärke“ wird bei einigen Produkten(mora Frühlingsrolle, County Burger) gekennzeichnet.