Neue Verordnung: Mehr Kennzeichnung, mehr Transparenz

Die EU-Kommission hat die neue von Verbraucherkommissar David Byrne ausgearbeitete Verordnung für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel gebilligt. Nun beginnen die Beratungen im Ministerrat und im Europaparlament. Findet das neue Gesetz auch dort eine Mehrheit, werden vor allem die Kennzeichnungsbestimmungen drastisch ausgeweitet. Doch die Konflikte zeichnen sich bereits ab - mit einigen EU-Ländern, aber auch mit den USA.

Erwartungsgemäß hat die EU-Kommission den bisher nur informell diskutierten Verordnungs-Entwurf mehrheitlich angenommen. Damit ist eine grundsätzliche Neuorientierung bei der Zulassung gentechnisch veränderter Lebensmittel eingeleitet.

Die wichtigsten Eckpunkte der neuen Verordnung sind:

  • Lebensmittel, Zutaten und Zusatzstoffe aus gentechnisch veränderten Organismen (GVOs) werden aus der derzeitigen Novel Food-Verordnung herausgenommen und in einem eigenen EU-Gesetz geregelt.
  • Futtermittel aus GVOs werden im Hinblick auf Zulassung, Sicherheitsbewertung und Kennzeichnung den Lebensmitteln gleich gestellt.
  • Zulassungsanträge werden nicht bei den Mitgliedstaaten eingereicht, sondern der der künftigen europäischen Lebensmittelbehörde. Entscheidungen treffen die EU-Kommission und die Mehrheit der Mitgliedstaaten.
  • Das bisher mögliche vereinfachte Notifizierungsverfahren entfällt.
  • Die Kennzeichnung stützt sich nicht mehr allein auf den GVO-Nachweis im Endprodukt, sondern auf ein warenbegleitendes Dokumentationssystem. Dazu beschloss die Kommission neue Vorschriften zur „Rückverfolgbarkeit“.
  • Zulassungsanträge und im Verlauf des Verfahren erstellte Dokumente sind künftig allgemein zugänglich. Die Öffentlichkeit hat Gelegenheit, Stellungnahmen in das Verfahren einbringen.
  • Alle Zulassungen sind auf zehn Jahre begrenzt.

Neue Auseinandersetzungen. Mit dem Beschluss der Kommission hat das langwierige europäische Gesetzgebungsverfahren begonnen. Zustimmen muss nicht nur die qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten, sondern - nach Ausschussberatungen und drei Lesungen - auch das EU-Parlament. Bis am Ende die neue Verordnung in Kraft tritt, sind noch manche Änderungen möglich.

Schon jetzt zeichnen sich einige Streitpunkte ab.Die von der Kommission verabschiedete Verordnung sieht einen Schwellenwert von einem Prozent vor, bis zu dem in einem konventionellen Lebensmittelzutat zufällige, unbeabsichtigte „GVO-Verunreinigungen“ toleriert werden, ohne dass sie den gentechnikspezifischen Zulassungs- und Kennzeichnungspflichten unterliegen.

  • Bundeslandwirtschaftministerin Künast hat bereits angekündigt, die 1%-Schwelle nicht zu akzeptieren. Sie will null Prozent durchsetzen. *Für EU-Verbraucherkommissar Byrne sind hingegen GVO-Spuren eine „Realität, der wir uns nicht entziehen können. Man kann wenig dagegen tun, es sei denn, man stoppt den Anbau von GVO-Pflanzen in der ganzen Welt oder wir schließen unsere Grenzen.“

Mit der neuen Verordnung ziehen auch Handelskonflikte herauf.

  • Die EU-Vorschriften zur Rückverfolgbarkeit enden an den Grenzen. Im weltweiten Handel gibt es derzeit keine international wirksamen Rechtsmittel, Agrarimporte aus Nicht-EU-Ländern den gleichen Vorschriften zu unterwerfen, wie sie künftig innerhalb der EU gelten.
  • Agrarimporte aus den USA oder Argentinien müssen jedoch dem System zur Rückverfolgbarkeit unterliegen, wenn alle daraus hergestellten Lebensmittel und Zutaten gekennzeichnet werden sollen.
  • Die USA haben bereits gegen die neuen EU-Bestimmungen protestiert. Sie halten sie für unvereinbar mit den bestehenden Handelsverträgen.

Bis die neue Verordnung in Kraft tritt, wird es wohl noch zwei Jahre dauern. Bis dahin, so haben es einige EU-Länder angekündigt, sollen keine weiteren gv-Pflanzen und Lebensmittel genehmigt werden.