John Dalli: Schon bald „technische Lösung“ für Gentechnik-Spuren

(17.09.2010) EU-Verbraucherschutzkommissar John Dalli will das Problem geringfügiger Beimischungen nicht zugelassener gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in Agrarimporten entschärfen. Auf der europäischen Konferenz der „gentechnik-freien“ Regionen kündigte er schon bald eine „technische Lösung“ an. Dalli wies auch auf die neuen Möglichkeiten für die EU-Mitgliedsstaaten hin, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen strenger zu regulieren.

John Dalli, EU-Kommission

EU-Verbraucher- schutzkommissar John Dalli: „Richtige Balance“ zwischen Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik“

José Bové

José Bové, Mitglied des Europäischen Parlaments , in Frankreich bekannt durch Zerstörungen von Feldern mit gv-Pflanzen: „Niemand kann uns zwingen, GVOs zu konsumieren.“

Fotos: GMO-free Europe 2010

In seiner Rede auf der sechsten europäischen Konferenz der „gentechnik-freien“ Regionen in Brüssel erläuterte EU-Verbraucher- schutzkommissar John Dalli die aktuelle Gentechnik-Politik der EU. Damit die europäischen Konsumenten beim Kauf ihrer Lebensmittel Wahlfreiheit haben, müsse es verschiedene landwirtschaftliche Systeme mit und ohne Gentechnik geben.

Nach den im Juli von der EU-Kommission beschlossenen neuen Koexistenz-Leitlinien können die Mitgliedstaaten nun weitaus strengere Maßnahmen als bisher erlassen, um GVO-Einträge in konventionelle oder ökologische Produkte zu vermeiden.

Zum ersten Mal wurde den Mitgliedstaaten das Recht eingeräumt, GVO-freie Zonen zu errichten. „Die Erfahrungen der letzten Jahre hatten gezeigt“, sagte Dalli, „dass unter bestimmten ökonomischen oder natürlichen Bedingungen eine Koexistenz nicht möglich ist.“ Dalli zeigte sich überzeugt, dass mit den neuen Koexistenz-Leitlinien die „richtige Balance“ gewahrt werde zwischen den Erfordernissen einer GVO-freien Landwirtschaft und dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen.

Zugleich unterstrich Dalli, dass das EU-weite GVO-Zulassungsverfahren „uneingeschränkt“ beibehalten werde. Es ist „das weltweit strengste“ und „basiert auf Wissenschaftlichkeit, Sicherheit und Wahlfreiheit“.

Dalli wies die Teilnehmer der Konferenz darauf hin, dass vor allem im Bereich der Futtermittel die Nutzung von GVO eine ökonomische Realität sei. In der EU sind 85 bis neunzig Prozent der gehandelten Futtermittel als „gentechnisch verändert“ gekennzeichnet, ebenso 95 Prozent der eingeführten Sojabohnen. Die europäische Fleischerzeugung sei auf Futtermittel-Importe aus Süd- und Nordamerika angewiesen.

Die Kommission will nun eine „technische Lösung“ für das Problem geringfügiger Spuren von in der EU noch nicht zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen finden. Da in Nord- und Südamerika verschiedene gv-Mais und gv-Sojapflanzen angebaut werden, die in der EU noch nicht als Lebens- und Futtermittel zugelassen sind, sind geringfügige GVO-Einträge kaum zu vermeiden. Werden solche GVO in Futtermittelimporten nachgewiesen, durften diese bisher - unabhängig von der Höhe des Anteils - nicht in die EU eingeführt werden.

Nun will die Kommission eine technische Richtlinie für Probenahme und Analysemethoden erlassen. Darin soll der niedrigste GVO-Gehalt definiert werden, bei dem eindeutige Messungen möglich sind. Bei GVO-Gehalten unter 0,1 Prozent liefern die Nachweisverfahren wenig aussagekräftige, oft stark voneinander abweichende Ergebnisse.

Die „technische Lösung“ sei „keine Abkehr von der bisherigen Nulltoleranz“, so Dalli. Damit werde jedoch die Gefahr einer Futtermittelknappheit und damit von Wettbewerbsnachteilen für die europäische Fleischerzeugung reduziert.