Regionale Unterschiede in der Gentechnik-Politik führen zu Problemen im Agrarhandel

(11.07.2009) Weltweit kommen immer mehr gentechnisch veränderte Pflanzen auf den Markt. In der EU dagegen stagnieren die Zulassungen. Ein Gutachten der „Gemeinsamen Forschungsstelle“ der EU-Kommission sieht in dieser Ungleichzeitigkeit große Probleme für den weltweiten Agrarhandel.

Aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorschriften, aber auch wegen abweichender politischer Bewertung der Grünen Gentechnik werden gentechnisch veränderte Pflanzen weltweit nicht gleichzeitig zugelassen. Diese „asynchrone Zulassungspraxis“ führt zu wachsenden Problemen im weltweiten Agrarhandel, so das Gutachten der EU-Forschungsstelle (JRC, Joint Research Centre).

Einige Länder, darunter auch die EU, schreiben gesetzlich vor, dass im Einfuhrland nicht zugelassene gv-Pflanzen grundsätzlich nicht eingeführt werden dürfen, auch wenn ihr Anbau im Erzeugerland erlaubt ist und sie dort als sicher bewertet wurden. Selbst geringste Spuren solcher nicht zugelassenen gv-Pflanzen haben zur Folge, dass die betreffenden Agrarlieferungen an den Grenzen zurückgewiesen werden. Diese „Null Toleranz“-Politik der EU hat in der Vergangenheit mehrfach zu Einfuhrverboten vor allem von Futtermitteln geführt.

Das JRC-Gutachten erwartet, dass Folgeprobleme der asynchronen GVO-Politik weiter zunehmen werden. Derzeit werden weltweit etwa 30 verschiedene gv-Pflanzen (Events) kommerziell genutzt, bis 2015 rechnen die JRC-Wissenschaftler mit einem Anstieg auf 120. Hinzu kommt, dass in einigen Ländern Kreuzungen aus zwei verschiedenen gv-Pflanzen (stacked gens) als neue gv-Pflanzen angesehen werden, die ein eigenes Zulassungsverfahren durchlaufen müssen. In anderen Ländern werden solche Kreuzungen toleriert, wenn die beiden Ausgangslinien zugelassen sind.

Sollte die EU bei ihrer „Null Toleranz“ für nicht zugelassene gv-Pflanzen bleiben, dürfte es zunehmend schwieriger werden, auf dem Weltmarkt Agrarprodukte zu bekommen, die frei von jeglicher Beimischung der zahlreichen gv-Pflanzen sind, die in anderen Ländern angebaut werden, jedoch in der EU nicht zugelassen sind. Das JRC-Gutachten erwartet, dass die Preise für solche Agrarprodukte deutlich steigen werden. Die EU ist auf den Import von Futtermitteln angewiesen.

Auch ein von der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) herausgegebener Report erwartet weltweit einen deutlichen Anstieg bei der kommerziellen Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen. Bis 2015 sollen gv-Sorten zu 76 Prozent zur weltweiten Sojaerzeugung beitragen, bei Baumwolle wird ein GVO-Anteil von 45 Prozent erwartet, bei Mais und Raps zwanzig Prozent. Der OECD-Report prognostiziert, dass bei Bohnen, Erdnüssen, Gerste, Kartoffeln, Reis und Sonnenblumen herbizid- oder insektenresistente gv-Sorten ab 2015 Marktreife erlangen könnten. Bei weiteren Nutzpflanzen wie Weizen, Äpfeln, Reis oder Tomaten soll die Entwicklung neuer Sorten mit veränderter Produktqualität oder agronomischen Merkmalen so weit fortgeschritten sein, dass eine Markteinführung ab 2015 möglich erscheint.