Percy Schmeiser

Patentgebühren wider Willen? Der Fall Percy Schmeiser

Patente zwingen die Landwirte in die Abhängigkeit von den Agrokonzernen - sogar dann, wenn diese selbst gar keine patentierte Sorten nutzen, sondern eine patentierte Pflanze scheinbar zufällig in ihre konventionellen Bestände einkreuzt. Das war die Botschaft, die der kanadische Rapsfarmer Percy Schmeiser in den 2000er Jahren auf ausgedehnten Vortragsreisen durch Deutschland verbreitete. Ein Jahr nach seinem Tod (2020) kommt seine Version der Geschichte als Spielfilm („Percy“) in die Kinos. Doch „wahr“ ist sie nicht.

Schmeiser bewirtschaftete in der kanadischen Provinz Saskatchewan etwa 650 Hektar Ackerland. Wie viele Landwirte in der Region baute auch er Raps an. Bei Kontrollen seiner Felder wurde 1997 festgestellt, dass dort gentechnisch veränderter RoundupReady-Raps des Agrounternehmens Monsanto wuchs. Schmeiser hatte jedoch keine Lizenzgebühren an Monsanto entrichtet und wurde daraufhin auf entsprechende Zahlungen verklagt.

Schmeiser bestritt, bewusst RoundupReady-Raps angebaut zu haben. Die Funde auf seinem Feld seien Folge von Einkreuzungen, Pollenflug oder Verwehungen von Transportfahrzeugen. Er gab sich als doppelt geschädigtes Opfer aus: Erst sei seine konventionelle Rapsernte durch den gv-Raps „verunreinigt“ worden und dann habe Monsanto zudem Lizenzgebühren für diese ungewollten Einträge gefordert.

Das Gerichtsverfahren durchlief drei Instanzen bis zum Obersten kanadischen Gerichtshof. Unstrittig ist, dass bei den Kontrollen auf dem fraglichen Feld ein Anteil von 95-98 Prozent RoundupReady-Raps ermittelt wurde– zu hoch, um ihn mit unfreiwilligen Einträgen und Vermischungen erklären zu können. Erwiesen – und von Schmeiser zugegeben – ist, dass er auf einem neben dem RoundupReady-Raps Feld eines Nachbarn gelegenen Randstreifen Roundup-Herbizid (Glyphosat) gespritzt hat. Dadurch konnte Schmeiser erkennen, welche der dort wachsenden Rapspflanzen Roundup-resistent waren. Von diesen behielt er die Samen zurück und bereitete sie zu Saatgut auf, das er 1998 aussäte. Wie das Gericht feststellte, brachte Schmeiser das so gewonnene Saatgut auf einer Fläche von 417 Hektar aus. Hätte er das Saatgut für diese Fläche rechtmäßig erworben, hätte er dafür 15.000 Dollar zahlen müssen.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte in seinem Urteil, dass Schmeiser wissentlich und nicht aus Zufall RoundupReady-Raps angebaut habe. Aus patentrechtlichen Gründen wurden die Linzenzforderungen von Monsanto bisher nicht in vollem Umfang anerkannt. Schmeiser musste jedoch Prozess- und Anwaltskosten in Höhe von 400.000 Dollar tragen.

Später gab es einen weiteren Rechtstreit zwischen Schmeiser und Monsanto. 2005 hatte Schmeiser erneut auf seinem Rapsfeld einzelne RoundupReady-Rapspflanzen gefunden. Er ließ diese Pflanzen beseitigen und verklagte Monsanto auf die Übernahme der Kosten.

Solcher Durchwuchs- oder Ausfallraps ist nicht ungewöhnlich. In mehreren ähnlichen Fällen hatte Monsanto die Kosten übernommen, aber von den betreffenden Landwirten eine Erklärung verlangt, auf weitere Ansprüche zu verzichten.

Dieser neue Streit endete mit einem Vergleich. Monsanto zahlte 660 Dollar für die Entfernung der Rapspflanzen, Schmeiser stellt im Gegenzug Monsanto von allen weiteren Forderungen frei, die mit Durchwuchs- und Ausfallraps verbunden sein könnten.

Gentechnisch veränderte Pflanzen und Patente: Ist der Fall Schmeiser auch in Deutschland denkbar?
In der Regel sind gentechnisch veränderte Pflanzen patentiert. Für die Nutzung der durch das Patent geschützten „Erfindung“ sind Lizenzgebühren an den Inhaber des Patents zu zahlen.
In Nordamerika müssen die Landwirte eine Gebühr (tech fee) direkt an den Patentinhaber abführen, wenn sie Saatgut mit einer patentierte Technologie nutzen - im Fall von Percy Schmeiser eben an Monsanto.
In Deutschland (und Europa) ist es der Pflanzenzüchter, der an den Patentinhaber zahlt. Die Patentgebühren werden in den Saatgutpreis eingerechnet.
Gelangt ein patentiertes Gen – beispielsweise durch Wind- oder Insektenbestäubung – zufällig und unwissentlich in eine konventionelle Pflanze, muss der Landwirt dafür keine Patentgebühren zahlen. Wenn ein Landwirt seine Ernte jedoch erneut aussät oder gar daraus selbst Saatgut erzeugt, muss er Nachbaugebühren entrichten. Das gilt für alle lizensierten Sorten, gleich ob sie unter Sorten- oder Patentschutz stehen. - Bei Hybridsorten ist ein Nachbau nicht erlaubt. Doch das lohnt sich jedoch für den Landwirt ohnehin nicht, denn Nachkommen von Hybridsorten sind deutlich weniger ertragsreich und robust als die Ausgangslinien.


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