Farmer mit Zuckerrübe

USA: Lebensmittelkonzerne meiden Gentechnik-Rüben

(07.03.2017) Die Zuckerrüben-Anbauer in den USA geraten zunehmend unter Druck. Immer mehr große Lebensmittelunternehmen wollen für ihre Produkte keinen Zucker mehr aus gentechnisch veränderten Zuckerrüben. Sie reagieren damit auf die steigende Nachfrage nach „nicht-GVO“-Produkten. Da nahezu alle der in den USA angebauten Zuckerrüben gentechnisch verändert sind, steigt die Nachfrage nach Zuckerrohr.

Zuckerrüben Ernte in den USA

Zuckerrüben sind in den USA zu nahezu 100 Prozent gentechnisch verändert. Mehr als die Hälfte der einheimischen Zuckerproduktion stammt aus Zuckerrüben.

Gv-Zuckerüben sind resistent gegenüber dem Wirkstoff Glyphosat, der unter dem Markennamen Roundup als Breitbandherbizid eingesetzt wird. Themen wie das vermehrte Auftauchen von glyphosat-resistenten „Superunkräutern“ sowie auch die Kritik an dem Unkrautvernichter Glyphosat geraten auch in den USA zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit.

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Schon seit 2008 bauen Landwirte in den USA gv-Zuckerrüben an, vor allem in den nord-westlichen Bundesstaaten wie Idaho, Montana, Wyoming, Colorado oder Minnesota. Das Anbau-Konzept aus herbizidresistenter Pflanze plus dem zugehörigen Breitbandherbizid Glyphosat ist für die Landwirte offenbar so effizient und wirtschaftlich, dass 2015 nahezu alle in den USA geernteten Zuckerrüben gentechnisch verändert waren.

Zuckerrüben wachsen langsam und sind gegenüber Unkräutern nicht sehr konkurrenzstark. Unkrautkontrolle spielt von daher eine wichtige Rolle im Zuckerübenanbau und wurde durch den Anbau der gv-Rüben erheblich vereinfacht. Statt bis zu sieben Mal eine Mixtur aus verschiedenen Herbiziden zu spritzen, muss nur noch ein Herbizid in weniger Spritzgängen ausgebracht werden. Zudem konnten die Erträge deutlich gesteigert werden. Der Präsident von Amalgamated Sugar, der zweitgrößten Zuckerkooperative des Landes, John McCreedy gab bei Idaho Buisness Review an, dass die Erträge der zur Kooperative gehörenden 750 Landwirte seit Einführung der gv-Zuckerrüben um 63 Prozent pro Acre (1 ac = 0,4 ha) angestiegen seien.

Überwiegen aus Sicht der Landwirte die Vorteile des GVO-Anbaus, so sind die us-amerikanischen Verbraucher hingegen zunehmend skeptisch gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln eingestellt. Die Nachfrage nach gentechnik-freien Lebensmitteln ist stark gestiegen und entsprechend die Zahl der als „nicht-GVO“ gekennzeichneten Produkte. 2009 seien laut Idaho Buisness Review 1,9 Prozent der Lebensmittel und Getränke entsprechend gekennzeichnet gewesen, 2015 dann schon 15,7 Prozent.

Die großen Lebensmittelkonzerne stellen sich auf den neuen „nicht-GVO“-Trend ein. Firmen wie Hershey, Danone, Del Monte oder Ben and Jerry’s gehen dazu über, nur noch Zucker aus Zuckerrohr für ihre Produkte zu verwenden. Nicht mehr allein Preis und Qualität sind entscheidend für die Wahl zwischen Rohr- und Rübenzucker, sondern die Möglichkeit, das Endprodukt als GVO-frei zu vermarkten. Der Kommunikationschef von Hersheys sagte bereits Ende 2015 in StarTribune, dass der Wechsel nichts mit der Sicherheit von Zucker aus gv-Rüben zu tun habe, sondern einzig und allein mit dem, was der Verbraucher wolle.

Bislang ist auch weiterhin unklar, ob Zucker aus gv-Rüben in Zukunft gekennzeichnet werden muss. Ein bundesweites Gesetz zur Kennzeichnung wurde zwar im Juli 2016 verabschiedet. Um die Details auszuarbeiten, hat die US-Landwirtschaftsbehörde USDA (United States Department of Agriculture) allerdings noch bis Mitte 2018 Zeit. Die Lebensmittelbehörde FDA (Food & Drug Administration) weist daraufhin, dass hochgradig verarbeitete Lebensmittel wie Öl oder Zucker voraussichtlich nicht gekennzeichnet werden müssen, da sie nicht notwendigerweise genetisches Material enthalten. So sieht das auch John McCreedy von Amalgamated Sugar. „Zucker enthält weder DNA noch Protein“, sagt er. Die gentechnisch veränderten Teile der Rübe würden bei der Herstellung von Zucker entfernt. Deshalb sei der Zucker aus gv-Rüben und konventionellen Rüben physikalisch und vom Nährwert her identisch.

Dennoch, etwa 15 Prozent der Abnehmer habe Amalgamated Sugar bereits verloren. In den Anbauzahlen des National Agricultural Statistics Service (NASS) lässt sich diese Entwicklung noch nicht eindeutig ablesen. Von 2014 bis 2016 sind die Zuckerrüben-Anbauflächen um lediglich etwa zwei Prozent zurückgegangen. Offenbar ist die gestiegene Nachfrage nach Zuckerrohr aber nicht mehr allein durch die inländische Produktion etwa in Florida oder Louisiana im Süden der USA zu decken. Mitte vergangenen Jahres erweiterte die USDA das Importlimit für Zuckerrohr um 181,5 Tausend Tonnen, wovon 30 Prozent aus Mexiko kommen.

Eine Umstellung zurück zu konventionellen Zuckerrüben kommt für die meisten Landwirte wohl nicht infrage. Die dürfte schon allein deshalb nicht ganz einfach sein, weil derzeit kein konventionelles Saatgut mehr verfügbar ist. Außerdem vermindern gv-Zuckerrüben aus ihrer Sicht den nötigen Arbeitseinsatz und schonen die Umwelt. „Wenn Sie mit den Landwirten reden, so McCreedy, „werden sie sagen, dass sie nicht zu konventionellen Zuckerrüben zurück wollen, sie sagen, ich will nicht auf dem Boden rumkraxeln, um mit der Hacke Unkraut zu jäten und auch nicht mehr Chemie aufs Feld bringen.“