Maiskolben 2

Gentechnischer Mais 1507: Wird er bald in Deutschland angebaut? Ist das ein Risiko?

Es ist schon lange her, dass in der EU ein gentechnisch veränderter Mais für den Anbau zugelassen wurde. 1998 erhielten nach den damals geltenden Vorschriften drei gv-Maissorten eine Anbaugenehmigung. Nur eine davon - MON810 - ist bis heute für den Anbau zugelassen und wird vor allem in Spanien auch tatsächlich angebaut. 2014 sah es so aus, als könne es nun bald eine weitere Anbauzulassung geben - für Mais 1507. Die politischen Diskussionen, die dadurch ausgelöst wurden, führten zu einer Änderung der EU-Gesetze: Nun können einzelne Länder den Anbau einer gv-Pflanze bei sich verbieten. Deutschland hat davon Gebrauch gemacht - in Bezug auf Mais 1507, aber auch weitere gv-Maissorten (Events, die sich im Zulassungsverfahren befinden).

Frage: Seit vielen Jahren gab es in der EU keine neue Anbauzulassung für gentechnisch veränderten Mais. Wieso sollte plötzlich Mais 1507 für den Anbau zugelassen werden?

Antwort: Die Firmen Pioneer Hi Bred International und Dow Agrosciences hatten bereits 2001 in Spanien die Anbau-Zulassung für den Mais 1507 eingereicht. 2005 schloss die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die vorgeschriebene Sicherheitsbewertung ab: 1507-Mais sei genauso sicher für Mensch, Tier und Umwelt wie konventioneller Mais. Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es keine Bedenken gegen den Anbau. Dieses Ergebnis wurde jedoch unter Hinweis auf neuere Studien mehrfach angezweifelt und zur erneuten Überprüfung an die Behörde zurückgegeben.

Aber auch nachdem die EFSA mehrfach ihre frühere Bewertung bestätigt hatte, ging es im Zulassungsverfahren nicht voran. Die EU-Kommission ließ es über Jahre einfach ruhen. Schließlich klagte die Firma Pioneer beim europäischen Gerichtshof gegen die EU-Kommission wegen Untätigkeit. Und bekam Recht. Die Kommission hat daraufhin vorgeschlagen, den Anbau von Mais 1507 unter bestimmten Auflagen zu erlauben. Am 11. Februar 2014 stimmten die Mitgliedstaaten im Ministerrat darüber ab, ohne jedoch zu einer qualifizierten Mehrheit - dafür oder dagegen - zu kommen. Jetzt war nach den europäischen Verträgen die EU-Kommission verpflichtet, entsprechend der wissenschaftlichen Stellungnahme der EFSA die Zulassung zu erteilen. Das Verfahren wurde allerdings ausgesetzt, um erst noch eine Änderung der EU-Gesetze - die Möglichkeit nationaler Anbauverbote - zu beschließen. Außerdem wurde die EFSA ein weiteres Mal aufgefordert, ihre Sicherheitsbewertung zu überprüfen, da in Spanien und Frankreich die dort nicht heimische Wildform des Maises, Teosinte, aufgetaucht war. Nachdem die Behörde ihre Sicherheitsbewertung erneut bestätigte, geht der Antrag nun wieder zur Abstimmung durch die Ausschüsse.

Zur Verwendung als Lebens- und Futtermittel ist 1507-Mais bereits seit einigen Jahren in der EU uneingeschränkt zugelassen. Er wird in USA, Kanada und mehreren mittel- und südamerikanischen Ländern angebaut.

Was ist 1507 für ein Mais?

Mais 1507 ist ein Bt-Mais, d.h. er bildet durch eine gentechnische Veränderung in allen Pflanzenteilen einen insektiziden Stoff – Bt-Protein. Das Bt-Protein in Mais 1507 heißt Cry1F und ist - wie auch Cry1Ab in Mais MON810 - wirksam gegen verschiedene Schad-Schmetterlinge wie den Maiszünsler. Der Maiszünsler ist ein kleiner grau-brauner Schmetterling, dessen Raupen sich durch die Maisstängel fressen und großen Schaden anrichten. In Regionen mit starkem Zünslerbefall kann der Anbau von Bt-Mais Vorteile bringen: Er wirkt gezielt und sehr effektiv. Der Landwirt kann auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichten.

Mais 1507 ist außerdem tolerant gegenüber dem Wirkstoff Glufosinat, der Unkräuter abtötet. Das Gen für diese Eigenschaft wurde als sogenanntes Markergen in den Mais eingebracht, das für die Herstellung der gentechnisch veränderten Pflanzen benötigt wird. Beim landwirtschaftlichen Anbau darf diese Eigenschaft nicht genutzt werden. Zudem ist die Anwendung von Glufosinat in Europa nur noch eingeschränkt erlaubt und in Deutschland für den Einsatz im Maisanbau seit November 2013 nicht mehr zugelassen. Ein Anbau von Mais 1507 in Kombination mit dem Herbizid Glufosinat ist in Europa ausgeschlossen.

Es ist zu hören, dass Mais 1507 um ein Vielfaches „giftiger“ sei als MON810. Ist da was dran?

Bacillus thuringiensis (Bt) ist ein biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel. Bt-Protein wird von Bacillus thuringiensis zunächst in einer ungiftigen Form gebildet. Erst im Darm bestimmter Fraßinsekten wird es in eine giftige Variante umgewandelt. Im Gegensatz zu vielen chemischen Insektiziden ist Bt-Protein für den Menschen harmlos und wird schnell abgebaut. Bei Bt-Präparaten, die vor allem der ökologische Landbau nutzt, werden Bakteriensporen äußerlich als Insektizid aufgebracht. Bei Bt-Pflanzen wird Bt-Protein in den Pflanzen selbst gebildet.

In Blättern, Kolben oder Wurzeln bildet 1507-Mais ähnlich viel Bt-Protein wie MON810, im Pollen allerdings sehr viel mehr (etwa 300-mal so viel wie in MON810).

Das könnte für bestimmte Nicht-Zielorganismen - im Falle von Mais 1507 sind dies vor allem Schmetterlingsarten – ein erhöhtes Risiko bedeuten.

Sind denn andere Schmetterlingsarten als der Maiszünsler durch Mais 1507 gefährdet?

Da Bt-Mais sehr spezifisch gegen Schmetterlinge wirkt, könnte er auch anderen Schmetterlingen als dem Maiszünsler schaden. Diese Möglichkeit ist in zahlreichen Forschungsprojekten intensiv untersucht worden. In Laborversuchen zeigte sich, dass Schmetterlinge je nach Art unterschiedlich empfindlich auf verschiedene Bt-Proteine reagieren.

So reagierten Larven des Monarchfalters auf das Bt-Protein aus Mais 1507 (Cry1F) 10.000-mal weniger empfindlich als auf das Bt-Protein, das von Mais MON810 gebildet wird (Cry1Ab). Eine andere Schmetterlingsart, die Wachsmotte, vertrug 1507-Maispollen hingegen deutlich schlechter als anderen Pollen. Das könnte daran liegen, dass diese Schmetterlingsart besonders empfindlich auf dieses Bt-Protein reagiert, aber auch daran, dass der Pollen von 1507-Mais deutlich mehr Bt-Protein enthält als z.B. MON810.

Die Empfindlichkeit allein sagt aber noch nichts aus über eine mögliche Gefährdung von Schmetterlingen. Entscheidend ist, in welchem Maße sie in der Agrarlandschaft mit Maispollen in Berührung kommen. Die meisten Schmetterlinge leben nicht in Maisfeldern und die Pollenmengen, die auf ihren Futterpflanzen in der Nähe von Maisfeldern landen, reichen in der Regel nicht aus, um die Schmetterlingspopulationen zu gefährden.

2010 entwickelten Wissenschaftler aus fünf europäischen Ländern ein mathematisches Modell, mit dem die Gefährdung von Schmetterlingen durch gentechnisch veränderten Bt-Mais abgeschätzt werden kann. Dieses Modell wurde von der EFSA auf Mais 1507 angepasst. Demnach bleibt die Sterblichkeit für hoch empfindliche Schmetterlingsarten unterhalb von einem Prozent, wenn der Maisanbau weniger als fünf Prozent beträgt. Aus Sicht der Behörde sind dann keine Schutzmaßnahmen erforderlich. Bei intensiverem Maisanbau empfiehlt die EFSA als effektive Schutzmaßnahme, einen Streifen konventionellen Mais zwischen gv-Mais und Feldrand anzupflanzen. Bei Naturschutzgebieten kann ein Abstand von 30 Metern die Sterblichkeit hochempfindlicher Schmetterlingsarten unterhalb von 0,5 Prozent halten.

Kann sich Mais 1507 unkontrolliert in der Umwelt ausbreiten?

Mais wurde züchterisch an europäische Verhältnisse angepasst, so dass er hier kultiviert werden kann. Doch außerhalb bewirtschafteter Felder können Maispflanzen nicht überleben. Das ist bei gentechnisch verändertem Mais nicht anders als bei herkömmlichem Mais.

Bislang wurde auch davon ausgegangen, dass es in Europa keine verwandten Pflanzenarten oder Wildformen des Maises gibt, die sich mit dem gentechnisch veränderten Mais kreuzen könnten. In Spanien wurden aber vor kurzem Teosinte-Pflanzen gefunden. Teosinte ist die in Mexiko beheimatete Wildform des Maises.

Da es eine wesentliche Voraussetzung für die Anbau-Genehmigung ist, dass es in der EU keine verwandten Pflanzenarten gibt, beauftragte die Kommission die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA mit der Auswertung der vorliegenden Daten. In ihrem Ende September 2016 vorgelegten Gutachten kommt die EFSA zu dem Schluss, dass keine Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten seien, sofern Maßnahmen zur Bekämpfung von Teosinte und ihrer Nachkommen in landwirtschaftlichen Gebieten ergriffen werden. Die bisherige Sicherheitsbewertung bleibe von daher gültig.

Könnten beim großflächigen Anbau von Bt-Mais die Schädlinge nicht auf Dauer unempfindlich werden gegenüber dem Wirkstoff?

Früher oder später entwickeln Schädlinge Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel, mit denen sie bekämpft werden. So ist es auch denkbar, dass der Maiszünsler gegen Bt-Protein unempfindlich wird. Damit würde das Bt-Konzept hinfällig und auch klassische Bt-Präparate nicht mehr greifen. Deshalb sind für den großflächigen Anbau in den USA so genannte Refugien vorgeschrieben, Flächen auf denen weiterhin konventioneller Mais angebaut wird. Da die Schädlinge Ausweichflächen haben, werden entstehende Resistenzen immer wieder „ausgedünnt“. Bislang ist diese Strategie bei Bt-Mais, der gegen den Maiszünsler wirkt, erfolgreich. Es wurden noch keine resistenten Maiszünsler gefunden.

Der Anbau von 1507-Mais hatte aber vor einigen Jahren in Puerto Rico sehr schnell innerhalb von drei Jahren zur Resistenzbildung bei einem anderen Maisschädling, einem Eulenfalter, geführt. Daraufhin wurde 1507-Mais dort von den Hersteller-Firmen vom Markt genommen.

Mit vorbeugenden Maßnahmen lässt sich die Bildung von Resistenzen deutlich verzögern. So hat sich gezeigt, dass die Bereitstellung von Refugienflächen in Kombination mit einem ausreichend hohen Bt-Gehalt in den Pflanzen die Resistenzentwicklung aufhalten kann. Die EFSA empfiehlt deshalb, auf zwanzig Prozent der Anbaufläche herkömmlichen Mais anzubauen, wenn in einer Region mehr als fünf Prozent Mais angebaut wird. Außerdem soll an sogenannten Hotspots – dort, wo intensiv 1507-Mais angebaut wird und Schädlinge mit mehreren Generationen im Jahr vorkommen – die Resistenzentwicklung beobachtet werden.

Kann es sein, dass dieser Mais 1507 auch in Deutschland angebaut wird?

Nein. Deutschland hat zusammen mit 18 weiteren EU-Ländern der Kommission mitgeteilt, dass der Anbau von Mais 1507 verboten wird und sich dabei auf die neue Ausstiegsklausel in den EU-Gesetzen berufen. Dem hat das antragstellende Unternehmen - in diesem Fall Pioneer - zugestimmt. Deutschland und die anderen Länder bleiben aus dem Geltungsbereich der späteren Zulassung ausgenommen.