Koalitionsverhandlungen: Streit um Grüne Gentechnik

(07.10.2009) Das derzeit in Deutschland geltende Anbauverbot für gentechnisch veränderten Bt-Mais MON810 entwickelt sich zum Streitfall bei den Koalitionsverhandlungen über eine schwarz-gelbe Bundesregierung. Während für die CSU eine Aufhebung des Anbauverbots nicht in Frage kommt, verlangt die FDP, die Nutzung zugelassener gentechnisch veränderte Pflanzen zu erlauben.

„Wir wollen keinen kommerziellen Anbau in Bayern“, sagte der dortige Umweltminister Markus Söder (CSU) in Berlin. Er vertritt die CSU in der Arbeitsgruppe Agrar, Umwelt und Verbraucherschutz, die heute in Berlin zusammentrat. Sie ist eine von elf Arbeitsgruppen, die auf fachpolitischer Ebene eine spätere Koalitionsvereinbarung aushandeln sollen. Eine Aufhebung des von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) verhängten Anbauverbots sei für Söder „nicht akzeptabel“. Forschung im Bereich Gentechnik solle jedoch weiter möglich sein.

Die FDP will das Verbot dagegen wieder aufheben. Auch der Anbau der gv-Amflora-Kartoffel mit veränderte Stärkezusammensetzung solle stärker unterstützt werden. Für die kommerzielle Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen und mehr Forschung auf diesem Gebiet macht sich vor allem die FDP-Bundestagsabgeordnete Christel Happach-Kasan stark. Auch der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) sagte in Berlin, die Chancen der Grünen Gentechnik sollten genutzt werden. Sander ist ebenso wie Happach-Kasan Mitglied der Arbeitsgruppe.

Fraglich erscheint jedoch, ob die künftige Bundesregierung überhaupt den politischen Spielraum hat, ein dauerhaftes nationales Anbauverbot für in der EU zugelassene gv-Pflanzen zu beschließen. Nach den derzeitigen EU-Rechtsvorschriften gilt eine EU-weit erteilte Zulassung für alle Mitgliedsländer. Ein zeitlich begrenztes Aussetzen einer Anbauerlaubnis in einem EU-Land ist nur möglich, wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse über mögliche Risiken vorliegen. Diesen Spielraum hatte Landwirtschaftsministerin Aigner genutzt, als sie im April die Erlaubnis zum Anbau von MON810-Mais aussetzte. Das Hauptverfahren über die Klage, die Monsanto gegen das Verbot eingereicht hatte, ist noch nicht abschließend entschieden.

Inzwischen hat die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA die Sicherheit von MON810-Mais erneut bewertet. Auch unter Berücksichtigung neuer Untersuchungen sehen die EFSA-Experten keinen wissenschaftlichen Grund, die Anbauzulassung für MON810 zu versagen. Folgt die EU der Empfehlung ihrer Fachbehörde, dürfte ein nationales Anbauverbot kaum aufrecht zu halten sein.

Zwar fordert die CSU seit längerem, dass nicht mehr die EU, sondern einzelne Mitgliedstaaten oder sogar Bundesländer wie Bayern politisch über den Anbau von gv-Pflanzen entscheiden sollen. Auch der alte und neue Kommissionspräsident Barroso hatte kürzlich angedeutet, dass er sich eine solche Lösung vorstellen könne. Doch: Bisher gibt es keinen konkreten Vorschlag, wie sie in Übereinstimmung mit den EU-Verträgen und im Rahmen des gemeinsamen Binnenmarktes umgesetzt werden könnte.