Protest vor Greenpeace: Der Kampf um den Goldenen Reis

(17.01.2014) Mit einer medienwirksamen Protestaktion vor der deutschen Greenpeace-Zentrale in Hamburg hat der kanadische Mitbegründer der Umweltorganisation, Patrick Moore, dafür demonstriert, die Freigabe des gentechnisch veränderten Golden Rice nicht länger zu blockieren. Längst ist dieser zu einem Symbol für den weltweiten Konflikt um die Gentechnik geworden: Für die einen „rettet er Menschenleben“, für die anderen ist er eine „gefährliche Illusion“. Doch die Strategie, Grundnahrungspflanzen mit Mikronährstoffen wie Vitamin A anzureichern, um so den „versteckten Hunger“ zu bekämpfen, wird nicht nur bei Reis verfolgt - und auch nicht nur mit gentechnischen Verfahren.

Golden Rice, Demo Greenpeace

Vor der Greenpeace-Zentrale in Hamburg: Patrick Moore (Mitte), Ingo Potrykus, mit Peter Beyer der Erfinder des Golden Reises (rechts) und Horst Rehberger, Vorsitzender des Forums Grüne Vernunft (links).

Foto: Forum Grüne Vernunft

Versteckter Hunger (Hidden Hunger)

unzureichende Versorgung mit Mikronährstoffen (Vitamin A, Eisen Zink)

-Folge von einseitiger Ernährung mit stärkereichen Grundnahrungsmitteln, vor allem Reis, Cassva (Maniok), Hirse, Süßkartoffeln, Mais und Kochbananen

-etwa ein Drittel der Menschheit betroffen (WHO), vor allem in Asien und Afrika

-etwa 127 Millionen Kinder im Vorschulalter leiden unter Vitamin A-Mangel, bis zu 500.000/Jahr erblinden, etwa die Hälfte stirbt innerhalb eines Jahres nach der Erblindung (WHO)

Noch immer ist der mit Vitamin A angereicherte Golden Rice weltweit in keinem Land zugelassen. Gerade wurde bekannt, dass die für 2014 erwartete Freigabe auf den Philippinen erneut verschoben wurde. Nun soll 2016 die Abgabe des Saatguts an die Landwirte beginnen.

Für Moore und seine AllowGoldenRiceNow-Kampagne liegt die Verantwortung dafür bei Greenpeace. Seit Jahren habe die Organisation Freilandversuche und Fortschritte bei der Zulassung verhindert. In dieser Zeit seien acht Millionen Kinder durch Vitamin A-Mangel erblindet oder gestorben. „Die Aktionen von Greenpeace sind ein Verbrechen gegen die Menschheit und müssen gestoppt werden“, so Moore auf einer Pressekonferenz in Berlin. Im August 2013 hatten Gegner des Projekts ein Golden Rice- Versuchsfeld des Internationalen Reisforschungsinstituts (IRRI) zerstört.

Auch Greenpeace sieht in der „mangelhaften Versorgung mit dem wichtigen Nährstoff Vitamin A eines der bedeutendsten Ernährungsprobleme in vielen Ländern vor allem Afrikas und Südostasiens.“ Es gebe jedoch bereits jetzt „einfache und bewährte Strategien“, so Greenpeace in einer aktuellen Presseerklärung und verweist auf Erfolge, die durch Verteilung von Präparaten und Beimischungen in Grundnahrungsmitteln erzielt worden seien. Der Goldene Reis sei eine „gefährliche Illusion“, die als „riskant und untauglich“ abgelehnt wird.

Anders als chemische Präparate haben mit Mikronährstoffen wie Vitamin A, Eisen oder Zink angereicherte Pflanzen jedoch einen entscheidenden Vorteil: Die Landwirte vermehren sie, geben sie weiter und bauen sie Jahr für Jahr an. Dabei produzieren die Pflanzen auf Feldern „nebenbei“ die benötigten Nährstoffe, die sonst chemisch erzeugt und aufwändig verteilt werden müssten.

Deswegen setzen nationale und internationale Programme auf Biofortifcation - die Anreicherung von Mikronährstoffen in Pflanzenarten, die in bestimmten Regionen Grundnahrungsmittel sind. Unterstützt von Stiftungen und Forschungseinrichtungen aus den USA und Europa sind bereits erste Erfolge zu verzeichnen. So wird in Nigeria eine mit modernen molekularbiologischen - aber nicht gentechnischen - Verfahren entwickelte Cassava (Maniok) angebaut, die einen deutlich erhöhten Vitamin A-Gehalt besitzt und etwa ein Viertel des Tagesbedarfs deckt. Dazu wurden Vitamin A-reiche südamerikanische Sorten eingekreuzt.

Parallel dazu setzen die Pflanzenforscher auch gentechnische Verfahren ein: Damit können entsprechende Eigenschaften aus anderen Pflanzen wie der Ackerschmalwand genutzt werden, die zu einem deutlich höheren Vitamin A-Gehalt führen. Diese gentechnisch veränderten Cassava-Linien, die derzeit im Gewächshaus getestet werden, könnten den gesamten Tagesbedarf an Vitamin A decken.

Ähnliche Projekte laufen mit allen wichtigen stärkehaltigen Grundnahrungspflanzen: Neben Reis und Cassava auch Hirse, Süßkartoffeln, Kochbananen oder Mais. Es werden verschiedene Forschungsansätze verfolgt, mal mit und ohne Gentechnik.

Doch das umkämpfte Symbol ist der Goldene Reis. Für andere Projekte - vor allem, wenn sie das Reizthema Gentechnik umgehen und mit solchen Verfahren gezüchtet werden, die am Ende zu neuen, aber nicht gentechnisch veränderten Pflanzen führen - interessieren sich Greenpeace und ähnliche Organisationen nicht.