Meldungen 2002, 1. Halbjahr

EU ratifiziert Biosafety Protokoll

(28.6.) Die Europäische Union hat das Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit ratifiziert. Das 2000 untereichnete Abkommen regelt den grenzüberschreitenden Handel mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO). Im Kern schreibt es eine Informationspflicht der Ausfuhrländer vor. Bisher haben das Cartagena-Protokoll 110 Staaten unterzeichnet und zwanzig ratifiziert; 45 weitere haben diesen Schritt in naher Zukunft angekündigt. Damit das Protokoll in Kraft tritt, sind fünfzig Ratifizierungen erforderlich.

Stiftung Warentest: Gentechnik „kaumnoch drin“

(5.6.) Erneut hat die Stiftung Warentest verschiedene Lebensmittel mit mais- oder sojahaltigen Zutaten auf Anteile aus gentechnisch veränderten Pflanzen untersucht. Bei einem ähnlichen Test vor zwei Jahren wurden in 31 von 82 Produkten GVO-Anteile von bis zu zwanzig Prozent gefunden. Diesmal konnte zwar erneut in 27 von 82 Produkten gentechnisch veränderte Mais- und Sojapflanzen nachgewiesen werden. Die Anteile lagen jedoch durchweg unter einem Anteil von 0,1 Prozent. Es handelt sich um Spuren zufälliger Verunreinigungen. Bei einer ähnlichen, von der EU finanzierten Untersuchung in Frankreich, Österreich, Polen, Slowenien und Island wurden ebenfalls GVO-Spuren unter 0,1 Prozent gefunden. Nur drei Produkte hatten deutlich höhere GVO-Anteile. Stiftung Warentest weist darauf hin, dass in bestimmten Produkten wie Sojaöl oder Cornflakes kein GVO-Nachweis möglich ist.

Schweiz: Fünf Jahre Moratorium

(1.6.) Mit knapper Mehrheit hat sich die Wissenschaftskommission (WPK) des Schweizer Nationalrats für ein fünfjähriges Moratorium für den kommerziellen Anbau gentechnisch veränderte Pflanzen ausgesprochen. Die Entscheidung ist ein Kompromiss zwischen der Forderung nach einem zehnjährigen Moratorium und eine Verzicht auf derartige Einschränkungen. Freisetzungsversuche sind von dem Moratorium nicht betroffen.

Entscheidung über GVO-Schwellenwerte beiSaatgut

(10.5.) Die EU-Kommission steht vor der Entscheidung über zulässige Schwellenwerte für unbeabsichtigte Einstäubungen und Beimischungen aus gentechnisch veränderten Pflanzen in Saatgut. Dabei wird die Kommission den Vorschlägen des zuständigen Wissenschaftlichen Ausschusses folgen, der je nach Kulturart unterschiedliche Werte vorgeschlagen hatte: etwa 0,3 Prozent für Raps und 0,5 Prozent für Zuckerrüben, Mais oder Kartoffel und Chicoree. Diese Grenzwerte sind so festgesetzt, dass die aus den jeweiligen Pflanzen hergestellten Lebens- und Futtermittel einen GVO-Anteil von höchstens einem Prozent aufweisen. Bis zu diesem Wert ist keine Kennzeichnung erforderlich. - Die Absichten der Kommission sind umstritten. So forderte etwa das Bundesamt für Naturschutz, den Saatgut-Schwellenwert an der technischen Nachweisgrenze von 0,1 Prozent auszurichten.

Schweiz: Polenta mit GVO-Spuren

(25.4.) In drei Polenta-Produkten des Schweizer Handelsunternehmens Coop wurden Verunreinigungen mit gentechnisch verändertem Mais festgestellt. Dabei handelt es sich um eine herbizidresistente Maissorte (GA 21), die in den USA zugelassen ist, nicht jedoch in der Schweiz, der EU und in Argentinien, von wo der Mais importiert wurde. Der geringe GVO-Anteil von 0,05 Prozent deutet auf Verunreinigungen bei Transport oder Verarbeitung hin. Die Analysen wurden von Greenpeace in Auftrag gegeben. Ein Sprecher der Organisation räumte ein, dass ein Verzehr der Polenta-Produkte „keine gesundheitlichen Folgen“ habe.

Aussaat von fünfzig Tonnen gv-Mais genehmigt

(9.4.) Das Bundessortenamt Hannover hat im März etwa fünfzig Tonnen Saatgut mehrerer gentechnisch veränderter Maissorten zur Aussaat freigegeben. Diese sind zwar seit 1997/98 in der EU gentechnikrechtlich zugelassen. Jedoch liegt die nach dem Saatgutverkehrsgesetz für alle Sorten unabhängig von der Züchtungstechnik erforderliche Zulassung liegt bisher nicht vor. Um mit den herbizid- und insektenresistenten Maissorten Anbauversuche unter praxisnahen Bedingungen durchführen zu können, hat das Bundessortenamt wie schon in den Vorjahren auch für 2002 eine Sonderverkehrsgenehmigung erteilt. Der bei diesen Versuchen geerntete Mais wird überwiegend als Tierfutter verwendet.

Indien genehmigt Bt-Baumwolle

(27.3) Nach drei Jahren heftiger Debatte hat Indien erstmals den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zugelassen. In diesem Jahr sollen bereits 150.000 Hektar mit Bt-Baumwolle bepflanzt werden.

Umfragebei Unternehmen: Die Mehrheit schweigt sich aus

(27.2.) Die Verbraucher-Zentralen haben 441 Lebensmittelhersteller zum Einsatz von Zutaten aus gentechnisch veränderten Organismen in ihren Produkten befragt. Einbezogen wurden auch gentechnische Anwendungen bei Zusatzstoffen, Enzymen und Futtermitteln. Nur 73 Unternehmen schließen in ihren Antworten Gentechnik aus. Die überwiegende Mehrheit hat auf die Befragung nicht reagiert. Dieses von den Verbraucher-Zentralen kritisierte Verhalten dürfte jedoch der Realität entsprechen: Bei Enzymen, Soja-Zutaten, Stärkeverzuckerungsprodukten, Futtermitteln und bestimmten Zusatzstoffen ist es für die Lebensmittelwirtschaft in der Regel nicht möglich, gentechnische Anwendungen definitiv und vollständig auszuschließen.

Ausfür die Anti-Matsch-Tomate

(26.2.) Das Agrounternehmen Zeneca (heute: Syngenta) hat seinen 1998 eingereichten Antrag zurückgezogen, verarbeitete Produkte aus gentechnisch veränderten Tomaten als neuartiges Lebensmittel in der EU zuzulassen. Konserven mit Püree aus diesen Tomaten wurden bis Ende der 90er Jahre in Großbritannien mit Erfolg verkauft. Obwohl der zuständige Wissenschaftliche Ausschuss die Tomatenprodukte als sicher einstufte, wurde die nach der Novel Food-Verordnung erforderliche Genehmigung nicht erteilt. Offenbar konnten sich die Mitgliedsländer nicht auf eine mehrheitliche Entscheidung verständigen.

Bundesregierung: Schwellenwert 1 Prozent

(28.1.) Die zuständigen Bundesministerien haben sich auf einen Schwellenwert von einem Prozent verständigt. Bis zu diesem Anteil sollen gentechnisch veränderte Zutaten von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen werden. Damit bliebe es bei der bestehenden Praxis. Mit der Festlegung auf einen Schwellenwert von einem Prozent wird die Bundesregierung in die Beratungen des EU-Ministerrats über die neue EU-Verordnung für gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel gehen. Wie sich die Mehrheit der EU-Länder dort entscheiden, ist offen.

Keine GVO-Zuckerrüben bis 2004

(24.1.) In einem Positionspapier hat sich die deutsche Zuckerwirtschaft verpflichtet, bis 2004 keinen Zucker zu erzeugen, der aus gentechnisch veränderten Zuckerrüben stammt.

Europäische Lebensmittelbehörde kommt

(22.1.)Der EU-Rat der Landwirtschaftsminister hat die Einrichtung einer Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit beschlossen. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben wird die wissenschaftliche Bewertung der Sicherheit von Lebensmitteln sein. In ihre Zuständigkeit fallen auch gentechnisch veränderte und andere neuartige Produkte. Bis Ende des Jahres sollen Vorstand und wissenschaftlichen Gremien besetzt sein. Vorerst wird die Behörde in Brüssel arbeiten, da sich der Ministerrat nicht auch einen Standort hatte einigen können.

USA:auch 2002 mehr GVO-Anbau

(21.1.) Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuter bei 321 US-Farmern ist mit einem weiteren Anstieg der Anbauflächen für gv-Pflanzen zu rechnen. 2002 sollen gv-Maissorten um 19 Prozent zulegen, Soja um acht Prozent. Bei Baumwolle deutet sich gegenüber 2001 ein Rückgang an. Ein überraschend hoher Anteil von 54 Prozent der befragten Weizenfarmer erklärte, gentechnisch veränderte Weizensorten anbauen zu wollen. Bisher ist noch kein GVO-Saatgut bei Weizen auf dem Markt.

Futter auf der Grünen Woche

(18.1.) Greenpeace-Aktivisten haben die „offzielle“ Futtermischung der Grünen Woche untersucht. Sie fanden darin 16-35 Prozent Anteile aus gentechnisch veränderten Sojabohnen. In einem Fall sollen es sogar achtzig Prozent gewesen sein. Gleichzeitig veröffentlichte die Organisation eine Liste von Lebensmittelherstellern, die bei ihren Produkten auf Futtermittel aus gentechnisch veränderten Pflanzen verzichten. Allerdings: nur ein Erzeuger kontrolliert diese Aussage durch regelmäßige Analysen, die übrigen „bemühen“ sich um gentechnik-freie Futtermittel. Bisher kann in tierischen Lebensmitteln nicht nachgewiesen werden, ob die Tiere GVO-Futter erhalten haben.

GVO-Futtermittel: Bei Importenunvermeidbar

(18.1.) „Es kommen praktisch keine großen Rohstoffpartien ins Land, in denen nicht gentechnisch veränderte Bestandteile nachweisbar sind“, so Vertreter großer Importfirmen vor dem Forum Agrarpolitik des Deutschen Bauernverbandes während der Grünen Woche. Präsident Gerd Sonnleitner wies darauf hin dass jährlich vierzig Mio. Tonnen Getreide, Ölsaaten und Futtermittel in die EU eingeführt werden. Diese stammten überwiegend aus den beim Anbau von gv-Pflanzen führenden Ländern Nord- und Südamerikas. Bei der Entspannung des öffentlichen Konflikts um die Grüne Gentechnik habe die Kennzeichnung eine „Schlüsselstellung“. Auch Verbraucherministerium Künast sprach sich vor dem Agrarforum erneut für Kennzeichnung und Wahlfreiheit der Verbraucher aus. Bei der Frage jedoch, wie und ob Lebensmittel wie Fleisch, Milch oder Eier im Hinblick auf GVO-Anteile im Futter gekennzeichnet werden sollen, machten Künast und Sonnleitner keine konkrete Angaben.

Frankreich: Viele Produkte _mit_Gentechnik

(8.1.) Das französische Verbraucherschutz-Institut (Institut National de la Consommation) hat mehr als hundert Lebensmittelprodukte auf Anteile aus gentechnisch veränderten Pflanzen untersucht. Bei 39 Produkten konnte gv-Soja oder gv-Mais nachgewiesen werden. Mit einer Ausnahme lagen deren Anteile unter dem in der EU gesetzlich festgelegten Schwellenwert von einem Prozent. Erst bei seiner Überschreitung wird eine Kennzeichnung obligatorisch.

Lebensmittelsicherheit: Neue Behörden

(7.1.) In Deutschland nehmen zum 1. Januar zwei neue Behörden formell ihre Arbeit auf: Das weisungsunabhängige Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist künftig für die wissenschaftliche Bewertung der Sicherheit von Lebensmitteln zuständig. Aufgabe des neuen Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist das Risikomanagement: Es wird sich darum kümmern, dass Sicherheitsstandards tatsächlich eingehalten werden. Beide Behörden erhalten Zuständigkeiten bei der Zulassung neuartiger bzw. gentechnisch veränderter Lebensmittel. Es ist geplant, mehrere Abteilungen aus bestehenden Bundeseinrichtungen in BfR und BVL zu verlagern. Hintergrund der Neuorganisation ist die institutionelle Trennung von Risikobewertung und Risikomanagement, wie sie bereits auf europäischer Ebene beschlossen wurde.