Nicht-bräunende Äpfel, Kartoffeln mit weniger Acrylamid: Zulassungsanträge für neue Gentechnik-Produkte in Nordamerika

(21.05.2013) In den USA und Kanada haben kleinere Unternehmen für mehrere neue Produkte aus gentechnisch veränderten Pflanzen Zulassungen beantragt. Sie sollen vor allem den Verbrauchern Vorteile bringen, etwa Äpfel, die nach dem Aufschneiden nicht braun werden, und Kartoffeln, die beim Erhitzen und Frittieren weniger Arcylamide entstehen lassen. Bei beiden Produkten kamen neue, präzisere gentechnische Verfahren ohne Übertragung von Fremdgenen zum Einsatz. Derzeit prüfen die zuständigen Behörden die Anträge. Sowohl die Kartoffeln als auch die Äpfel könnten 2015 oder 2016 auf den Markt kommen. Doch nicht alle sind überzeugt, dass sie sich bei den Verbrauchern und den großen Fast Food-Ketten durchsetzen können.

Fritten

_French Fries_sind beliebte Kartoffelprodukte in den USA. In den gv-Kartoffeln wird die Bildung von bestimmten Stoffen reduziert, die bei der Verarbeitung unter hohen Temperaturen zu gesundheitlich problematischen Acrylamiden umgewandet werden können.

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Arctic Aples

Nicht mehr braun nach dem Aufschneiden: Bei Arctic Apples ist ein bestimmtes Enzym unterdrückt, das für Oxidationsvorgänge an den Schnittflächen verantwortlich ist. Geschnittene Apfelstücke sehen so länger frisch und appetitlich aus.

Foto: Okanagan Speciality Fruits

Die neuen Kartoffeln mit dem Markennamen Innate wurden von der J.R.Simplot Company entwickelt, die sich von einem ländlichen Kleinunternehmen in Idaho zu einem führenden Agrarhändler in den USA entwickelt hat. Vor allem aber: Sie beliefert Fast Food-Ketten wie McDonalds mit Kartoffeln und French fries (Pommes Frites).

Auf die Anforderungen der Ketten zielen auch die neuen gv-Kartoffeln: Sie sollen widerstandsfähiger sein gegen bestimmte Schimmelpilze, deren Befall zu unschönen braunen Flecken führt. McDonalds weist solche nicht ganz makellosen Kartoffeln zurück. Vor allem aber sollen künftig bei der Verarbeitung der Kartoffelprodukte weniger unerwünschte Acrylamide entstehen. Diese stehen im Verdacht, das Erbgut zu verändern und Auslöser von Krebs zu sein. Acrylamide bilden sich bei den für das Aroma wichtigen Bräunungsvorgängen, wenn stärkehaltige Produkte unter hohen Temperaturen gegrillt, gebacken oder geröstet werden, besonders beim Frittieren von Kartoffeln.

Beim Erhitzen der Innate-Kartoffeln sollen weniger Acrylamide entstehen, weil zwei dafür notwenige Ausgangsstoffe in den Knollen reduziert sind: die Aminosäure Asparagin sowie bestimmte Zucker. Um das zu erreichen, haben die Wissenschaftler bei Simplot entsprechende Stoffwechselwege in den Knollen unterdrückt oder eingeschränkt, indem daran beteiligte Enzyme durch eingeführte passende DNA-Sequenzen „abgeschaltet“ wurden (RNA-Interferenz). Aus anderen Pflanzenarten oder Organismen stammende Gene wurden nicht übertragen.

Mehr als zwanzig Feldversuche hat Simplot mit ihren Kartoffeln durchgeführt ohne wesentliche Unterschiede zu konventionellen Sorten feststellen zu können. Nun strebt das Unternehmen die Marktzulassung an. Doch ob sie sich dort behaupten und Konsumenten wie die großen Kartoffelverarbeiter überzeugen können, scheint keineswegs sicher. Bereits Ende der 1990er Jahre hatte Monsanto gentechnisch veränderte Kartoffeln (New Leaf) mit Resistenzen gegen Viren und Schädlinge auf den Markt gebracht. Schon nach fünf Jahren kehrten die Farmer zu den konventionellen Sorten zurück, nachdem McDonalds, FritoLay und andere große Abnehmer sich weigerten, gv-Kartoffeln zu verarbeiten.

Dagegen sehen Simplot und Joe Guenther, ein Agrarökonom an der Universität von Idaho, durchaus Chancen für die Innate-Kartoffel. Da nur Genmaterial aus dem Kartoffel-Genom verwendet wurde, könne sie nicht mit dem Negativ-Begriff „Frankenfood“ belegt werden. Zudem brächten die Innate-Kartoffeln nicht nur den Farmern Vorteile, sondern vor allem den Konsumenten. Doch Umwelt- und Verbraucherverbände sind davon nicht überzeugt und verweisen ähnlich wie die Gentechnik-Gegner in Europa auf fehlende Langzeit-Untersuchungen. Der Verband der Kartoffel-Farmer wartet erst einmal ab, warnte aber Simplot davor, die Fehler von Monsanto zu wiederholen. Damals waren gv-Kartoffeln aus Versehen nach Japan gelangt. Seitdem müssen alle Kartoffel-Exporte nach Japan auf GVO-Anteile getestet werden.

Ähnliche Diskussionen hat auch das zweite auf die Interessen von Verbrauchern zugeschnittene neue GVO-Produkt ausgelöst: Arctic-Äpfel. In USA und Kanda ist die Zulassung von gentechnisch veränderten Golden Delicius und Granny Smith beantragt, die nach dem Anschneiden nicht braun werden und somit länger frisch aussehen sollen. Entwickelt von einem kleinen kanadischen Biotech-Unternehmen Okanagan Specialty Fruits ist bei ihnen mit einer ähnlichen Technologie wie bei den Innate-Kartoffeln ein Gen für ein Enzym (Polyphenol oxidase, PPO) abgeschaltet worden, das Oxidationsprozesse reguliert und so die Braunfärbung an den Schnittflächen bewirkt.

Neal Carter, Inhaber von Okanagan, will mit seinem Produkt dazu beitragen, dass wieder mehr Menschen - und vor allem Kinder - frische, vitaminreiche Äpfel verzehren. Zudem blieben sie länger in einem appetitlichen Zustand, so dass weniger Äpfel weggeworfen würden. Doch noch mehr als Simplot mit seinen Innate-Kartoffeln könnte Okanagan an skeptischen Verbrauchern und Landwirten scheitern. Die US Apple Association lehnt Arctic-Äpfel ab. „Es sei kein wirklich überzeugender Vorteil, wenn Äpfel nach dem Aufschneiden nicht braun anlaufen“, sagte ein Sprecher. Zudem fürchtet man nachteilige Auswirkungen auf den Apfelmarkt insgesamt.

Eine Kennzeichnung ihrer Produkte lehnen Simplot und Okanagan ab. Sie verweisen auf die derzeitigen gesetzlichen Regelungen in den USA, nach denen eine Kennzeichnung nur bei wesentlichen Abweichungen gegenüber den konventionellen Produkten vorgeschrieben ist. Okanagan will jedoch jeden Apfel mit einem Arctic-Aufkleber versehen, so dass sie für Konsumenten erkennbar sind.

Beide Produkte, Arctic-Äpfel und Innate-Kartoffeln könnten Ende 2013 von der US-Lebensmittelbehörde FDA freigegeben werden und 2015/16 auf den Markt kommen.