Gentechnik-Gesetz wird geändert: Bundesländer dürfen eigene Koexistenz-Regeln festlegen

(28.05.2011) Die Bundesländer sollen künftig eigene Regeln beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen vorschreiben können. Das geht aus einem Entwurf zur Änderung des Gentechnik-Gesetzes hervor. Bei Kartoffeln soll zwischen Feldern mit konventionellen und gentechnisch veränderten Pflanzen ein Mindestabstand von zehn Metern gelten.

Ilse Aigner

Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Mit der geplanten Änderung des Gentechnik-Gesetzes sollen die Bundesländer die Mindestabstände zwischen Feldern mit und ohne gentechnisch veränderten Pflanzen heraufsetzen können. Damit sollen sie besonderen „regionalen Gegebenheiten“ gerecht werden.
Foto: Steffen Kugler, Bundesregierung

Im Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und FDP vereinbart, dass die Bundesländer „innerhalb eines bundeseinheitlichen Rahmens von Kriterien“ eigenständig Abstände zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten und konventionellen Pflanzen festlegen können. Nun hat Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) einen ersten Entwurf ausgearbeitet, der derzeit in der Bundesregierung abgestimmt wird.

Danach dürfen die Bundesländer bundesweit festgelegte Mindestabstände erhöhen, „sofern dies erforderlich ist, um regionalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen“. Dafür kommen, so der Gesetzestext, etwa besondere geografische oder klimatische Bedingungen, landwirtschaftliche Betriebs- und Flächenstrukturen oder Anbauverfahren in Betracht.

Die Gesetzgebungskompetenz für die Gentechnik und damit für Mindestabstände bleibt zwar beim Bund, doch die Bundesländer können künftig unter Hinweis auf regionale Aspekte deutlich strengere Werte festlegen. Einzelne Bundesländer, allen voran Bayern, haben bereits angekündigt, über hohe Mindestabstände den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen de facto verbieten zu wollen.

Bisher sind bundesweit Mindestabstände nur bei Mais festgelegt. Sie betragen 150 Meter, zu ökologischem Maisanbau sogar 300 Meter. Nun sollen auch Kartoffeln folgen. Zwischen Feldern mit konventionellen und gv-Kartoffeln müssen mindestens zehn Meter liegen, so der Entwurf zur Änderung der „Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung“. Zudem sollen auf Feldern mit gv-Kartoffeln frühestens im dritten Jahr nach der Ernte konventionelle Kartoffeln angebaut werden dürfen. Diese Frist verlängert sich, wenn auf dem Feld Durchwuchskartoffeln beobachtet wurden.

Der in Deutschland im Kartoffelanbau vorgesehene Mindestabstand von zehn Metern bewegt sich im europäischen Mittel. In Schweden und den Niederlanden beträgt er drei Meter, in der Slowakei zwanzig und in Luxemburg fünfzig Meter.

Mit einer weiteren Änderung des derzeitigen Gentechnik-Gesetzes wird klargestellt, dass künftig auch „das unbeabsichtigte Ausbringen von gentechnisch veränderten Organismus als Freisetzung gilt“. Damit reagiert das Aigner-Ministerium auf einige Rechtsstreitigkeiten um GVO-Beimischungen in Saatgut. Finden sich Spuren von nicht in der EU zum Anbau zugelassenen gv-Pflanzen im Saatgut, müssen die Behörden unabhängig vom gemessenen Anteil eine Vernichtung anordnen. Werden solche GVO-Spuren erst nach der Aussaat gefunden, sind die betroffenen Felder unterzupflügen.

Der Begründungstext für diese Änderungen des Gentechnik-Gesetzes beruft sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Grünen Gentechnik aus dem November 2010, das auch bei unbeabsichtigten oder technisch nicht vermeidbaren GVO-Einträgen in die Umwelt Maßnahmen zum Schutz „vor unerwünschten oder schädlichen Auswirkungen“ gefordert hatte.