Löwenzahn

Löwenzahn

Forschung Optimierung als wirtschaftlich nutzbare Kautschuk-Quelle (verschiedene Merkmale)

Der Kautschuk-Löwenzahn oder Russische Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) ist eine Pflanze des gemäßigten Klimas. Sie stammt aus Kasachstan und dem westlichen China. Die Pflanze ist recht anspruchslos und wächst auf nährstoffarmen Flächen, die für andere landwirtschaftliche Nutzungen uninteressant sind.

Der Russische Löwenzahn produziert natürlicherweise Kautschuk, Grundstoff für Gummireifen und Bestandteil vieler Gebrauchsgegenstände (Handschuhe, Dichtungen). Kautschuk kann bei dieser Löwenzahnart bis zu 36 Prozent des Trockengewichtes ausmachen. Seit den 1930er-Jahren wurde die Pflanze in den USA, Russland, Südchina, Schweden und während des zweiten Weltkrieges auch in Deutschland zur Gewinnung von Kautschuk angebaut.

Heute wird der weltweite Bedarf an Kautschuk zu über 90 Prozent aus dem Kautschukbaum (Hevea brasiliensis) gewonnen, der in Plantagen in Südostasien angebaut wird. In absehbarer Zeit könnte es zu Engpässen kommen, denn die Nachfrage steigt stetig, während Krankheitserreger und Wetterextreme den Kautschukbäumen zunehmend zu schaffen machen. Auch sind durch die Plantagen wertvolle Regenwald-Ökosysteme gefährdet. Auf der Suche nach Alternativen haben Forscher und Unternehmen T. koksaghyz als möglichen Kautschuklieferanten wiederentdeckt.

Beispiele Forschung und Entwicklung (Gentechnik, neue Züchtungsverfahren)

Löwenzahn als Kautschukquelle

Russischer Löwenzahn: Anzucht im Gewächshaus

Großes Foto oben: iakov, 123RF

Seit mehreren Jahren arbeiten Wissenschaftler der Universität Münster zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie (IME) und der Continental AG daran, Russischen Löwenzahn so zu verbessern, dass er als Rohstoffquelle für Kautschuk wirtschaftlich besser nutzbar ist. Das Verbundprojekt war für den Deutschen Zukunftspreis 2021 nominiert.

Ziele sind unter anderem höhere Erträge, Krankheitsresistenzen und bessere Verarbeitungseigenschaften. Dabei kommen neben klassischen Züchtungsmethoden auch die neuen Genome Editing-Verfahren wie die Gen-Schere CRISPR/Cas zum Einsatz, insbesondere um die Gene ausfindig zu machen, die für die gewünschten Eigenschaften verantwortlich sind. Sind die Gene identifiziert, lassen sich aus Wildpflanzen und bereits vorhandenen Zuchtformen diejenigen Pflanzen identifizieren, welche den entsprechenden genetischen Hintergrund aufweisen.

Mit Hilfe von molekularen Markern ist es bereits gelungen, Russischen Löwenzahn so weiter zu entwickeln, dass er doppelt so viel Kautschuk bildet und als nachwachsender Rohstoff etwa für die Reifenindustrie eingesetzt werden kann. Fahrradreifen aus Löwenzahnkautschuk sind seit 2019 auf dem Markt.

Bei der Züchtung von wirtschaftlich nutzbarem Kautschuk-Löwenzahn werden verschiedene Merkmale bearbeitet:

Flüssiger Milchsaft für die industrielle Nutzung. Der latexhaltige Milchsaft wird zäh, verklumpt und färbt sich braun, sobald er mit Luft in Berührung kommt. Für eine industrielle Verarbeitung muss er jedoch flüssig sein. Das Team des Verbundprojektes identifizierte das für dieses Verkleben verantwortliche Enzym (Polyphenoloxidase) und konnte es mit Hilfe gentechnischer Methoden (Gene Silencing) abschalten. Bei diesen Löwenzahnpflanzen blieb der Milchsaft flüssig.

Um die für gentechnisch veränderte Pflanzen aufwändigen Zulassungsverfahren und besonderen gesetzlichen Auflagen zu vermeiden, wurde mit dem klassischen Verfahren der Mutagenese in Kombination mit einer molekularbiologischen Identifizierung der optimalen Pflanzenindividuen (Tilling) Löwenzahn mit flüssigem Milchsaft gezüchtet.

Verbesserung der Gummi-Eigenschaften. Verschiedene Triterpene im Milchsaft des Russischen Löwenzahns beeinflussen die mechanischen Eigenschaften des gewonnenen Gummimaterials. Um den Milchsaft industriell besser verarbeiten und nutzen zu können, ist ein möglichst geringer Gehalt an Triterpenen wünschenswert. - Ein Team der Universität Münster hat mit RNA-Interferenz (RNAi) ein bestimmtes Enzym gehemmt und damit den Gehalt an Triterpenen um mehr als die Hälfte reduziert.

Verbesserte Bewurzelung, höhere Erträge. Mit Hilfe von CRISPR/Cas haben Forscher an der Universität Münster ein Gen ausgeschaltet, was ein verbessertes Wurzelwachstum zur Folge hatte: Die editierten Pflanzen bildeten eher eine Pfahlwurzel aus im Gegensatz zu den üblicherweise verzweigten Wurzeln, was für Anbau und Ernte vorteilhaft ist. Außerdem waren eine größere Wurzelmasse sowie höhere Inulin- und Naturkautschukerträge festzustellen.

Höherer Kautschukgehalt. Die Bildung von Kautschuk steht in Konkurrenz zur Biosynthese des Zuckermoleküls Inulin. Um den Gehalt von Kautschuk zu erhöhen, hat ein Forscherteam an der Universität von Ohio mit CRISPR/Cas ein Gen gezielt ausgeschaltet, welches an der Bildung von Inulin beteiligt ist. Die editierten Löwenzahlpflanzen wiesen rund 20 Prozent mehr Kautschuk in ihren Wurzeln auf.

Resistenz gegenüber Herbiziden. Eine der größten Herausforderungen im wirtschaftlichen Anbau des Russischen Löwenzahns ist eine effektive Unkrautbekämpfung. Im Gegensatz zu den heimischen Löwenzahnarten zeigt sich T. koksaghyz sehr konkurrenzschwach gegenüber anderen Unkräutern. Erfahrungen im Einsatz von Herbiziden im Feldanbau von Russischem Löwenzahn gibt es bisher wenige. Daher wird in der Praxis vor allem auf mechanische Unterkrautbekämpfung gesetzt. Einfacher wäre es, wenn der Löwenzahn resistent gegenüber wirksamen Herbiziden wäre. - Amerikanische Forscher haben T. koksaghyz mit Hilfe von CRISPR/Cas so verändert, dass die Pflanzen resistent gegenüber bestimmten Herbizidwirkstoffen sind.