
Mit Apfel-Genen gegen Feuerbrand und Apfelschorf
Apfelschorf und Feuerbrand sind weit verbreitete Pflanzenkrankheiten, die der Obstbauer in der Regel mit chemischen Pflanzenschutzmitteln bekämpft. Beliebte Apfelsorten wie Gala oder Jonagold sind hochanfällig dafür. Seit ein paar Jahren verfolgen Wissenschaftler aus Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden das Ziel, mit Hilfe der Gentechnik Resistenzgene aus Wildäpfeln in gängige Kulturäpfel zu übertragen. Solche Äpfel werden zurzeit im Freiland getestet. Auch mit den neuen Verfahren des Genome Editings ist es bereits gelungen, Äpfel widerstandsfähiger zu machen.

Häufigkeit des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln bei verschiedenen Kulturpflanzen 2019. Bei Äpfeln werden mit Abstand die meisten Pflanzenschutzmittel gespritzt, vor allem gegen die Pilzerkrankung Apfelschorf. Um die bakterielle Erkrankung Feuerbrand zu bekämpfen, steht in Deutschland zurzeit kein Mittel zur Verfügung.

Apfelschorf wird ausgelöst durch einen Pilz. Durch Ausschleudern der Wintersporen werden im Frühjahr bei feuchter Witterung die ersten Infektionen ausgelöst. Auf den Blättern und Früchten bilden sich zunächst blass oliv-grüne, später bräunliche bis schwarze Flecken. An den Befallsstellen bilden sich dann die Sommersporen, die zu weiteren Infektionen führen.

Feuerbrand wird durch ein Bakterium übertragen. Er kann sich rasend schnell ausbreiten, befallene Pflanzenteile verfärben sich und sehen aus „wie vom Feuer verbrannt“. Feuerbrand breitet sich seit den fünfziger Jahren in Europa und seit Anfang der siebziger Jahre auch in Deutschland aus.
Foto: Sebastian Stabinger / wikimedia

Klassische Züchtung: Wenn ein Kulturapfel (links) mit einer Wildart (rechts) gekreuzt wird, gehen viele gute Anbau- und Produkteigenschaften der Kultursorte verloren und müssen erneut eingezüchtet werden. Die vom Wildapfel erworbene Resistenz soll dabei erhalten bleiben.

Seit Herbst 2011 wachsen cisgene schorf-resistente Apfelbäumchen an der Universität Wageningen, Niederlande. Der Freisetzungsversuch ist auf zehn Jahre angelegt (2011-2021)
Foto und großes Foto oben: Frans Krens, Wageningen UR, Plant Breeding; Front. Plant Sci., 27 April 2015
Der Apfel ist die Obstart, bei der mit Abstand die meisten Pflanzenschutzmitteleingesetzt werden. Um einen Befall mit Apfelschorf, der durch einen Pilz ausgelöst wird, zu vermeiden, werden die Apfelbäume in Deutschland zehn bis zwanzigmal mit chemischen Mitteln gegen Pilzerkrankungen (Fungizide) behandelt. Im biologischen Anbau werden mehrfach Kupfer- und Schwefelpräparate ausgebracht. Der Verzehr von Äpfeln, die mit Schorf befallen sind, ist zwar nicht gesundheitsschädlich, aber solche Früchte lassen sich nicht vermarkten.
Die Bekämpfung von Feuerbrand, einer hochansteckenden bakteriellen Erkrankung, ist schwierig. Oft bleibt nichts anderes übrig, als betroffene Bäume radikal zu beschneiden oder zu fällen – manchmal ganze Apfelanlagen. Wirksame Pflanzenschutzmittel basieren auf dem Antibiotikum Streptomycin, das in Deutschland nicht mehr eingesetzt werden darf.
Gegen die berüchtigten Apfelkrankheiten widerstandsfähige Äpfel zu züchten, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu verringern, ist schon seit langem eines der wichtigsten Ziele in der Apfelzüchtung. Dabei greift man auch in der klassischen Züchtung auf Resistenzeigenschaften von Wildäpfeln zurück. So gehen etwa die meisten der heutigen Apfelsorten mit einer gewissen Schorfresistenz auf eine Kreuzung mit dem Wildapfel Malus floribunda 821 zurück.
Es dauert dann allerdings Jahrzehnte, bis aus einer solchen Kreuzung mit einem kleinen ungenießbaren Wildapfel wieder eine Apfelsorte mit großen, gut schmeckenden Früchten gezüchtet werden kann, die zugleich resistent ist. Bei der Kreuzung der Apfelsorte Morgenduft mit Malus floribunda dauerte es sechzig Jahre. Und der neue Apfel war kein Morgenduft mehr, sondern eine neue Sorte mit Namen Florina. Denn auf klassischem Wege ist es nicht möglich, eine Resistenz in beliebte, auf dem Markt eingeführte Apfelsorten hineinzuzüchten.
Wissenschaftler der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, des Julius Kühn-Institutes (JKI) Dresden-Pillnitz sowie der Universität Wageningen (Niederlande) verfolgen schon seit vielen Jahren das Ziel, geeignete Resistenzgene aus Wildäpfeln mit Hilfe der Gentechnik in gängige Apfelsorten zu übertragen. Das besondere ihres Ansatzes ist, dass die gentechnisch veränderten Äpfel am Ende kein artfremdes Erbmaterial enthalten, sondern nur Gene aus Apfel, die auch mit konventioneller Züchtung eingekreuzt werden könnten. Die Früchte sind dann nicht transgen (lat. trans = jenseits (der Artgrenzen)), sondern cisgen (lat. cis = diesseits). Neben dem eigentlichen Resistenzgen aus der Wildart, stammen auch alle weiteren benötigten Gensequenzen aus dem Apfelerbgut.
Ein Gen für Schorfresistenz aus dem Wildapfel Malus floribunda 821 konnte von den Wissenschaftlern schon vor einigen Jahren isoliert werden. Mit diesem Gen wurden mehrere cisgene Apfellinien der Sorte Gala erzeugt. Ein Teil dieser Linien wird seit 2011 an der Universität Wageningen im Freilandversuch angebaut. 2014 trugen die Apfelbäume das erste Mal Früchte. Während die Früchte der gegen Apfelschorf empfindlichen konventionellen Apfelbäume befallen waren, zeigten die Früchte der cisgenen Bäume keine Anzeichen von Apfelschorf. Auch in den Folgejahren blieben sie stabil schorfresistent - bis heute.
Anfang 2014 gelang schließlich auch der Durchbruch bei Feuerbrand. Es konnte ein wirksames Resistenzgen (FB_Mr5) gegen Feuerbrand in dem Wildapfel Malus x robusta5 identifiziert und in die Sorte Gala übertragen werden. Dass dieses Gen tatsächlich eine Resistenz gegen Feuerbrand bewirkt, wurde in Deutschland und der Schweiz im Gewächshaus erfolgreich getestet. Von 2016 bis 2021 wachsen die Apfelbäume nun auch im Freiland auf dem Gelände der Protected Site der Schweizer Forschungseinrichtung Agroscope. Ein entsprechender Freisetzungsantrag wurde Anfang Mai 2016 bewilligt. Das Freisetzungsgelände Protected Site wurde 2012 eingerichtet, um das Wissen über gentechnisch veränderte Pflanzen und ihr Verhalten in der Umwelt zu erweitern. So geht es auch bei der Freisetzung mit den cisgenen Apfelbäumen zunächst darum, die Vor- und Nachteile der neuen Züchtungstechnologie „Cis-Gentechnik“ differenzierter beurteilen zu können. Eine Kommerzialisierung ist nicht vorgesehen.
Es ist grundsätzlich möglich, beliebig viele apfeleigene Resistenzgene auf diese Weise in bestehende Apfelsorten einzuführen. Da Krankheitserreger die Fähigkeit besitzen, sich anzupassen und bestehende Resistenzen auch wieder zu durchbrechen, ist es sinnvoll, dass mehrere Gene an der Resistenz beteiligt sind. Deshalb wird eine „Pyramidisierung“ der Resistenzgene angestrebt. Die Suche nach weiteren geeigneten Resistenzgenen geht weiter.
Gegen Feuerbrand gewappnet dank CRISPR/Cas
Italienische Wisenschaftler haben nun auch erfolgreich die Genschere CRISPR/Cas eingesetzt, um die Apfelsorten Gala und Golden Delicious vor Feuerbrand zu schützen. Sie konnten mit der Genschere ein Gen (MdDIPM4) ausschalten, von dem bekannt ist, dass es eine Rolle für die Anfälligkeit gegenüber den Feuerbrand-Bakterien spielt. Sie erreichten damit eine Verringerung der Feuerbrand-Symptome um etwa die Hälfte.
Themen
Im Web
- Pompili V. et al. (2019) Reduced fire blight susceptibility in apple cultivars using a high‐efficiency CRISPR/Cas9‐FLP/FRT‐based gene editing system, Plant Biotechnology Journal, 08.09.2019
- Todeszellen im Apfelbaum, den Tricks des Feuerbrand-Bakteriums auf der Spur, Julius-Kühn-Institut 22.11.2018)
- Feldversuch mit cisgenen Apfelbäumen bewilligt, Medieninformation von Agroscope (03.05.2016)
- Cisgene Apfelbäume mit verbesserter Resistenz gegen Feuerbrand (Agroscope)
- Funktion des ersten Feuerbrandresistenzgens geklärt, Julius-Kühn-Institut 14.03.2014
- ETH-News: Resistent gegen Feuerbrand (13.03.2014)
- Frans A. Krens et al. (2015) Cisgenic apple trees; development, characterization and performance, Front. Plant Sci.
- Julius Kühn.Institut (JKI), PAPA (Statistische Erhebungen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in der Praxis)