Reis, Forschung

Vielversprechende Ansätze.
Reiszucht mit der CRISPR-Technologie

Von Juliette Irmer

Reis ist eine der wichtigsten Getreidepflanzen der Welt, die fast die Hälfte der Menschheit ernährt. Krankheitserreger, Schädlinge und sich verändernde klimatische Bedingungen führen schon heute zu hohen Ertragsverlusten. Laut Schätzungen der FAO ist aufgrund der weiter wachsenden menschlichen Bevölkerung mit einer zunehmenden Nachfrage nach Reis zu rechnen. Vor diesem Hintergrund gilt die CRISPR-Technologie als wichtiges Werkzeug, um Reispflanzen schneller an künftige Herausforderungen anzupassen. Tatsächlich existieren bereits einige vielversprechende Ansätze.

Reis, Kleinbauern, Asien

Fotos: Image collection of the International Rice Institut (IRRI); CC BY-NC-SA 2.0

Fast die Hälfte der Weltbevölkerung ernährt sich von Reis. 2018 wurden fast 800 Millionen Tonnen weltweit produziert, über 90 Prozent davon in Südostasien. Weltweit existieren rund 800 000 Sorten, manche davon werden nur in einzelnen Dörfern angebaut. Reis (Oryza sativa) variiert in seinen Wachstumsansprüchen und kann deswegen in verschiedenen Anbausystemen und Umgebungen, etwa im Tief- oder Hochland, angebaut werden.

Aufgrund seiner großen wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung existieren zahlreiche Forschungsprojekte, um die Reiserträge langfristig zu sichern und vor dem Hintergrund einer wachsenden Weltbevölkerung und des Klimawandels im Idealfall zu steigern. Eine besondere Rolle fällt den neuen Genom-Editier-Technologien zu, allen voran den CRISPR/Cas-Verfahren (mittlerweile sind verschiedene Cas-Enzyme im Einsatz), mit denen Reissorten deutlich schneller und präziser als mit herkömmlichen Zuchtmethoden zum Beispiel an bestimmte Umweltbedingungen angepasst werden können.

In den vergangenen Jahren wurden mehrere Hundert Editierungs-Studien zu unterschiedlichen Fragestellungen rund um die agronomischen Eigenschaften von Reis durchgeführt. Folgende Beispiele zeigen aktuelle Anwendungen der CRISPR-Technologie.

Goilden Rice

Goldener Reis mit mehr Vitamin A. Geht auch mit der Gen-Schere CRISPR/Cas.

Nährwert. Das gezielte Einfügen großer DNA-Abschnitte in Pflanzen ist mit der CRISPR-Technologie bislang noch schwierig. Einem Forscherteam aus den USA ist es aktuell aber nun gelungen den legendären „Goldenen Reis“ damit zu erzeugen. Dieser wurde ursprünglich mithilfe der klassischen Gentechnik gewonnen, indem ein Mais-Gen in den Reis eingeführt wurde, das ß-Carotin in den Reiskörnern produziert, eine Vorstufe von Vitamin A.

Das CRISPR-Verfahren bietet den enormen Vorteil, dass Genetiker den Ort, an dem das Fremdgen eingefügt werden soll, gezielt aussuchen können. Bei klassisch hergestellten transgenen Pflanzen integrieren sich Fremdgene hingegen zufällig ins Genom. Beim goldenen Reis minderte das ursprünglich den Ertrag, weswegen nachgebessert werden musste. Beim jetzigen Versuch wählten die Wissenschaftler einen Bereich des Reisgenoms aus, wo keine störenden Effekte zu erwarten sind.

Reisanbau, Bewässerung

Reisfelder werden häufig bewässert. Bei starker Verdunstung steigt der Salzgehalt im Boden.

Salztoleranz. Reis ist eine besonders salzempfindliche Kulturpflanze und die Verbesserung der Salztoleranz von Reis ist zu einem wichtigen Züchtungsziel geworden, da es im Reisanbau häufig zu einer Versalzung des Bodens kommt. Grundsätzlich handelt es sich bei Salz- und Trockenheitstoleranz um komplexe Eigenschaften, an denen mehrere Gene beteiligt sind, so dass die Editierung eines einzelnen Gens nicht zwangsläufig zum Erfolg führt. So kann sich die Salztoleranz zwar verbessern, dafür verschlechtern sich möglicherweise andere erwünschte Merkmale wie der Ertrag.

Chinesischen Wissenschaftlern gelang es, die Salztoleranz in der wassersparenden und dürreresistenten Reissorte WPB106 mithilfe des CRISPR-Verfahrens zu verbessern. Sie schalteten dazu das Gen OsRR22 aus, einen Transkriptionsfaktor, der an mehreren Stoffwechselwegen beteiligt ist, und fanden keine Verschlechterung anderer wichtiger Merkmale. Die Forscher weisen in ihrer Arbeit explizit darauf hin, dass sie für das Einführen des neuen Merkmals nur ein Jahr benötigten – die Züchtung einer neuen Reissorte kann mit konventionellen Zuchtmethoden hingegen bis zu zehn Jahren dauern: Kreuzt man ein gewünschtes Merkmal ein, hängen meist Tausend andere Gene aus der Umgebung des „gene of interest“ daran. Durch Rückkreuzungen reduziert man die unerwünschten Eigenschaften, aber das braucht Zeit und ist deutlich „unsauberer“ als Genome Editing.

Reis Käfer

Reis-Rüsselkäfer.
Foto: Joseph Berger, bugwood.org

Insektenresistenz. Reispflanzen sind nicht nur für Menschen eine attraktive Nahrungsquelle, sondern auch für etliche Insekten. Die Schwere und Häufigkeit von Insektenausbrüchen hat in den letzten Jahrzehnten zugenommen: Viele Bauern setzen auf Hochertragssorten, die am besten unter optimalen Bedingungen gedeihen, also mit Dünger, Bewässerung und chemischem Pflanzenschutz. Ohne Dünger und Pestizide, die sich Kleinbauern oft nicht leisten können und die zudem umwelt- und gesundheitsschädlich sein können, machen die hochgezüchteten Sorten allerdings oft schlapp, denn der Preis für die hohen Erträge ist meist ein Verlust an Abwehrkräften.

Ein Hauptziel von Reiszuchtprogrammen ist daher die Entwicklung von Reissorten, die gegen Schadinsekten resistent sind. So wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Insektenresistenz-Gene in Reis identifiziert. Das genaue Zusammenspiel zwischen Insekt und Pflanzenabwehr ist allerdings noch weitgehend unverstanden. Die CRISPR-Technologie hilft dabei dieses molekulare Wechselspiel besser zu verstehen: So gelang es etwa durch das Ausschalten eines Gens, die Konzentration des Pflanzenhormons Salicylsäure zu erhöhen und jene von Serotonin zu erniedrigen. Die Reispflanzen waren resistenter gegen die braune Saatschrecke, die gerne über Reisfelder herfällt und immense Schäden verursacht. Unklar ist, ob es am erhöhten Salicylsäurespiegel liegt oder am erniedrigten Serotoninspiegel.

Reis Weißblättrigkeit

Die Weißblättrigkeit ist eine gefürchtete Reiskrankheit. Vor allem in Asien und Afrika führt sie zu großen Ernteinbußen.
Foto: Rui map Zheng, bugwood.org

Resistenzen gegen Reiskrankheiten. Der Reisbrand und die Weißblättrigkeit sind gefürchtete Reiskrankheiten, die hohe Ernteverluste hervorrufen. Oft sind Kleinbauern betroffen, die den Erregern wenig bis nichts entgegenzusetzen haben und ihre Familien dann nicht mehr ernähren können.

Der Kampf gegen solche Erreger ist generell eine Herausforderung, da Pilze und Bakterien gegen eingesetzte Pflanzenschutzmittel schnell resistent werden. Hinzu kommt, dass die Schutzmittel, Bakteriozide, Fungizide und Antibiotika, weitreichende ökologische Konsequenzen haben, zum Teil auch gesundheitsschädlich sind. So ist auch bei Reiskrankheiten die Entwicklung von resistenten Reissorten das vorgegebene Ziel, das mit herkömmlichen Zuchtmethoden aber nur schwer zu erreichen ist.

Der Kampf gegen die Weißblättrigkeit ist schon weiter fortgeschritten, weil der molekulare Mechanismus der Infektion gut verstanden ist: Die Krankheit wird durch Xoo-Bakterien (Xanthomonas oryzae pv. oryzae) hervorgerufen, die den Zuckervorrat der Reispflanze anzapfen. Dazu produzieren sie Proteine, so genannte TAL-Effektoren, die, im Zellkern einer infizierten Reiszelle angekommen, die so genannten SWEET-Zuckertransport-Gene anschalten, indem sie an deren regulatorische DNA-Bereiche (Promotoren) binden. Die Pflanzenzelle scheidet daraufhin Zucker aus, die Bakterien sind versorgt, vermehren sich massiv und die Pflanze verkümmert.

Alle bekannten Xoo-Stämme - weltweit existieren Hunderte verschiedene - sind auf die Aktivierung der SWEET-Zuckertransport-Gene angewiesen. Zwar existieren Reissorten, die von Natur aus resistent sind – allerdings nur gegen einige Xoo-Stämme. Sie weisen Veränderungen in der DNA-Sequenz der SWEET-Promotoren auf, wodurch die TAL-Effektoren ihre Bindestelle nicht mehr finden oder anders ausgedrückt: Die von den Bakterien entwickelten „Schlüssel“ passen nicht mehr in die Türschlösser der Speisekammern.

Die natürlicherweise vorhandene Resistenz hat ein internationales Forscherteam mithilfe von CRISPR/Cas nun nachgeahmt und erweitert. Sie nutzten dazu die Multiplex-Editierfähigkeit der Gen-Schere, das heißt, sie führten gleichzeitig bis zu fünf Mutationen in die entsprechenden Promotor-Bereiche einer Reispflanze ein. Die veränderten Reispflanzen – drei unterschiedliche Reissorten - wuchsen normal, ohne Ertragsrückgang und zeigten eine breite Resistenz gegen zahlreiche Xoo-Stämme.

Die CRISPR-Technologie bietet auch im Kampf gegen Reisbrand, einen Pilz (Magnaporthe grisea), neue Möglichkeiten: Ein chinesisches Team berichtet, dass sie die Resistenz in Kuiku131, einer in Nordchina weit verbreiteten Reissorte, gegen Reisbrand steigern konnten, indem sie mithilfe von CRISPR/Cas das Gen OsERF92 ausgeschalten haben, das an der Abwehrreaktion der Pflanze beteiligt ist.

Ausblick. Die CRISPR-Technologie ist ein überaus wertvolles Werkzeug der Pflanzenzucht, deren Einsatz in manchen Bereichen aber noch an Grenzen stößt: Um die Gen-Schere bestmöglich einzusetzen, braucht es detaillierte Kenntnisse des molekularen Geschehens. Grundsätzlich gilt, dass auch mit der CRISPR-Technologie erzeugte Resistenzen überwunden werden können, da Insekten und erst recht Erreger wie Bakterien und Pilze hoch anpassungsfähig sind. Allerdings bietet die Methode erstmalig die Möglichkeit, in Echtzeit auf Schädlinge und Erreger zu reagieren, beziehungsweise die Pflanzen sogar vorsorglich zu wappnen.

Wie schnell Kleinbauern in den betroffenen Anbauländern von solchen neuen und widerstandsfähigeren Reispflanzen werden profitieren können, ist noch ungewiss, da das von mehreren Faktoren abhängt: Zunächst müssen umfangreiche Feldversuche die Leistungsfähigkeit solcher editierten Pflanzen zeigen. Außerdem ist in vielen Ländern momentan noch unklar, wie genomeditierte Pflanzen in Zukunft reguliert werden und schließlich unter welchen Bedingungen Kleinbauern CRISPR-editierte Reissorten nutzen können.

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