Schmetterlinge

Bt-Mais: Auswirkungen auf Schmetterlinge

Der Maiszünsler, der wirtschaftlich bedeutendste Maisschädling in Europa, ist ein Schmetterling. Das Bt-Protein, das in gentechnisch verändertem Bt-Mais zum Schutz vor dem Larvenfraß des Schädlings gebildet wird, wirkt sehr spezifisch gegen Schmetterlingslarven. Schmetterlinge sind deswegen besonders gefährdet. Dies gilt grundsätzlich auch beim Einsatz konventioneller Bt-Präparate, die auf die Pflanzen gespritzt werden.

Mais, Befall Maiszünsler

Maiszünslerlarven, die sich durch den Stängel der Maispflanzen fressen, verursachen große Schäden im Maisanbau. Der kleine Falter ist der Zielorganismus, der mit dem Bt-Protein bekämpft werden soll.

Schmetterlingsraupe

Nichtziel-Schmetterlinge: Das Tagpfauenauge (großes Foto oben) reagiert empfindlich auf Bt-Protein, nimmt davon unter natürlichen Bedingungen aber nur wenig auf. Kleines Foto: Fraßtest mit Raupen des Kleinen Fuchses an einer Blattscheibe mit Bt-Protein.

Schmetterlinge

Monarchfalter: Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass von Bt-Mais keine Gefahr für die Monarchfalter-Populationen ausgeht.

Während die Larven des Maiszünslers an der Maispflanze fressen, ernähren sich andere Schmetterlinge wie z.B. der Kohlweißling oder das Tagpfauenauge nicht von Mais. Sie könnten aber mit Pollen von Bt-Mais in Berührung kommen, wenn dieser sich auf ihren Nahrungspflanzen am Rand oder in der Nähe eines Bt-Maisfeldes ablagert.

Um abschätzen zu können, ob solche Nichtziel-Schmetterlinge durch Bt-Mais gefährdet sind und wie hoch diese Gefahr tatsächlich ist, müssen zwei grundsätzlich verschiedene Fragestellungen betrachtet werden:

  • Die Giftigkeit des jeweiligen Stoffes: Um die Giftigkeit des Bt-Proteins abschätzen zu können, werden im Labor Fütterungsversuche mit der jeweiligen Tierart durchgeführt. Meist wird die Dosis bestimmt, bei der 50 Prozent der Versuchstiere sterben (LD50). Manchmal werden auch andere dosisabhängige Effekte bestimmt, etwa Größe, Gewicht oder Vermehrungsraten der Tiere.
  • Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Organismus dem jeweiligen Stoff ausgesetzt ist: Dafür wird untersucht, ob die Entwicklung der Larven zeitlich mit der Maisblüte übereinstimmt, ob sich die Larven in der Nähe von Maisfeldern entwickeln und ob sich Maispollen auf den Futterpflanzen der Raupen ablagert. Viele Schmetterlingsarten kommen mit Maispollen gar nicht in Kontakt, da sich ihre Larven zu anderen Zeiten oder nicht in der Nähe von Maisfeldern entwickeln.

Weltweit wurden zahlreiche Untersuchungen mit verschiedenen Schmetterlingsarten durchgeführt. Bei Fütterungsversuchen im Labor mit Pollen von Bt-Mais reagierten Schmetterlinge erwartungsgemäß empfindlich, je nach Art jedoch sehr unterschiedlich. Larven der Kohlmotte, die sich als besonders Bt-empfindlich erwiesen hatten, wurden durch eine Dosis von 80 Pollenkörnern des Bt-Maises MON810 noch nicht geschädigt. MON810 ist der einzige in der EU zugelassene Bt-Mais, der inzwischen nur noch in Spanien und Portugal angebaut wird (Stand 2018). In einer anderen Untersuchung vertrugen Monarchfalter-Larven sogar noch eine Menge von 1000 MON810-Pollen pro Quadratzentimeter auf ihren Futterpflanzen. In einer Untersuchung der RWTH Aachen zeigten Larven des Kleinen Fuchses bei 200 bis 300 Bt-Maispollen pro Quadratzentimeter erste Reaktionen, sie fraßen weniger und entwickelten sich langsamer.

Unter natürlichen Bedingungen liegen die Mengen an Bt-Maispollen, die von Schmetterlingen aufgenommen werden, mit hoher Wahrscheinlichkeit unterhalb der Dosis, bei der schädliche Wirkungen im Labor festgestellt wurden.

Bei Pollenmessungen im Freiland mit technischen Pollensammlern wurden in einem Abstand von fünf Metern zum Maisfeld bis zu 175 Pollen pro Quadratzentimeter gemessen - aufaddiert über die gesamte Blühperiode. In einer Entfernung von 120 Metern waren es noch zehn Pollen pro Quadratzentimeter. Die Wissenschaftler der RWTH Aachen fanden auf Brennnesselblättern, der Futterpflanze des Kleinen Fuchses, direkt am Maisfeldrand maximal 200, im Durchschnitt aber nur 34 Pollen pro Quadratzentimeter. Wie viel davon tatsächlich von Schmetterlingsraupen aufgenommen wird, hängt von einer Reihe weiterer Faktoren ab. So wurde in der Untersuchung der überwiegende Teil der Nester des Kleinen Fuchses mehr als zehn Meter vom Maisfeld entfernt gefunden.

Bedenkt man außerdem, dass die Pollenschüttung nur wenige Tage dauert und nur teilweise mit der Larvenentwicklung der Schmetterlinge zusammenfällt, dann ist eine Gefährdung der Schmetterlinge nicht wahrscheinlich.

Wissenschaftler aus fünf europäischen Ländern haben 2010 die mögliche Gefährdung von Schmetterlingen durch Bt-Mais mit Hilfe eines mathematischen Modells abgeschätzt. Das Modell errechnet, wie viel Maispollen Schmetterlingslarven unter verschiedenen Voraussetzungen in der Agrarlandschaft aufnehmen. Dabei wurde z.B. die durchschnittliche Größe der Maisfelder, die Dichte der Wirtspflanzen am Feldrand oder die nur teilweise zeitliche Übereinstimmung von Maisblüte und empfindlichen Larvenstadien der Schmetterlinge berücksichtigt. Diese Daten wurden kombiniert mit Ergebnissen aus Fütterungsstudien für einzelne Schmetterlingsarten. Es wurden jeweils die „ungünstigsten“ Daten berücksichtigt, bei denen die möglichen Beeinträchtigungen für die Schmetterlinge vermutlich am größten sind (worst case). Daraus wurde die Sterblichkeitsrate einer Population errechnet. Im Mittel aller einbezogenen Regionen lag die Sterblichkeitsrate für Tagpfauenauge und Admiral bei einem von 5000, für die Kohlmotte bei einer von 4367.