Aubergine, Schädling

Was mit Gentechnik möglich ist: Pflanzen, die sich selbst gegen ihre Schädlinge schützen

Es war ein revolutionäres Konzept: Pflanzen, die Insektizide selbst produzieren und damit ihre Fraßfeinde abwehren. Mit den damals neuen gentechnischen Verfahren wurde es möglich, ein Gen aus einem natürlich vorkommenden Bodenbakterium auf Pflanzen zu übertragen - und damit deren Fähigkeit, bestimmte schädliche Insekten abzutöten. Die Vorteile waren offenkundig: Höhere Erträge, weniger spritzen, mehr Artenvielfalt. Kein Wunder, dass solche Pflanzen seit vielen Jahren - mit Ausnahmen Europas - überall auf der Welt angebaut werden. Anfangs vor allem Mais und Baumwolle, inzwischen auch weitere Pflanzenarten, etwa Auberginen, Bohnen oder Zuckerrohr.

Seit über hundert Jahren ist bekannt, dass bestimmte, überall im Boden anzutreffende Bakterien - Bacillus thuringiensis (Bt) - eine schädliche Wirkung auf bestimmte Insekten haben und sie abtöten. Ursache dafür sind Bt-Proteine - von den Bakterien gebildete Eiweiße. Nehmen Insekten sie mit der Nahrung auf, werden sie in eine aktive Form umgewandelt, welche die Darmwand der Tiere zerstört. Die Folge: die betroffenen Insekten stellen das Fressen ein und sterben dann ab.

Schädlinge, Bt-Zielorganismen

Fraßschädlinge, gegen die bereits gentechnisch veränderte Bt-Pflanzen angebaut werden. Nicht nur die von ihnen verursachten Schäden gehen zurück, sondern auch der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Maiswurzelbohrer, Maiszünsler, Bohnenzünsler, Auberginenfruchtbohrer (im Uhrzeigersinn).

Mit herkömmlichen Bt-Präparaten zur Abwehr von Fraßschädlingen hat man bereits eine lange Erfahrung: 1964 erhielten sie in Deutschland die Zulassung als Pflanzenschutzmittel. Sie werden vor allem im Mais-, Kartoffel-, Obst- und Gemüseanbau verwendet. Auch im Ökologischen Landbau sind sie erlaubt und werden dort in zahlreichen Kulturen eingesetzt. Rund 90 Prozent der weltweit verwendeten biologischen Schädlingsbekämpfungsmittel sind Bt-Präparate.

Heute sind mehrere hundert verschiedene Varianten des Bt-Proteins bekannt. Toxisch sind sie immer nur für bestimmte Insektengruppen wie Schmetterlinge (z.B. den Maiszünsler), Käfer (wie den Maiswurzelbohrer), Haut- und Zweiflügler (z.B. Mücken und Fliegen) oder Nematoden. Diese Spezifität ist der wesentliche Vorteil der Bt-Präparate gegenüber herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln. Es werden immer nur gezielt die jeweiligen Schädlinge bekämpft, ohne andere Organismen oder als Nützlinge geschätzte Arten zu gefährden. Zudem sind Bt-Proteine für Säugetiere und Menschen harmlos. Im Wasser oder im Boden werden sie schnell abgebaut.

Wie bei allen Proteinen ist auch beim Bt-Protein die „Bauanleitung“ in einer bestimmten DNA-Abfolge (Genetischer Code) verschlüsselt. Das Gen wird „abgelesen“, zu den „Eiweißfabriken“ der Zellen (Ribosomen) transportiert und in das entsprechende Protein umgesetzt - das ist in einer Bakterienzelle grundsätzlich nicht anders als in einer Pflanzenzelle. Wird das aus Bakterien isolierte Bt-Protein-Gen in das Erbgut einer Pflanze eingeschleust, dann bilden deren Zellen selbst das Bt-Protein. Fraßinsekten nehmen dann mit den Pflanzenteilen den für sie tödlichen Wirkstoff auf.

Insektizideinsatz bei Mais in den USA bis 2018  Quelle:USDA/NASS

Weniger Insektizide durch Bt-Pflanzen. In den USA ist der Einsatz von Insektiziden im Maisanbau drastisch zurückgegangen, seitdem die Landwirte Bt-Mais anbauen. Ähnliche Effekte lassen sich auch bei anderen Bt-Pflanzen beobachten.

Bt-Mais: Anbau in vielen Ländern

Schon in den 1980er Jahren gab es erste Versuche, solche bakteriellen Bt-Gene in Pflanzen zu übertragen, zunächst bei Tabak und Tomaten. 1995 schließlich wurde die erste Bt-Pflanze - Bt-Mais mit einer Resistenz gegen den Maiszünsler (European Corn borer) - in den USA zugelassen. Inzwischen liegt dort der Anteil an Bt-Mais am Gesamtmaisanbau bei über 90 Prozent. Gentechnisch veränderter Mais - überwiegend mit Bt-Proteinen - wird weltweit in 14 Ländern angebaut. Auf etwa 30 Prozent aller Maisflächen stehen Bt-Sorten.

Die ersten kommerziell angebauten Bt-Maispflanzen enthielten noch in allen Pflanzenteilen hohe Bt-Proteinmengen. Moderne Bt-Maissorten bilden geringere Mengen und zwar nur dort, wo sie benötigt werden. So bildet Bt-Mais gegen den Maiswurzelbohrer (Corn root worm) das Bt-Protein vor allem in der Wurzel, wo der Schädling frisst. Inzwischen sind viele Maissorten im Handel, die mehrere Varianten des Bt-Proteins gegen beide Maisschädlinge kombinieren (Stacked Genes).

Damit sich innerhalb der Schädlingspopulationen, die mit dem Bt-Protein bekämpft werden, nicht selbst Resistenzen gegen das Bt-Protein ausbreiten, ist für den Anbau von Bt-Pflanzen ein geeignetes Resistenzmanagement vorgeschrieben. Dazu gehören zum Beispiel ausreichend große Refugienflächen oder regelmäßige Fruchtwechsel. Würden solche Vorbeugemaßnahmen nicht eingehalten, dann würde das Bt-Konzept über kurz oder lang unwirksam.

Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben untersucht, wie sich Bt-Pflanzen in der Umwelt verhalten und welchen Nutzen sie tatsächlich haben. Immer wieder bestätigte sich, wie selektiv und spezifisch die in den jeweiligen Pflanzen gebildeten Bt-Proteine wirken. Der Anbau von Bt-Pflanzen hat in der Regel keinen negativen Einfluss auf Nicht-Zielorganismen. Ihr Vorkommen und ihre Funktion ändern sich dadurch nicht. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine 2022 veröffentlichte Metastudie des schweizerischen Forschungsinstituts Agroscope und des Department of Agriculture in den USA, für die mehrerer Einzelstudien aus vielen Jahren ausgewertet wurden. Das Bt-Konzept hat deutliche Vorteile gegenüber Breitbandinsektiziden, wie sie in der konventionellen Schädlingskontrolle üblich sind. Diese haben weitreichende negative Folgen für harmlose Organismen. Bt-Pflanzen führen zu einer größeren Biodiversität auf den Agrarflächen.

Bt Brinjal Bangladesch

Bt-Auberginen in Bangladesch

In Indien, Bangladesch und auf den Philippinen sind Auberginen ein geschätztes Gemüse. Sie werden dort meist von Kleinbauern angebaut. Ein Problem sind zahlreiche Schädlinge, vor allem der Auberginenfruchtbohrer (Brinjal Shoot and Fruit Borer), dessen Larven sich durch die Früchte fressen und Ernteausfälle zwischen 60 und mehr als 80 Prozent verursachen. Meist versuchen die Landwirte den Schädling durch häufiges Spritzen mit chemischen Insektiziden zu bekämpfen. Dies verursacht hohe Kosten, zudem klagen viele Bauern über gesundheitliche Probleme als Folge des häufigen Spritzens.

Seit 2013 ist in Bangladesch der Anbau von schädlingsresistenten Bt-Auberginen erlaubt. Jahr für Jahr entscheiden sich immer mehr Kleinbauern, diese anstelle herkömmlicher Sorten anzupflanzen. Zuletzt waren es über 65.000 Bauern (2020/21), mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor. Die Erträge sind im Vergleich zu herkömmlichen Auberginensorten höher, der Einsatz von Insektiziden kann stark reduziert werden, was Kosten einspart und die gesundheitliche Belastung reduziert.

Kuhbohne

Bt-Kuhbohne in Afrika

Kuhbohnen sind in Afrika ein beliebtes, proteinreiches Nahrungsmittel. Da die Bohnen gut mit Trockenheit zurecht kommen und keine Düngung benötigen, werden sie vor allem von Kleinbauern angepflanzt. Hauptschädling im Anbau ist der Bohnenzünsler (Maruca vitrata). Er kann zu Ernteausfällen von 80 bis 100 Prozent führen. Um die Pflanzen vor dem Schädling zu schützen, spritzen die Landwirte ihre Felder in der Saison zwischen acht und zwölf mal mit Insektiziden.

Am Institute for Agricultural Research in Nigeria sind Bt-Kuhbohnen entwickelt worden, die resistent gegen den Bohnenzünsler sind. Seit Dezember 2019 ist die neue Sorte Sampea 20-T in Nigeria für den kommerziellen Anbau zugelassen. Die Bauern, die die Bt-Kuhbohnen anbauen, brauchen ihre Felder nur noch zweimal mit Insektiziden zu behandeln, um andere Schädlinge zu bekämpfen. Die Erträge sind deutlich höher als bei herkömmlichen Kuhbohnen, die Kosten geringer. Auch andere Länder in Afrika wie Ghana und Burkina Faso treiben die Zulassung der Bt-Kuhbohnen voran.

Baumwolle

Bt-Baumwolle: Anbau in 18 Ländern

Nach Mais ist Baumwolle die wichtigste Kulturpflanze, bei der sich gentechnisch veränderte Sorten mit einer durch Bt-Proteine vermittelten Resistenz gegen Schädlinge durchgesetzt haben. Erstmals kam Bt-Baumwolle 1997 in den USA auf die Felder. Inzwischen wird Bt-Baumwolle in 18 Ländern angebaut, ihr Anteil an der Weltproduktion beträgt 79 Prozent. In Indien, China, Pakistan und USA liegt der Anteil jeweils über 90 Prozent. (Zahlen 2019)

Bt-Pflanzen: Anbau in verschiedenen Ländern

Kulturpflanze Anbauländer Zielorganismus
Baumwolle Indien, USA, China, Pakistan u.a. Baumwollkapselwurm
Mais USA, Brasilien, Argentinien u.a. Maiszünsler, Maiswurzelbohrer
Kartoffel USA (bis 2001) Kartoffelkäfer
Aubergine Bangladesch Auberginenfruchtbohrer
Kuhbohne Nigeria Bohnenzünsler
Pappel China blattfressende Schädlinge
Zuckerrohr Brasilien Stängelbohrer
Reis Versuchsanbau China, Indien Reisstängelbohrer

Fotos: USDA/ARS; Archiv i-bio; Bapuji Arcot; Ward Upham, Kansas State University, AATF; Cornell Alliance for Science