Feld mit Pinto-Bohnen, Brasilien

Brasilianisches Eigengewächs: Bohnen, die sich selbst gegen schädliche Viren schützen

Zugelassen sind sie schon länger, doch nun sind sie in Brasilien tatsächlich auf dem Markt: Gentechnisch veränderte Pinto-Bohnen mit einer besseren Widerstandskraft gegen das Golden Mosaic- Virus, den größten Schaderreger an Bohnen in Südamerika. Entwickelt wurde die Bohne von der brasilianischen Agrarforschungsgesellschaft Embrapa. Sie soll vor allem Kleinbauern helfen, die Bohnen als Grundnahrungsmittel anbauen und deren Ernte durch das Virus regelmäßig bedroht ist.

Bohne, Virus

Blatt einer Bohnenpflanze mit der für einen Befall mit dem Golden Mosaic Virus typischen Gelbfärbung.

Pinto-Bohne verpackt

Neue Bohnen im Handel. Hinweis auf der Packung: Produkt hergestellt aus gentechnisch veränderten Bohnen (unter dem T-Dreieck).

Großes Foto oben: Die beiden „Väter“ der virustoleranten Bohnen - Francisco Aragao und Josias Faria vor einem Feld mit gv-Bohnen (Januar 2020)

Fotos: Francisco Aragao, CABI plantwise/APS, ChileBio

Bohnen (Phaseolus vulgaris) sind in Brasilien ein Hauptnahrungsmittel und werden überwiegend von Kleinbauern angebaut. Rund 80 Prozent der Flächen sind kleiner als 100 Hektar. Obwohl Brasilien mit 2,9 Mio. Tonnen (2019) zu den Haupterzeugerländern von Bohnen gehört, müssen für die ausreichende Versorgung der Bevölkerung Bohnen zusätzlich importiert werden.

Ein großes Problem beim Bohnenanbau in Brasilien ist der Befall mit dem Bean Golden Mosaic Virus (BGMV). Die Pflanzenkrankheit ist in Südamerika weit verbreitete und befällt zahlreiche Bohnenarten. Übertragen werden die Viren durch die Weißfliege (Bemisia argentifolii, auch: Mottenschildlaus). Infizierte Pflanzen sind an gelb gefärbten Blättern zu erkennen, es bilden sich weniger und kleinere Hülsen.

Je nach Stärke und Zeitpunkt des Befalls gehen die Ernteerträge zwischen 40 und 100 Prozent zurück. Gerade ein Befall in der frühen Wachstumsphase der Pflanzen führt oft zum Totalverlust der Ernte. Schätzungen zufolge verursacht die Krankheit jährlich Ertragsverluste von 300.000 Tonnen. Damit könnten 15 Millionen Menschen ernährt werden.

Eine Möglichkeit, den Virusbefall zurückzudrängen, ist die Bekämpfung der Weißfliege. Doch biologische Mittel sind auf Dauer wenig wirksam, chemische sind teuer und belasten die Umwelt und die Gesundheit. Oft bringen die Landwirte 15 bis 20 mal pro Saison Insektizide aus. Als Folge davon haben sich bereits Resistenzen bei der Weißfliege entwickelt. Zwar gibt es einige Bohnenarten, die eine höhere Widerstandskraft gegen die Viren besitzen, doch die Übertragung einer stabilen Resistenz auf andere Sorten ist bisher nicht gelungen.

Die brasilianische Agrarforschungsgesellschaft Embrapa arbeitet schon lange daran, eine virusresistente Bohne zu entwickeln. Die Wissenschaftler machten sich dafür einen natürlichen Mechanismus zunutze, der an der Genregulation bei Pflanzen, Tieren und Menschen beteiligt ist, mit dem sich aber auch Zellen gegen Virenbefall schützen. Er unterbricht den Informationsfluss zwischen einem Gen - dem DNA-Code für ein bestimmtes Protein - und den „Protein-Fabriken“ in den Zellen (Ribosomen). Diese Form der Regulation wird als RNA-Interferenz (RNAi) bezeichnet: Ein kurzes RNA-Molekül bindet an die genau dazu passende Stelle der Boten-RNA (mRNA), welche die Bauanleitung für ein bestimmtes Protein zu den Ribosomen transportiert. Die Folge: Die RNA wird an dieser Stelle „unlesbar“ und das entsprechende Protein nicht gebildet.

Einige Pflanzen - auch Bohnen - schaffen es „von Natur“ aus, mit Hilfe des RNAi-Systems die Vermehrung der Viren in ihren Zellen zu unterbinden und so die Folgen eines Befalls abzumildern. Allerdings wird das System in der Regel erst aktiv, wenn die Pflanze tatsächlich infiziert ist. Dann aber ist es meist schon zu spät, um eine Ausbreitung des Virus und der damit verbundenen Krankheit wirksam zu verhindern.

Das Team bei Embrapa führte mit gentechnischen Methoden ein geeignetes Genkonstrukt in die Bohnen ein, welches das RNAi-Abwehrsystem permanent aktiv hält, so dass die Vermehrung der Viren nach einer Infektion sofort blockiert wird. In Feldversuchen zeigten die so „immunisierten“ Bohnen eine deutlich verbesserte Resistenz und wiesen nahezu keine der für BGMV-Befall typischen Symptome auf.

Bereits 2011 wurden die gv-Bohnen (EMB-PV051-1) von der brasilianischen Kommission für biologische Sicherheit (CTNBio) für den Anbau zugelassen. In den folgenden Jahren brachte Embrapa das Genkonstrukt in lokale Bohnensorten ein und führte in allen Anbaugebieten des Landes Freilandversuche durch. Auch die landestypischen Sorten wiesen nun eine deutlich bessere Widerstandskraft gegenüber dem BGM-Virus auf und erbrachten fast 20 Prozent mehr Erträge als konventionelle Bohnensorten. Zudem konnten die Landwirte drastisch Pflanzenschutzmittel einsparen. Insgesamt erzielten die Landwirte mit den neuen gv-Bohnen ein um bis zu 78 Prozent erhöhtes Einkommen.

Nach mehreren Verzögerungen begann 2020 schließlich der Verkauf des Saatguts, inzwischen sind die Pinto-Bohnen in den Supermärkten erhältlich.