Maiswurzelbohrer: Schäden in einem Maisfeld

Explodierende Befallszahlen: Der Maiswurzelbohrer ist nicht aufzuhalten

Der Maiswurzelbohrer, ein in den 1990er Jahren aus den USA eingeschleppter Schädling, hat sich in Europa etabliert. Besondere Vorschriften für den Maisanbau wie etwa Fruchtwechsel haben ihn nicht stoppen können. In Deutschland ist der Maiswurzelbohrer bisher vor allem am Oberrhein sowie in Nieder- und Oberbayern anzutreffen, er breitet sich aber weiter aus. In den letzten Jahren ist die Zahl der Käfer förmlich explodiert. 2022 fanden sich so viele wie noch nie in den aufgestellten Fallen.

Maiswurzelbohrer Fangzahlen Stand: 2022

Sprunghaft angestiegen: Zahl der in den aufgestellten Fallen gefangenen Käfer in Bayern und Baden-Württemberg. Weitere einzelne Funde: Nordrhein-Westfalen (2010), Hessen (2011), Rheinland-Pfalz (seit 2012), Sachsen (seit 2013), Thüringen, Brandenburg (seit 2021). Quellen: RP Freiburg, LTZ Augustenberg, ISIP, LfL Bayern, DMK

Mais, Befall Diabrotica

Die Larven des Käfers fressen an den Wurzeln, dadurch können die Pflanzen weniger Wasser und Nährstoffe aufnehmen und kippen leicht um. - Großes Foto oben: Schäden in der Steiermark 2014.

Mais, Befall Diabrotica

Die flugfähigen Käfer befallen auch die Kolben.

Fotos: Mihaly Czepo

Mais, Verbreitung Diabrotica Europa

Ausbreitung des Maiswurzelbohrers in Europa: Mitte der 1990er-Jahre eingeschleppt mit einem Flugzeug aus den USA, breitete sich der Schädling zuerst in Südosteuropa aus.

Karte: Stand 2012; Quelle: Purdue University

2007 ging das erste Exemplar eines Maiswurzelbohrers in eine der in Bayern und Baden-Württemberg aufgestellten Lockstofffallen. Allein in der Bodenseeregion wurden damals 346 Käfer gefangen.

Wie zuvor schon in anderen europäischen Maisanbauregionen wurden nun auch in Süddeutschland rigide Vorschriften eingeführt mit dem Ziel, den Schädling in den Befallsgebieten auszurotten und seine weitere Verbreitung zu verhindern.

In einigen Regionen war das Konzept erfolgreich, in anderen jedoch nicht: So konnten in der Bodenseeregion Befalls- und Sicherheitszonen 2010 aufgehoben werden.

Dagegen sind in der Rheinebene Baden-Württembergs sowie in Ober- und Unterbayern in den letzten Jahren die Zahlen der in den Fallen gefundenen Käfer sprunghaft gestiegen. In Bayern hatten sich die Fangzahlen 2018 gegenüber dem Vorjahr vervierfacht, in Baden-Württemberg nahezu verdoppelt. Seitdem steigen die Zahlen vor allem in Baden-Württemberg immer weiter an. 2022 fanden sich dort mit knapp 300.000 so viele Käfer wie noch nie in den aufgestellten Fallen. In Bayern waren es im selben Jahr 40.504, leicht weniger als im Jahr zuvor (41.045).

Als Reaktion auf die deutliche Zunahme des Schädlings hatte das Regierungspräsidium Freiburg bereits 2017 strengere Regeln für die Landwirte in der Rheinebene erlassen. Die empfohlene Fruchtfolge, Mais maximal in zwei aufeinanderfolgenden Jahren auf derselben Fläche anzubauen, musste verbindlich eingehalten werden. Aufgrund der steigenden Fangzahlen wurde diese Regelung zunächst um weitere drei Jahre bis 2022 verlängert, inzwischen gilt sie unbefristet.

Bis 2014 war der Maiswurzelbohrer noch ein sogenannter „Quarantäneschädling“ und die Vorschriften zur Befallskontrolle und –eindämmung entsprechend streng. Aber mit dem Wegfall des Quarantänestatus wurden die Anbauempfehlungen offenbar nicht mehr ausreichend umgesetzt. Ein Fruchtwechsel ist zurzeit die einzige praktische Methode, um den Schädling in den Griff zu bekommen, denn in Deutschland ist kein Pflanzenschutzmittel mehr zugelassen, mit dem der Schädling bekämpft werden könnte. Seit Ende 2013 ist Mais-Saatgut, das mit bestimmten Insektizid-Wirkstoffen (Neonicotinoide) gebeizt wurde, in der EU nicht mehr erlaubt. Und auch andere Insektizide stehen nicht zur Verfügung.

Doch ob sich allein mit Vorschriften zur Fruchtfolge eine weitere Verbreitung des Schädlings eindämmen lässt, scheint fraglich. Zu stark ist die Zahl der in den Fallen gefangenen Käfer gestiegen - trotz Fruchtfolge. Und inzwischen werden zunehmend auch Käfer in nördlicheren Bundesländern nachgewiesen. In Brandenburg waren es 2022 bereits 290, in Rheinland-Pfalz 3128 und auch in Sachsen und Thüringen wurden inzwischen Schädlinge gefunden.

Ein Schädling, der nicht aufzuhalten ist. Was tun, wenn es keine zugelassenen Pflanzenschutzmittel gibt?

Die Landwirtschaft ist auf die Entwicklung wirksamer und umweltverträglicher Bekämpfungskonzepte angewiesen. Eine Methode, die sich in Befallsgebieten in Ungarn und Österreich zunächst vielversprechend schien, ist der Einsatz von Fadenwürmern (Nematoden), die der Mais über seine Wurzeln anlockt. Nematoden sind natürliche Feinde des Wurzelbohrers, sie dringen in die Schädlingslarven ein und sondern ein Bakterium ab, was diese abtötet. Das Bakterium vermehrt sich dann in seinem abgestorbenen Wirt.

Leider war diese biologische Schädlingskontrolle nicht so erfolgreich wie erhofft. Am Max-Planck-Institut (MPI) für chemische Ökologie in Jena fand man heraus warum: Die Käferlarven können giftige Abwehrstoffe, die die Maispflanzen über die Wurzeln abgeben, in einer ungiftigen Form speichern, sie später bei Bedarf aktivieren und gegen die eigenen Feinde einsetzen. Der Schädling wandelt sozusagen die pflanzliche Abwehr zu seinem eigenen Schutz um.

Ein Forschungsteam am MPI in Jena will nun herausfinden, wie der Schädling die Verteidigung der Maispflanzen austrickst, um das eigene Überleben zu sichern. Gesucht wird nach den Genen, die ihn dazu befähigen. Ein mögliches neues Pflanzenschutzkonzept könnte darin bestehen, die entsprechenden Gene stillzulegen und den Mechanismus damit auszuhebeln.

In den USA, Kanada und Brasilien wurde 2015 und 2016 ein neuer Mais (MON87411) zugelassen, der die RNAi-Methode als Mittel gegen den Maiswurzelbohrer nutzt. Der von Monsanto und Dow AgroScience entwickelte MON87411-Mais bildet RNA-Schnipsel, die genau zu einem bestimmten Gen (snf7) im Erbgut des Maiswurzelbohrers passen und dieses blockieren. Das entsprechende Protein kann nicht mehr gebildet werden und der Schädling stirbt ab. MON87411 wurde verschiedenen bereits zugelassenen gv-Maislinien hinzugefügt. Nachdem die amerikanische Umweltbehörde EPA das RNAi-Konzept in Mais als Insektizid zugelassen hat, ist das Maissaatgut unter dem Markennamen SmartStax Pro inzwischen auf dem Markt. In der EU ist MON87411 seit Juli 2019 für den Import zugelassen.

Gentechnisch veränderter Mais, der den insektiziden Stoff Bt-Protein bildet, wird in den USA schon seit vielen Jahren auch gegen den Maiswurzelbohrer eingesetzt. Allerdings konnte der Schädling schon nach wenigen Jahren Resistenzen gegen das spezifisch gegen ihn gerichtete Bt-Protein entwickeln. Auch deshalb wird nun angestrebt, das klassische Bt-Konzept mit dem neuen RNAi-Ansatz zu verbinden.

Diskussion / Kommentare

Kommentare werden geladen…