Neuer Anlauf: Test mit gentechnisch veränderten Olivenfliegen in Spanien

(27.07.2015) Die britische Firma Oxitec hat in Spanien erneut einen Freilandversuch mit gentechnisch veränderten Olivenfliegen beantragt. Ein spezielles Genkonstrukt soll die Vermehrung der Schädlinge unterbinden und so die Population drastisch reduzieren. Dieses Konzept wird bereits bei anderen schädlichen Insekten angewandt, etwa bei der Tigermücke, welche die Erreger des Dengue-Fiebers überträgt. Wenn die spanischen Behörden den Antrag genehmigen, wäre es der erste Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Tieren in Europa. - Die Fliege führt derzeit zu erheblichen Ertragsverlusten im Olivenanbau und wird intensiv mit Insektiziden bekämpft.

Olivenfliege

Die Olivenfliege ist der am meisten gefürchtete Schädling im Olivenanbau. Sie legt ihre Eier in die reifenden Früchte. Die Maden fressen das Fruchtfleisch der Oliven.

Lorraine Graney, Bartlett Tree Experts, Bugwood.org

Stechmücke

Dengue-Fieber ist eine der am weitesten verbreiteten fieberhaften Infektionen weltweit. Jährlich erkranken mindestens 100 Millionen Menschen, hauptsächlich im Mittleren und Fernen Osten, Australien und Ozeanien, Süd- und Mittelamerika sowie Afrika. In den meisten Fällen verläuft die Infektion harmlos, dennoch verursacht sie rund 20 000 Todesfälle im Jahr.

Die Krankheit wird verursacht durch ein Virus, das durch Stechmücken der Gattung Aedes übertragen wird. Bisher existiert weder eine Therapie noch eine Impfung. Ein Zurückdrängen der Population der Überträgermücken wäre der erste Ansatz zu einer kausalen Bekämpfung der Krankheit.

Foto: iStockphoto

Im Olivenanbau in den Mittelmeerländern müssen regelmäßig große Mengen Insektizide gesprüht werden, hauptsächlich zur Bekämpfung der Olivenfliege. Diese Fliege legt ihre Eier auf oder in den Oliven ab und die Larven ernähren sich von dem Fruchtfleisch. Dadurch werden erhebliche Ertragsausfälle verursacht.

Eine Alternative zum teilweise massiven Insektizideinsatz wurde von der britischen Firma Oxitec entwickelt. Sie hat männliche Olivenfliegen gentechnisch so verändert, dass sie ein Gen tragen, das bei weiblichen Fliegen zum Tod führt. Es ist mit einer DNA-Sequenz gekoppelt, die bewirkt, dass es nur in weiblichen Organismen abgelesen wird. Dort sorgt es dafür, dass sich ein bestimmtes Protein im Körper ansammelt, das in zu hohen Mengen tödlich wirkt.

Werden die gentechnisch veränderten Männchen freigesetzt und paaren sich mit wilden Weibchen, stirbt der weibliche Nachwuchs bereits im Larvenstadium. Der männliche Nachwuchs trägt das „Sterblichkeits-Gen“ und gibt es in der nächsten Generation weiter. Auf diese Weise sollen die gv-Fliegen die Population ihrer wilden Artgenossen zurückdrängen.

Oxitech hatte bereits 2013 einen ersten Antrag zu Freilandversuchen mit Olivenfliegen gestellt, diesen jedoch später wieder zurückgezogen, da die spanischen Behörden weitere Daten verlangten. Offenbar hat das Unternehmen inzwischen den Antrag nachgebessert und erneut eingereicht.

Von Juli 2015 soll der Versuch auf einem tausend Quadratmeter großen Gelände acht Kilometer von der katalonischen Hafenstadt Tarragona entfernt beginnen und ein Jahr dauern. Die Zahl der freigesetzten gv-Olivenfliegen-Männchen hängt davon ab, wie viele wilde Fliegen auf den Olivenbäumen des Versuchsfeldes vorkommen. Maximal sollen in einer Woche 5000 gv-Männchen ausgesetzt werden.

Das Gelände ist mit einem Netz überspannt. Nach Abschluss des Versuchs soll in einem vierwöchigen Monitoring das Aussterben der gv-Fliegen verfolgt werden. Erkennen kann man die gv-Fliegen, weil ihnen auch ein Gen für ein fluoreszierendes Protein übertragen wurde, so dass sie unter speziellen Mikroskopen fluoreszieren.

In ihrem Freisetzungsantrag weisen die Wissenschaftler von Oxitec darauf hin, dass eine Auskreuzung auf andere Fliegenarten wegen des speziellen Paarungsverhaltens der Olivenfliege ausgeschlossen sei. Da die Olivenfliege ausschließlich auf Olivenbäumen lebt und keine alternativen Wirtspflanzen hat, würden andere Nahrungsketten oder Teile des Ökosystems nicht beeinflusst. Im Gegensatz zu Insektiziden, die auch Nützlinge töten, würde hier spezifisch ein einziger Schädling bekämpft.

Oxitec hatte seine Technik zunächst für die Bekämpfung von Krankheitserregern entwickelt, vor allem für Tigermücken (Aedes aegypti), die das Dengue-Virus übertragen. Mit diesen Mücken gab es bereits Freisetzungsversuche auf der Karibikinsel Grand Cayman, in Malaysia und Brasilien. Dabei sank die Tigermücken-Population innerhalb eines Jahres um 80 bis 95 Prozent. Inzwischen hat Brasilien als erstes Land die kommerzielle Nutzung der gv-Mücken genehmigt. Auch bei Pflanzenschädlingen wie dem Baumwollkapselwurm, der Kohlmotte und verschiedenen Fruchtfliegen wird das Konzept der „unterbrochenen Fortpflanzung“ erprobt.

Die FAO, die WHO, das U.S. Department of Agriculture und die EFSA haben in den letzten Jahren verschiedene Berichte und Stellungnahmen veröffentlicht, die sich damit befassen, wie die Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Insekten durchgeführt werden sollte. In der EU gibt es seit 2013 einen EFSA-Leitfaden für die Umweltverträglichkeitsprüfung von gv-Tieren. Für die Genehmigung des Freisetzungsantrages von_Oxitec_ sind jedoch die spanischen Behörden zuständig.

Nachtrag (07.08.2015): Oxitec hat den Antrag auf Freisetzung der gv-Olivenfliegen erneut zurückgezogen. Nach Medienberichten sollen die spanischen Behörden signalisiert haben, den Antrag nicht zu genehmigen.