C4 Reis

Fernziel C4-Reis: Evolutionssprung bei der Fotosynthese

Einige Pflanzenarten wie Mais, Hirse oder Zuckerrohr bilden in nur einer Anbausaison sehr viel Biomasse. Der Grund: Sie haben im Laufe der Evolution eine besonders effektive Form der Fotosynthese entwickelt. Wäre es nicht möglich, diese auch in andere Pflanzenarten „hineinzuzüchten“? Etwa in Reis, Grundnahrungsmittel für die Hälfte der wachsenden Menschheit? Seit einigen Jahren arbeitet ein ambitioniertes internationales Forschungsprojekt daran. Inzwischen gibt es erste Erfolge, doch der Weg bis zum Ziel ist noch lang.

Hirse

Hirse ist eine C4-Pflanze. Mit ihrer effektiveren Form der Fotosynthese kann sie in einer Anbausaison viel Biomasse und Ertrag bilden.

Foto: Anbauversuche mit Hirse am TFZ Straubing (Bayern)

Reis

Als C3-Pflanze bleibt Reis bei Biomasse und Ertrag deutlich zurück. Ihn zu einer effektiveren C4-Fotosynthese zu befähigen, ist ein anspruchsvolles Forschungsziel. Ob es erreicht werden kann, ist derzeit noch offen. Foto: IRRI

Fotosyntheseforschung: Größere Bündelscheide bei Arabidopsis-Mutante

Forschung: Bestimmte Blattzellen sind bei C4-Pflanzen größer als bei C3-Pflanzen. Durch eine zufällige Mutation wurde dies in einer C3-Arabidopsis-Pflanze ausgelöst (grüne Fluoreszens, rechts). In einem nächsten Schritt konnten die zuständigen Gene indentifiziert werden.

Foto: Westhoff, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

C4-Pflanzen: Mehr Effizienz, weniger Ressourcen

Die C4-Fotosynthese ist effektiver als die C3-Variante. Vor allem an heißen, trockenen Standorten bilden C4-Pflanzen deutlich mehr Biomasse. Zudem benötigen sie weniger Wasser und Nährstoffe.

Beispiele für C4-Pflanzen sind vor allem Gräser wie Mais, Hirse, Zuckerrohr, Amarant, Chinaschilf.

Nur 3 Prozent aller heute vorkommenden Pflanzenarten nutzen die C4-Fotosynthese. Dennoch entfallen auf sie etwa 25 Prozent der gesamten Fotosyntheseleistung der Landpflanzen.

Die C4-Fotosynthese ist evolutionsbiologisch wesentlich jünger. Alle C4-Pflanzen haben mehrere, ähnliche Evolutionsschritte durchlaufen.

Foto oben: IRRI (Internationales Reisforschungs-Institut)

Reis ist - wie auch Weizen, Roggen und die meisten anderen Pflanzen der gemäßigten Breiten - eine sogenannte C3-Pflanze. C3 deshalb, weil im Verlauf der Fotosynthese als erstes stabiles Produkt ein Molekül entsteht, welches drei Kohlenstoffatome (C-Atome) enthält. Bei einigen Pflanzenarten hat sich im Laufe der Evolution unabhängig voneinander eine andere Art der Fotosynthese entwickelt. Diese C4-Pflanzen bilden dabei als erstes stabiles Produkt ein Molekül mit vier Kohlenstoffatomen.

Diese „verbesserte“ Variante der Fotosynthese ist eine Anpassung an trockene, warme Standorte mit hoher Sonneneinstrahlung. Das Besondere: C4-Pflanzen verfügen über eine Art CO2-Pumpe, die dafür sorgt, dass immer genug davon für die Fotosynthese zur Verfügung steht - auch dann, wenn die Pflanze ihre Spaltöffnungen schließen muss, um Wasserverluste zu vermeiden. C4-Pflanzen können so auch unter sonst eher ungünstigen Bedingungen sehr effektiv Fotosynthese betreiben. Sie wachsen schneller und bilden mehr Biomasse als C3-Pflanzen am gleichen Standort. Außerdem benötigen sie weniger Wasser und Stickstoff. Viele ursprünglich aus tropischen oder subtropischen Regionen stammende Arten gehören zu den C4-Pflanzen, so auch einige Kulturpflanzen wie Mais, Zuckerrohr, Hirse und Amarant.

Eine effizientere Fotosynthese, deutlich mehr Ertrag bei geringerem Ressourcenverbrauch - es wäre sicher ein lohnendes Ziel, den C4-Stoffwechsel auf C3-Pflanzen zu übertragen. Doch es ist eine anspruchsvolle, äußerst komplexe Aufgabe.

Am weitesten fortgeschritten ist das Vorhaben bei Reis. Seit 2008 beschäftigen sich Wissenschaftler in einem großen internationalen Projekt damit, lange unter Federführung des International Rice Research Institute (IRRI) in Los Baños auf den Philippinen. Danach engagierte sich die Bill & Melinda Gates-Stiftung für das Projekt. Im Dezember 2019 sicherte sie noch einmal 15 Mio. US-$ für die nächsten fünf Jahre zu. Prof. Jane Landdale von der Oxford University leitet nun das internationale Konsortium, an dem auch Forschungseinrichtungen aus Deutschland beteiligt sind.

Die Evolution der C4-Fotosynthese: Viel Grundlagenforschung

Als erstes versuchen die Forscher herauszufinden, wie sich im Laufe der Evolution aus C3-Pflanzen C4-Pflanzen entwickelt haben. Erst wenn man diesen Vorgang versteht und die daran beteiligten Gene kennt, kann man versuchen, ihn auf andere Pflanzen zu übertragen.

So untersucht eine Forschergruppe um Professor Westhoff am Institut für Entwicklungs- und Molekularbiologie der Pflanzen an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, welche Gene für den Aufbau der Blätter verantwortlich sind. Die Blattanatomie ist von großer Bedeutung für die Funktion und Effektivität der C4-Fotosynthese.

Die Fotosynthese findet sowohl bei C3- als auch bei C4-Pflanzen in den Chloroplasten der Blattzellen statt. Anders als bei C3-Pflanzen ist sie jedoch bei C4-Pflanzen arbeitsteilig in zwei verschiedenen Zelltypen organisiert. Der zentrale Teil der Fotosynthese, die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Zucker, wurde in die weiter innen liegenden Zellen der Bündelscheide verlagert. Diese sind bei C4-Pflanzen entsprechend größer und dicht bepackt mit Chloroplasten. Um nun herauszufinden, welche Gene für den Übergang von einer C3- zu einer C4-Bündelscheide verantwortlich sind, lösen die Wissenschaftler bei der Modellpflanze Arabidopsis zufällige Mutationen aus. Weist eine der Mutanten eine größere Bündelscheide auf, lassen sich die Gene identifizieren, die dazu geführt haben.

C4-Fotosynthese in Reis: Eine komplexe Aufgabe

Da die C4-Fotosynthese im Laufe der Evolution mehr als 60-mal unabhängig voneinander entstanden ist, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Übergang von der C3- zur C4-Fotosynthese genetisch nicht allzu schwierig war. Die bisherigen Untersuchungen zeigen denn auch, dass die Voraussetzungen für die C4-Fotosynhtese bereits in C3-Pflanzen angelegt und die entsprechenden Gene vorhanden waren. Sie mussten lediglich an die besonderen Anforderungen angepasst werden. Hilfreich für das Verständnis dieses Prozesses sind Pflanzenarten, die beide Formen der Fotosynthese betreiben und bei denen sogar Zwischenstufen zu finden sind wie z.B. die Pflanzengattung Flaveria. Auch bei der C4-Pflanze Mais haben die Lieschblätter, die die Kolben umhüllen, noch eine C3-typische Blattstruktur.

In Mais und Hirse konnten schon einige Gene identifiziert werden, die im C4-Stoffwechsel eine wichtige Rolle spielen. Einige solcher Gene aus Mais wurden isoliert und in Reispflanzen eingeführt, um ihre Wirkung zu untersuchen.

Inzwischen wird auch im C4-Reis-Projekt nicht mehr nur mit klassischen Methoden der Gentechnik gearbeitet. Mit den neuen Methoden des Genome Editing wird es möglich, Gene gezielt zu verändern, d.h. es werden keine Genkonstrukte mehr in die Pflanzen eingeführt, sondern die vorhandenen Gene werden „umgeschrieben“, so wie es bei natürlichen Mutationen auch passiert. Die bisherige Forschung legt nahe, dass die nötigen Veränderungen in der Struktur des Reises mit etwa zwölf, die biochemischen Veränderungen mit zehn entsprechend angepassten Genen erreicht werden könnten.

Trotz aller Fortschritte bei der Erforschung des genetischen Codes für einen C4-Reis - ihn zu entwickeln und erst recht auf die Felder der Kleinbauern in Asien zu bringen, bleibt ein Mehr-Generationen-Projekt. Am Ende der aktuellen Förderperiode, so hofft das C4-Forschungskonsortiums, sollen erste Tests auf Versuchsfeldern in Taiwan beginnen.