Mais Trockenheit

Pflanzen für den Klimawandel: Bessere Erträge bei Hitze und Trockenheit

Mit dem Klimawandel wird es heißer und trockener. Die Ernten fallen geringer aus, manchmal mit dramatischen Folgen. Kulturpflanzen, die mit weniger Wasser auskommen und dennoch gute Erträge liefern, sind inzwischen das wohl wichtigste Ziel der Pflanzenzüchtung. Doch egal mit welchen Verfahren - herkömmlich, mit Gentechnik oder neuen Verfahren wie der Gen-Schere CRISPR/Cas - der Weg zu trockentoleranten, klimaresilienten Pflanzensorten ist kompliziert. Schnelle, einfache Lösungen gibt es kaum. Dennoch: Erste Erfolge sind da.

Die letzten heißen und trockenen Jahre waren wohl nur der Vorgeschmack: In Mitteleuropa, aber auch in vielen Regionen verschlechtern sich die Bedingungen für die Landwirtschaft. Mit jedem Grad Celsius, um das die globale Durchschnittstemperatur steigt, gehen allein die Weizenerträge weltweit um sechs Prozent zurück, bei Mais fallen die Ernten um um 7,5, bei Reis und Soja um gut drei Prozent niedriger aus. Zudem nehmen extreme Wettereignisse zu.

Der Klimawandel gefährdet die Ernährungssicherheit in vielen Regionen der Welt. Etwa ein Viertel der globalen Weizenproduktion entfällt auf Länder mit hohem oder sehr hohem Dürrerisiko. In Ostafrika kam es mehrfach zu Hungerkatastrophen, als der Mais – dort Grundnahrungsmittel – auf den Feldern verdorrte. Und auch in Deutschland entstanden den Landwirten im Dürrejahr 2018 Schäden von 2,5 Milliarden Euro.

Wasser ist eine äußerst knappe Ressource. Zwei Drittel des weltweiten Wasserverbrauchs gehen auf das Konto der Landwirtschaft. In vielen Regionen ist das vorhandene Wasser der limitierende Faktor. Es kann nur die Menge an Nahrungsmitteln erzeugt werden, für die das Wasser ausreicht.

Zuchtgarten Genbank IPK

Genbank Gatersleben: Genetische Ressourcen für klimaangepasste Pflanzen

Zwar können die Landwirte durch angepasste Kulturarten, geeignete Fruchtfolgen und Bearbeitungsverfahren die Austrocknung und Erosion des Bodens vermindern. Doch der Schlüssel, die Folgen von Klimawandel und Wasserknappheit abzumildern, ist die Entwicklung von Pflanzen mit hoher „Wassernutzungseffizienz“ – die möglichst viel Ertrag mit wenig Wasser produzieren und so dazu beitragen, dass Hitze und Trockenheit die Ernten nicht mehr so schnell gefährden.

Lange war eine verbesserte Trockentoleranz für die Pflanzenzüchter ein schwieriges, wenig attraktives Ziel mit nur bescheidenen Erfolgen. Das ändert sich gerade. Dazu hat nicht nur das enorm gewachsene Wissen aus der Pflanzenforschung beigetragen, sondern auch neue Labortechniken und Züchtungsverfahren. Molekularbiologie, Genetik, Bioinformatik und künstliche Intelligenz – Wissenschaftler aus vielen Bereichen, aber auch Züchter und Agro-Unternehmen arbeiten überall auf der Welt mit Hochdruck an klimaresilienten Pflanzen.

Doch anders als manche Resistenzen gegen Krankheiten oder Schädlinge wird eine bessere Toleranz gegenüber abiotischem Stress – Hitze, Trockenheit, aber auch Unwetter, Kälte und Versalzung – nicht durch einzelne Gene bestimmt, sondern durch ein komplexes Zusammenspiel zahlreicher genetischer Faktoren. Einfach ein „fremdes“ Gen zu übertragen oder ein vorhandenes zu verändern, führt in der Regel nicht zu besser angepassten Pflanzen.

(1) Den genetischen Hintergrund für Trocken- und Stresstoleranz identifizieren

Bestimmte Pflanzen haben es im Laufe der Evolution geschafft, sich an veränderte Umweltbedingungen anzupassen und so „gelernt“, auch längere Perioden ohne Wasser zu überleben. Manche Pflanzenarten intensivieren etwa bei Trockenheit ihr Wurzelwachstum, um an Wasser in tieferen Bodenschichten heranzukommen, andere stellen dagegen ihr Wachstum ein.

Ein weiterer Mechanismus zur Regulation des Wasserhaushalts sind die Spaltöffnungen (Stomata) an der Blattunterseite, durch die Pflanzen CO2 aus der Luft aufnehmen, Wasser und Sauerstoff herauslassen. Bei Wassermangel bleiben die Öffnungen geschlossen. Damit schafft es die Pflanze, mit weniger Wasser auszukommen und so länger zu überleben. Doch das führt auch zu einer Verringerung der Fotosynthese. Einige Pflanzenarten können in ihren Organen Wasser speichern, andere regulieren bei Dürre oder Hitze ihren Stoffwechsel herunter.

Manchmal sind solche Eigenschaften im Genpool einer Pflanzenart vorhanden und sie könnten in verwandte Kultursorten eingekreuzt werden. Oder sie sind im Verlauf der Evolution oder ihrer langen Züchtungsgeschichte verkümmert, könnten aber wieder „rekonstruiert“ werden. Denkbar ist auch, eine gute Stresstoleranz von einer auf eine andere Art zu übertragen.

Wie auch immer: Um zu klimaresilientere Pflanzen zu kommen, müssen die zugrunde liegenden Mechanismen erkannt und molekularbiologisch verstanden sein. Es gilt herauszufinden, von welchen Genen sie codiert und wie sie reguliert werden. Meist sind es nicht einzelne DNA-Sequenzen, sondern komplexe, sich gegenseitig beeinflussende Netzwerke. Hinzu kommen Interaktionen beim „Ablesen“ des genetischen Codes und seiner „Übersetzung“ in Proteine (Transkriptom). Noch ist daher viel Grundlagenforschung nötig, um in einem Genom mit Milliarden von DNA-Bausteine geeignete Ziele zu finden, an denen die Entwicklung stress- oder trockentoleranter Pflanzen ansetzen könnte – ohne gleichzeitig andere erwünschte Merkmale zu beeinträchtigen. Fast alle natürlichen Stressreaktionen gehen mit reduzierten Fotosynthese-Aktivitäten einher: Die Pflanzen wachsen nicht mehr oder bilden kleinere Früchte oder Samen aus (Notreife): In der Landwirtschaft bedeutet das geringere Ernten.

(2) Identifizierte Stresstoleranz-Gene in der Züchtung nutzen

Sind geeignete Gene oder Netzwerke identifiziert, welche die Stresstoleranz von Kulturpflanzen verbessern könnten, müssen sie in deren Genom eingebracht oder – falls dort rudimentär vorhanden - aktiviert oder modifiziert werden. Das ist sowohl mit herkömmlichen – allerdings molekularbiologisch unterstützten – Züchtungsverfahren möglich, als auch mit Hilfe der Gentechnik und den neuen Genome Editing-Verfahren wie der Gen-Schere CRISPR/Cas.

Mais, Trockenheit

Smart Breeding: Trockentoleranter Mais für Afrika.

Klassische Züchtung (Smart Breeding): Vor allem mit der modernen „Präzisionszüchtung“ - auch Smart Breeding genannt – sind in den letzten Jahren erstaunliche Fortschritte bei Sorten mit verbesserter Stresstoleranz erzielt worden. Wieder liefert Forschung die Basis: Man sucht in Genbanken oder den Herkunftsregionen der jeweiligen Kulturarten nach seltenen, bisher kaum bekannten Wildarten oder Landrassen, die besonders gut an Trockenheit angepasst sind.

Oft ist es allerdings schwierig, im Genom dieser Pflanzen die dafür verantwortlichen Gene und Genabschnitte zu identifizieren. Man nutzt statt dessen sogenannte molekulare Marker – verschiedene DNA-Sequenzen, die wie ein molekularer Fingerabdruck die gewünschte Eigenschaft „markieren“. Voraussetzung ist, dass solche Marker zuvor durch Genomsequenzierung und -analyse identifiziert worden sind.

Nach der Einkreuzung trockentoleranter Verwandter in Kultursorten lässt sich in den Nachkommen überprüfen, ob die mit dem angestrebten Merkmal korrelierenden Marker vorhanden sind. Ist das der Fall, haben die Nachkommen wahrscheinlich diese Eigenschaft, etwa eine bessere Trockentoleranz, geerbt. Ohne dass die dafür verantwortlichen Gene im einzelnen bekannt sein müssen, wird dann mit diesen Pflanzen weitergezüchtet. Verschiedene Sorten mit so verbesserter Stresstoleranz und Wassereffizienz werden überall auf der Welt angebaut, auch in Afrika.

Weizen in der Sonne

Gentechnik: Weizen mit einem Gen aus Sonnenblumen, welches die Stresstoleranz verbessert.

Gentechnik: Während man mit Smart Breeding versucht, genetische Netzwerke von Wild- in Kulturpflanzen möglichst optimal „einzukreuzen“, werden mit gentechnischen Verfahren einzelne Gene für bestimmte Schlüsselproteine oder Hormone übertragen. Diese kommen in einigen Pflanzenarten von Natur aus vor und sorgen dafür, dass diese bei Dürre oder Hitze ihr Wachstum länger aufrecht erhalten können. So setzt etwa die Notreife, mit der sich manche Pflanzen einkapseln, erst später ein. Werden solche „Booster“-Gene in andere Pflanzenarten eingeführt, können sie auch dort ähnlich wirken.

Trotz anfänglicher Enttäuschungen sind inzwischen bei mehreren Kulturarten gv-Sorten auf dem Markt, die zumindest unter moderatem Hitze- oder Dürrestress bessere Erträge liefern als vergleichbare konventionelle Sorten.

  • Schon seit 2013 wird in den USA DroughtGard-Mais angebaut. Er besitzt ein zusätzliches Gen aus Bacillus subtilis-Bakterien, das für die Bildung des „Kälte-Schock-Proteins“ (cspB) sorgt. In Stresssituationen wie Wassermangel trägt es dazu bei, wichtige Zellfunktionen aufrechtzuerhalten. Inzwischen ist das cspB-Gen in zahlreichen Maissorten als Standard-Merkmal enthalten. Bei leichter Trockenheit sollen diese ohne zusätzliche Bewässerung sechs bis zehn Prozent mehr Erträge bringen.
  • In Argentinien sind Sojabohnen entwickelt worden, deren bessere Stresseigenschaften auf ein neu eingeführtes Gen (HB4) aus der Sonnenblume zurückgehen, welches die Ethylenbiosynthese und damit das Pflanzenwachstum unter Stress beeinflusst. In Feldversuchen lagen die Erträge bei Trockenstress und hohem Salzgehalt um 14 Prozent höher als bei herkömmlichen Sojabohnen. Auch in Weizen wurde das HB4-Gen eingeführt, dort sogar mit noch deutlicheren Ertragssteigerungen. Sowohl der Weizen als auch die Sojabohnen sind in Argentinien und Brasilien für den Anbau zugelassen.
  • In Indonesien befindet sich Zuckerrohr mit erhöhter Trockentoleranz im Versuchsanbau. Hier wurde ein bakterielles Gen für ein Protein eingeführt, das Pflanzenzellen unter Trockenstress stabilisiert.

Weitere interessante Gene und Genkombinationen sind in Arabidopsis, der Modellpflanze der Pflanzengenetiker, „entdeckt“ worden, welche eine bessere Toleranz gegen Wassermangel, Hitze oder Salz vermitteln. In zahlreichen Projekten sind solche Gene auf verschiedene Kulturarten übertragen worden, etwa Erdnuss, Mungobohne, Kichererbse, Paprika oder Tomate. Mit einigen dieser Pflanzen werden bereits Freilandversuche durchgeführt.

Reisfeld bei Trockenheit

Gen-Schere CRISPR/Cas: Bald trockentoleranter Reis?

Fotos: i-bio, P.Love/CIMMYT; Iakov Kalinin/123RF, iStock; großes Foto oben: Igor Stefanovic/123RF

Genome Editing (CRISPR/Cas): Diese Verfahren arbeiten präziser: Sie können an vorgegebenen Stellen im Erbgut Punktmutationen herbeiführen und so DNA-Sequenzen inaktivieren, umschreiben oder dort zusätzliche Gen-Strukturen einfügen. Zudem können bewährte Sorten direkt editiert werden, ohne deren Anbau- und Produkteigenschaften zu verlieren.

Die Fähigkeit von Pflanzen, sich an Hitze- und Trockenheit anzupassen, beruht darauf, verschiedene dafür verantwortliche Gene ab- oder anzuschalten und deren Aktivitäten zu regulieren. Die jeweiligen genetischen Netzwerke werden so ausgerichtet, dass die Pflanze mit Stresssituationen besser fertig wird. Es gibt viele solcher „Stellschrauben“, an denen die Gen-Schere CRISPR/Cas ansetzen könnte, um diese Reaktionen zu verbessern oder zu beschleunigen. Allerdings muss man dazu nicht nur die beteiligten Gene und ihre Interaktionen genau kennen, sondern auch wissen, wie und wozu sie umgeschrieben werden sollen.

Die Basis dafür ist eine breit aufgestellte Grundlagenforschung. Das Wissen, wie mit Hilfe von Genome Editing Pflanzen besser an den Klimawandel angepasst werden können, nimmt rasch zu, wie es mehrere wissenschaftliche Publikationen – etwa Hotter, drier, CRISPR: Editing for climate change – aufgezeigt haben.

Eine von der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU-Kommission (JRC) erstellte Übersicht listet weltweit knapp 40 Forschungsprojekte auf, die auf eine bessere Toleranz gegen abiotischen Stress - Hitze, Trockenheit, Überschwemmungen, Salz - abzielen, die meisten noch in einem frühen Stadium (2021). Fortgeschrittene Projekte, meist mit Hilfe von CRISPR/Cas, gibt es etwa bei Reis, Weizen, Sojabohnen, Kichererbsen, Tomaten und Kiwis. In der eusage-Datenbank (European Sustainable Agriculture Through Genome Editing) sind aktuell 60 Pflanzen-Forschungsprojekte aufgeführt, die eine bessere Toleranz gegenüber abiotischem Stress zum Ziel haben, die meisten bei Weizen und Reis (Juli 2023).

Am Innovative Genomics Institute (IGI), gegründet von Nobelpreisträgerin Jennifer Doudna, gelang es einem Forschungsteam, bei Reis durch das CRISPR-indizierte Abschalten eines Gens die Zahl der Spaltöffnungen (Stomata) zu verringern und damit die Wassereffizienz zu verbessern. Neu und überraschend war, dass die Eigenschaft nicht mit einer verringerten Fotosyntheseleistung erkauft wurde, wenn eine bestimmte Variante des Stomata-Gens ausgeknockt wurde. Die Ergebnisse im Gewächshaus waren vielversprechend, nun beginnen Feldversuche.

Ein anderer trockentoleranter Reis, entwickelt vom Team der bekannten Pflanzenforscherin Pamela Ronald an der University of Davis in Kalifornien, soll demnächst im Freiland getestet werden.

Einen Mais mit verbesserter Stresstoleranz hat der Agrarkonzern Corteva (früher: DuPont-Pioneer) entwickelt. Zunächst hatte man entdeckt, dass ein bestimmtes Protein (ARGOS8) die Empfindlichkeit der Zellen gegenüber dem Wachstumshormon Ethylen senkt. Produziert die Pflanze mehr dieses Proteins, ist sie bei Stress robuster und stellt nicht wie sonst bei Wassermangel das Wachstum ein. Mit der CRISPR-Methode gelang es, den Schalter (Promotor) des ARGOS8-Gens so umzuschreiben, dass er auch unter Stressbedingungen aktiv bleibt. In ersten Feldversuchen zeigte sich, dass der so editierte Mais bei Trockenheit bessere Erträge liefert als vergleichbare konventionelle Sorten. Unter normalen Bedingungen blieben die Erträge dagegen unverändert. Ob und wann der Mais auf den Markt kommt, ist bisher noch offen.

Es wird wohl noch etwas dauern, bis genom-edierte Nutzpflanzen mit verbesserter Dürre- und Hitzetoleranz auf den Feldern stehen. Die Verfahren – vor allem CRISPR/Cas – sind gerade erst zehn Jahre alt. Sie werden zwar immer präziser und differenzierter, doch ohne ein tiefes molekularbiologische Verständnis von den komplexen genetischen Netzwerken werden sich verbesserte Stresstoleranzen nicht einfach herbei editieren lassen. Es wird noch etwas dauern, aber solche klimaresilienten Pflanzen werden kommen.

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