Afrikanische Schweinepest

Afrikanische Schweinepest: Wann gibt es Impfstoffe oder resistente Hausschweine?

Landwirte in Europa zittern vor der Afrikanischen Schweinepest. Seit 2007 rückt sie von Osten her vor, 2020 ist sie auch in Deutschland angekommen: Zuerst nur in Wildschweinen, im Juli 2021 auch in Hausschweinen. Sollte es nicht gelingen, eine weitere Verbreitung zu stoppen, wären die Folgen gewaltig. Bis wirksame Impfstoffe erhältlich sind, wird noch einige Zeit dauern. Schon länger laufen Forschungsprojekte zu resistenten Schweinen, auch am Friedrich-Loeffler-Institut auf der Ostsee-Insel Riems.

Afrikanisches Warzenschwein

Das afrikanische Warzenschwein trägt eine bestimmte Variante des RELA-Gens, die die Tiere widerstandsfähiger gegen die Afrikanische Schweinpest macht. Dagegen breitet sie sich unter Wildschweinen immer weiter aus.

Schweine, ASF resisent

Am schottischen Roslin Institute wurde bei Hausschweinen das RELA-Gen so umgeschrieben, dass es dem der Warzenschweine entspricht. So sollen die Tiere widerstandsfähiger gegen die ASP gemacht werden.

Fotos: University of Edinburgh; Norrie Russell, Roslin Institute. Großes Foto oben: iStock

Vermutlich kamen die Viren, Auslöser der Afrikanischen Schweinepest (ASP), 2007 mit verseuchten Speiseabfällen nach Georgien. Von dort breiteten sie sich immer weiter nach Westen aus und erreichten 2014 erstmals die EU. Im September 2020 wurde die ASP erstmals auch in Deutschland in einem Wildschweinkadaver nahe der Grenze zu Polen nachgewiesen. Seitdem steigen die Fallzahlen an. Inzwischen ist Deutschland nach Polen das Land mit den meisten ASP-Fällen in ganz Europa: 2022 wurden bei 1229 Schweinen ASP-Infektionen nachgewiesen, bis auf wenige Ausnahmen nur bei Wildschweinen (Stand 21.10.2022). Für die östlichen EU-Ländern sind 2021 knapp 14.000 ASP-positive Schweine registriert, davon 13 Prozent Hausschweine.

Die ersten infizierten Hausschweine entdeckte man in Deutschland im Juli 2021 in drei Betrieben in Brandenburg. Wenige Monate später war auch ein Betrieb in einem bisher ASP-freiem Gebiet im Landkreis Rostock betroffen. Alle Tiere wurden getötet, Sperrbezirke eingerichtet. 2022 waren es noch einmal drei infizierte Hausschweine.

Das ASP-Virus wird zwischen Schweinen nur direkt etwa durch Blut und Sekret übertragen. Menschen oder andere Tierarten befällt der Erreger nicht. Doch das Virus schafft es, auch größere Entfernungen problemlos zu überwinden – mit Hilfe des Menschen, etwa durch Tiertransporte, Kleidung und Schuhe, vor allem in Nahrungsresten: In Fleisch- und Wurstprodukten bleibt das Virus mehrere Jahre aktiv. Ein achtlos weggeworfenes Schinkenbrot kann so der Anfang einer Infektionskette sein, über die sich das Virus in Wildschweinbeständen ausbreitet. Der Sprung vom Wild- auf das Hausschwein ist dann nicht mehr weit.

Fast alle infizierten Tiere sterben innerhalb von sieben bis zehn Tagen. Was bleibt, sind rigorose seuchenhygienische Maßnahmen, um eine weitere Verbreitung des Virus zu unterbinden. Schon im Verdachtsfall werden in einem betroffenen Bestand alle, auch die noch gesunden Tiere getötet und beseitigt. Zudem schreibt die Schweinepest-Verordnung vor, großflächige Sperrbezirke einzurichten, in die keine Schweine oder Schweineprodukte hinein- und auch nicht herausgebracht werden dürfen. Einige EU-Länder haben Schutzzäune errichtet, um das Einwandern von infizierten Wildschweinen zu verhindern, etwa Dänemark entlang der Grenze zu Deutschland, Frankreich und Luxemburg zu Belgien. Allerdings ist umstritten, ob solche Zäune tatsächlich einen wirksamen Schutz bieten können.

Für die Länder, in denen die ASP bereits nachgewiesen wurde, ist es trotz seuchenhygienischer Maßnahmen schwierig, die Krankheit wieder vollständig los zu werden. Damit ein Land wieder als „ASP-frei“ gilt, darf das Virus ein Jahr lang nicht mehr nachgewiesen werden.

Forschung (1): Resistente Hausschweine?

Schon seit Jahren wird an der Züchtung resistenter oder weniger anfälliger Schweinerassen gearbeitet - bisher erfolglos. Doch inzwischen besteht Hoffnung, denn auch in der Tierzüchtung haben sich mit den neuen Genome Editing-Verfahren vielversprechende Möglichkeiten eröffnet.

Am Institut für Nutztiergenetik des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) wollen Wissenschaftler mit Hilfe der Gen-Schere CRISPR/Cas Schweine widerstandsfähiger gegen ASP-Infektionen machen. Die Grundidee: die Schweine sollen in ihren Zellen selbst geeignete molekulare Werkzeuge herstellen, welche die eingedrungenen ASP-Viren zerstören.

Zunächst überprüfte die Arbeitsgruppe am FLI ihr Konzept an Lungenzellen von ASP-anfälligen Wildschweinen. Mit gentechnischen Verfahren wurde in deren Erbgut zusätzliches Genmaterial eingeführt, welches dafür sorgt, dass in den so veränderten Zellen die CRISPR-Werkzeuge - RNA-Sonde und das Schneideprotein Cas9 - gebildet werden. Die Sonde passt genau auf ein bestimmtes Virus-Gen. Dort zerschneidet das mit der Sonde verbundene Cas-Protein das Virus-Gen und verhindert so, dass sich die ASP-Viren vermehren können. Mit Erfolg: der Virenbefall konnte so um ein Vielfaches reduziert werden. Fehlschnitte (off-target-Effekte) außerhalb des definierten Ziels im Virus-Genom wurden nicht festgestellt.

Was in der Zellkultur funktionierte, soll auch bei Schweinen gelingen: Der DNA-Code für die Bauanleitung der CRISPR-Werkzeuge wurde in fötale Zellen eingebracht. Die aus den Zellen herangezogenen Schweine erwiesen sich als robuster im Vergleich zu unveränderten Tieren. Nach einer ASP-Infektion war die Vermehrung der Viren deutlich gehemmt. Als nächstes stehen nun weitere Testreihen an.

Einen anderen Ansatz verfolgen Forscher am Roslin Institute im schottischen Edinburgh. Sie zielen auf ein Schweine-Gen (RELA), welches bei einer Virus-Infektion eine Überreaktion des Immunsystems auslöst und damit für den schnellen Krankheitsverlauf verantwortlich ist. Einige afrikanische Schweinearten wie Warzen- und Buschschwein sind resistent gegenüber dem ASP-Virus. Sie tragen eine andere Variante (Allel) des RELA-Gens in ihrem Genom, welche die Immunreaktion dämpft und die Tiere robuster gegen die Virusattacken macht.

Die Wissenschaftler am Roslin Institute haben mit Zinkfinger-Nukleasen, einem anderen Genome Editing-Verfahren, das RELA-Gen in Hausschweinen so umgeschrieben, dass es genau der Warzenschwein-Variante entspricht. Die gezielten Veränderungen wurden an frisch befruchteten Eizellen durchgeführt, aus denen mehrere Schweine herangezogen wurden. In einer abgeschlossenen Station wurde dann geprüft, ob das umgeschriebene RELA-Gen die Widerstandsfähigkeit gegenüber der Schweinegrippe tatsächlich erhöht.

Die editierten Hausschweine erwiesen sich in den Tests zwar nicht so widerstandsfähig wie erhofft, doch bei einigen Tiere dauerte es länger, bis sich Krankheitssymptome zeigten. Zudem enthielten sie im Blut und Nasensekret weniger Viren-DNA. Dennoch wollen die Wissenschaftler ihre Grundidee weiterverfolgen, den genetischen Hintergrund für die ASP-Resistenz der Warzenschweine auf Hausschweine zu übertragen. Wahrscheinlich müssen noch weitere genetischen Elemente einbezogen werden, nicht nur das RELA-Gen.

Forschung (2): Impfstoffe gegen die Afrikanische Schweinegrippe

Auch bei der Entwicklung von Impfstoffen gibt es erste Erfolge. Im Juni 2022 wurde in Vietnam der erste kommerzielle Impfstoff für Hausschweine gegen ASP zugelassen. Entwickelt wurde er von der vietnamesischen Firma Navetco zusammen mit Forschern in den USA. Es handelt sich um einen abgeschwächten Lebendimpfstoff, bei dem ein Virus-Gen entfernt wurde. Damit ist es nicht mehr krankheitserregend, bewirkt jedoch eine Immunität beim damit geimpften Schwein.

In vielen Ländern wird mit Hochdruck an der Entwicklung eines Impfstoffes gearbeitet. Dabei spielen insbesondere gentechnische Verfahren eine große Rolle, da sie deutlich schneller zum Ziel führen und viel zielgenauer sind. Der Einsatz von mRNA-Impfstoffen, wie sie seit der Corona-Pandemie allgemein bekannt sind, kommt bisher nicht in Frage, da beim ASP-Virus bisher ein zentrales Antigen fehlt, das sich - wie das Spike-Protein beim Corona-Virus - als Stimulans einer Immunantwort eignet.

Dass die Entwicklung eines ASP-Impfstoffes so kompliziert ist, liegt vor allem daran, dass das Virus außergewöhnlich groß und komplex ist. Schwierigkeiten bereiten auch bestimmte Stoffe des Virus - sogenannte Immunmodulatoren - die es davor schützt, vom Immunsystem entdeckt zu werden, so dass sich in eingedrungene Viren in den Schweinezellen ungestört vermehren können. - Am Friedrich-Löffler-Institut hat man ASP-Viren mit gentechnischen Methoden diese Faktoren entfernt, damit das Immunsystem die Viren erkennt und Antikörper und Abwehrzellen bilden kann. Außerdem wurden die Virulenzfaktoren, also diejenigen Eigenschaften, die das Tier erkranken lässt, entfernt. In Labortests erwies sich der Impfstoff als vielversprechend. In ersten Versuchen mit lebenden Hausschweinen zeigten die meisten der geimpften Schweine keine Krankheitssymptome, während die ungeimpften Kontrolltiere schwer erkrankten.

Trotz der Fortschritte in der Impfstoffentwicklung ist vorerst nicht praxisreifen Produkten zu rechnen. Ein Zulassungsantrag für den Impfstoff aus Vietnam wurde bisher nicht gestellt. Ohnehin ist umstritten, ob eine vorbeugende Impfung von Hausschweinen überhaupt sinnvoll ist. In der Regel kann mit den etablierten Verfahren der Tierseuchenbekämpfung eine weitere Ausbreitung des ASP-Virus und damit ein Befall weiterer Schweinebetriebe gut gestoppt werden.

Um ASP-Infektionsketten zu unterbrechen und die Seuche einzudämmen, wäre vor allem die Impfung von Wildschweine sinnvoll. Diese wäre nur über ausgelegte Köder flächendeckend möglich. Doch besonders, wenn es sich bei den eingesetzten Impfstoffen um modifizierte gentechnisch veränderte Viren handelt, müssten mögliche Risiken einer solchen Freisetzung beherrschbar sein. Die Untersuchungen zur Sicherheit und Wirksamkeit solcher Impfstoffe dürften sich noch über Jahre hinziehen.

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