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Stärke-Kartoffel: Neuer Anlauf mit CRISPR in Schweden

(22.07.2019) Schwedische Wissenschaftler haben eine neue Stärke-Kartoffel entwickelt. Mit der Genschere CRISPR/Cas blockierten sie ein Gen - das gleiche wie bei der inzwischen wieder vom Markt verschwundenen Gentechnik-Kartoffel Amflora. Jetzt könnte die CRISPR-Kartoffel das gleiche Schicksal ereilen, denn auch sie gilt seit 2018 in Europa als gentechnisch veränderter Organismus. Hoffnungen auf eine baldige Vermarktung wurden damit fürs Erste ausgebremst. In Schweden soll die Kartoffel nun ab diesem Jahr auf bis zu 1500 Hektar freigesetzt werden.

Kartoffelernte Amflora

Von 2019 bis 2023 sollen in Schweden auf maximal 1500 Hektar CRISPR-Kartoffeln freigesetzt werden.

Foto: BASF

Amylose-freie Stärke-Kartoffeln sind nicht neu. Das gleiche Gen wurde mit unterschiedlichen Methoden ausgeschaltet:

Gentechnik-Kartoffel Amflora:
- 1996 Zulassung beantragt für Anbau
- 2009 Zulassung erteilt
- 2013 Zulassung zurückgezogen

Konventionell gezüchtete Stärkekartoffeln
- Eliane: Mutagenese, von der Firma Avebe 2005 auf den Markt gebracht.
- Tilling-Kartoffel: Mutagenese + schnelles Screening-Verfahren, von der Firma Bioplant und Frauenhofer IME entwickelt.

Großes Foto oben: Mohammed Anwarul Kabir Choudhury, 123RF

„Die neue Kartoffel wird die erste Kulturpflanze in Schweden sein, die mit CRISPR/Cas entwickelt wurde“, so kündigte die Swedish Starch Manufacturers‘ Association (SFF) bereits 2016 eine neue Kartoffel an, deren Stärke für industrielle Zwecke optimiert wurde. Entwickelt wurde sie in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Swedish University of Agricultural Sciences (SLU). Mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas schalteten sie ein Gen aus, das für die Bildung des Stärkebestandteils Amylose verantwortlich ist. Die Kartoffel enthält somit keine Amylose mehr, sondern nur noch den Stärketyp Amylopektin. Das spart bei der industriellen Verarbeitung der Stärke erhebliche Mengen an Chemikalien ein, die sonst zur Auftrennung der verschiedenen Stärketypen eingesetzt werden.

Mit der Genschere CRISPR/Cas ist es in den letzten Jahren möglich geworden, im Genom von Pflanzen zielgenau Punktmutationen auszulösen. Wenn es etwa - wie bei der Amylose-freien Kartoffel - darum geht, einzelne Gene auszuschalten, ist sie ein präzises und schnelles Werkzeug. Deshalb boomt die Forschung mit CRISPR/Cas weltweit - auch bei Pflanzen. In etlichen Ländern, darunter die USA, Kanada, Brasilien und Argentinien dürfen mit den neuen Züchtungstechniken (Genome Editing) erzeugte Pflanzen ohne weitere Auflagen auf die Felder - wenn keine fremde DNA eingeführt wurde.

2017 hatten die schwedischen Wissenschaftler noch allen Grund optimistisch zu sein, dass auch ihre Stärke-Kartoffel in absehbarer Zukunft auf den Feldern stehen könnte. Die schwedische Landwirtschaftsbehörde (Swedish Board of Agriculture) hatte bereits signalisiert, dass mit der Genschere editierte Pflanzen, wenn sie keine Fremd-DNA enthalten, nach ihrer Auffassung keine GVO sind. Dieser Auffassung folgend begannen - laut Nachhaltigkeitsbericht 2017/18 des Stärkeverbandes SFF - 2017 erste Freiland-Auspflanzungen mit der CRISPR-Kartoffel. In dem Bericht zeigte sich der SFF zuversichtlich, 2022 mit der Stärkeproduktion in großem Maßstab beginnen zu können.

Im Juli 2018 urteilte dann der Europäische Gerichtshof (EuGH) entgegen den Erwartungen, dass die neuen Züchtungstechniken des Genome Editings wie CRISPR/Cas als Gentechnik einzustufen seien. Konkrete Anwendungen in Europa sind damit fürs Erste verbaut. Und somit auch die baldige Nutzung der CRISPR-Kartoffel - auch wenn Mathias Samuelsson, bei der SFF zuständig für Forschung und Entwicklung, im September 2018 noch dagegenhält: „Wir interpretieren das Urteil so, dass unsere neu entwickelten Kartoffellinien weiterhin von der Regulierung ausgenommen sind.“ In der Pressemitteilung der Firma Luckeby Starch AB (ein Unternehmen der SFF) heißt es weiter: „Es ist unzumutbar, dass ein unklares Urteil in der EU die Möglichkeit dieser Entwicklung aufhält.“ Und: „Wir hoffen, dass die schwedischen Behörden weiterhin für den Einsatz der CRISPR-Technologie eintreten werden.“

Für 2019 hat Luckeby nun ordnungsgemäß einen Freisetzungsantrag für die CRISPR-Kartoffel gestellt. Zeitraum 2019 bis 2023. Auf maximal 1500 Hektar sollen hier der Knollen- und Stärkeertrag untersucht sowie auch die Stärke für verschiedene Anwendungsstudien extrahiert werden. Langfristiges Ziel: Sortenprüfung und Vermarktung.

Die schwedische Kartoffel ist nicht die erste Amylose-freie „Gentechnik-Kartoffel“. Vor zehn Jahren wurde eine von BASF entwickelte Stärke-Kartoffel mit dem Markennamen Amflora kurzfristig für den Anbau in Europa zugelassen. Auch bei dieser Kartoffel war das entsprechende Gen für die Amylose-Bildung blockiert worden. Damals setzte man hierfür die Antisense-Technik ein, d.h. Teile des Gens wurden in umgekehrter Orientierung ins Genom eingeführt. Dadurch konnte das Gen nicht mehr richtig abgelesen werden. 2010 begann der Anbau der Amflora-Kartoffel - auch in Deutschland auf 15 Hektar -, aber schon 2012 stellte die BASF aufgrund des gentechnik-kritischen Klimas in Europa die Vermarktung ein und zog mit ihrer Gentechnik-Sparte in die USA um. Ende 2013 hob der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Zulassung aufgrund von Verfahrensfehlern auf.

Aber auch mit konventioneller Züchtung ist es gelungen, Amylose-freie Kartoffeln zu züchten. 2005 brachte die Firma Avebe die Kartoffel Eliane auf den Markt. Schon in den 1980er Jahren hatte man mit der Entwicklung dieser Kartoffel an der Universität Groningen begonnen. Die Methode war hierbei die klassische Mutagenese, bei der mit Hilfe von Chemikalien oder radioaktiver Strahlung zufällige Mutationen im Pflanzengenom ausgelöst werden. Schließlich gelang eine Mutation in dem fraglichen Gen (gbss), das für die Amylosebildung verantwortlich ist.

Ein paar Jahre später wurde auch in Deutschland von der Firma Bioplant und dem Frauenhofer Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie auf konventionellem Wege eine Stärkekartoffel, die nur Amylopektin bildet, entwickelt. Um der Evolution auf die Sprünge zu helfen, kam hierbei die Tilling-Methode zum Einsatz. Dabei werden zufällige Punktmutationen im Genom durch Mutagenese kombiniert mit einem neuen Screening-Verfahren, das unter Tausenden von Keimlingen schnell diejenigen herausfindet, die die gewünschte Mutation aufweisen.

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