
Der Anbau von Sojabohnen in Deutschland steigt - aber die Eiweißlücke bleibt groß
Europa und auch Deutschland sind von Sojaimporten aus Nord- und Südamerika abhängig. Das stößt zunehmend auf Kritik - nicht nur weil so gentechnisch veränderte Sojabohnen nach Europa kommen, sondern auch wegen der oft wenig nachhaltigen Bedingungen, unter denen Sojabohnen angebaut werden, etwa Monokulturen, Waldrodungen oder Chemikalieneinsatz. Doch alternative Eiweißpflanzen haben es in Europa schwer. Vor allem aber: Der Anbau von Raps, der wichtigsten Eiweißpflanze in Deutschland, ist stark zurückgegangen. Auch deswegen bleiben die Importe hoch.

Raps überholt Soja: Auch wenn 2017 erstmals mehr Rapsschrot verfüttert wurde als Sojaschrot - Deutschland bleibt von Sojaimporten abhängig. Trotz steigender Erntemengen fällt der heimische Sojaanbau kaum ins Gewicht. Allerdings muss auch immer mehr Rapsschrot importiert werden, denn die Rapsernten in Deutschland sind seit 2014 drastisch gesunken. Die Folge: Der Selbstversorgungsgrad bei Eiweißfuttermitteln liegt aktuell bei nur etwa 30 Prozent.

Nicht nur die „Eiweißpflanzen“ Raps und Soja, sondern auch Getreide, Mais und Gras sind wichtige Lieferanten von Eiweiß.

Eiweißlücke: Etwa 25 Prozent des Futteraufkommens (in verdaulichem Eiweiß) wird aus dem Ausland importiert.
EU: Sojaimporte (Bohnen, Schrot)
2020: 34,3 Mio. t
Sojaproduktion 2021: 2,9 Mio. t, vor allem in Italien, Frankreich und im Donauraum (Österreich, Ungarn, Kroatien, Rumänien)
Deutschland: Sojaimporte (Bohnen, Schrot)
2021: 6,3 Mio. t
Sojaproduktion:
2016: 15.000 ha, 43.000 t
2020: 33.000 ha, 94.100 t
2021: 34.300 ha, 104.000 t
2022*: 51.400 ha, 136.000 t
*geschätzt
Zahlen: OVID, BMEL, BLE/BZL, UFOP, Sojaförderring; Großes Foto oben: 123RF
Bis vor wenigen Jahren ging der Anbau eiweißreicher Futterpflanzen in Deutschland - und ähnlich in vielen europäischen Ländern - immer mehr zurück. Doch inzwischen hat sich die Agrarpolitik wieder eine nationale und auch europäische Eiweißstrategie auf die Fahnen geschrieben.
In Deutschland wird nicht nur der Anbau eiweißreicher Futterpflanzen öffentlich gefördert, sondern auch Züchtung und Agrarforschung. Zudem können die Landwirte alternative Eiweißpflanzen wie Ackerbohnen, Erbsen und Lupinen im Rahmen des Greenings als „ökologische Vorrangfläche“ anrechnen lassen, da solche Pflanzen (Leguminosen) Stickstoff im Boden anreichern (Gründüngung).
Bis 2014 blieb der Anbau dieser eiweißreichen Futterpflanzen in Deutschland mit etwa 0,3 Millionen Tonnen nahezu unverändert. Danach stiegen die Flächen und die Erträge an. 2021 wurden knapp 0,6 Mio Tonnen Körnerleguminosen geerntet, eine Verdopplung gegenüber 2014.
Das wichtigste Eiweißfuttermittel in Deutschland ist jedoch Rapsschrot. Mit 4,1 Millionen Tonnen (2021) hat sich der Verbrauch seit 2004 nahezu verdoppelt. 2017 wurde erstmals mehr Rapsschrot verfüttert als Sojaschrot.
Rapsschrot fällt bei der Verarbeitung von Raps zu Biodiesel oder Öl als eiweißreiches Nebenprodukt an. Es profitiert von der wachsenden Nachfrage nach heimischen und damit „gentechnik-freien“ Futtermitteln. Vor allem Rinderhalter stellten von Soja auf Raps um und erfüllten damit die Vorgaben vieler Molkereien und der großen Handelsketten, die ihre Milchprodukte mit dem „Ohne Gentechnik“-Label auszeichnen wollen.
Allerdings ist der Rapsanbau in Deutschland drastisch zurückgegangen, seit 2014 um etwa die Hälfte. Nicht allein die heißen, trockenen Sommer sind daran schuld. Einige Schädlinge wie der Rapserdfloh und die Kleine Kohlfliege können nicht mehr in Schach gehalten werden, da gegen sie gerichtete Wirkstoffe verboten und neue noch nicht zugelassen sind. Aus Sicht der Landwirte lohnt sich der Rapsanbau wirtschaftlich immer weniger. Die Folge: Die sinkenden heimischen Erträge müssen durch Importe - vor allem aus Europa, aber auch aus Australien und Kanada - aufgefangen werden. In Kanada wird zu 95 Prozent, in Australien zu 31 Prozent gentechnisch veränderter Raps angebaut.
Noch bis vor kurzem lag Sojaschrot bei den Eiweißfuttermitteln vorn, überwiegend importiert aus den klimatisch für den Sojaanbau geeigneten Regionen in Nord- und Südamerika. Um der Abhängigkeit von den Einfuhren meist gentechnisch veränderter Sojabohnen entgegenzuwirken, wird seit einigen Jahren der heimische Sojaanbau gefördert - und die Flächen sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. In Deutschland haben sie sich von 1.000 (2008) auf mehr als 50.000 Hektar (2022, Sojaförderring) vervielfacht. Auch wenn hier inzwischen mehr als 100.000 Tonnen Sojabohnen geerntet werden - gegen die importierte Menge (6,3 Mio t, 2021) fallen sie kaum ins Gewicht.
Unterm Strich ist der Selbstversorgungsgrad bei Eiweißfuttermitteln in Deutschland seit 2014 von etwa 40 auf aktuell 25 bis 30 Prozent gesunken. Die Hauptursache dafür sind jedoch nicht steigende Sojaimporte, sondern der Rückgang beim Rapsanbau.
Ähnlich sieht es in Europa aus: Neben den traditionellen Soja-Regionen in Italien und Frankreich setzen vor allem die klimatisch günstig gelegenen Donauländer Österreich, Ungarn, Kroatien und Rumänien verstärkt auf den Anbau „regionaler, gentechnik-freier Sojabohnen“. Im Juli 2017 unterzeichneten 14 EU-Agrarminister die Europa-Soja-Erklärung und setzten sich damit zum Ziel, die nachhaltige und zertifizierte Produktion von Eiweißpflanzen - insbesondere von Soja - in Europa zu fördern. Die gesamte EU erzielt derzeit eine Sojaernte von jährlich etwa drei Million Tonnen. Auch wenn der Trend aufwärts geht - es sind gerade mal knapp neun Prozent der europäischen Einfuhren.
Themen

Mehr Öko-Landwirtschaft! Keine Soja-Importe mehr! Weniger Fleisch essen! Schön und gut, aber all das hat Auswirkungen auf die Flächennutzung. Doch Flächen sind in Deutschland knapp.
Im Web
- Eiweißpflanzenstrategie, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
- Ackerbohne, Erbse & Co., Die Eiweißpflanzenstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Förderung des Leguminosenanbaus in Deutschland, BMEL, BLE
- Marktrecherche Sojabohnen – Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) (08.12.2021)
- EU-Sojaerzeugung 2022 auf Rekordkurs, Grafik der Woche (KW 28/2022), UFOP
- Agrar Statistiken, Stand 2022, UFOP
- Futter, Futteraufkommen, Protein Balance Sheet, Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BLE/BZL)
- Deutschland ist zunehmend auf Rapsimporte angewiesen, OVID (19.08.2021)
- Selbstversorgung mit Raps- und Sojaproteinen ist ausbaufähig, OVID (23.06.2021)
- Bericht zur Markt- und Versorgungslage Futtermittel 2020, BLE
- Deutscher Verband Tiernahrung: Eiweißversorgung bei Nutztieren
- BMEL, Erntebericht 2021
- Donau Soja
- Deutscher Soja-Förderring