Impossible Burger bioengineered

Saftig, blutig, rot. Der perfekte Veggi-Burger - dank Gentechnik

Burger, Hack, Schnitzel, Würstchen…. aber nicht aus Fleisch von Tieren, sondern aus Pflanzen. Anfangs stieg die Nachfrage nach veganen Fleischimitaten schneller als die Hersteller produzieren können. Inzwischen ist die Euphorie etwas abgeebbt. Veggiburger und Veggihack sind aufwändige Hightech-Produkte: Je perfekter sie sind, je näher sie an echtes Fleisch herankommen, um so mehr nutzen sie Gentechnik und moderne Biotechnologie. In den USA geschieht das ganz offen - und kaum jemand stört sich daran.

Impossible Burger, verpackt

Bioengineered. In den USA sind Impossible Burger mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Gentechnik-Label gekennzeichnet. Sie sind aus gentechnisch verändertem Soja hergestellt.

Leghemoglobin

„Heme ist eine „magische Zutat.“ Die rote, blutähnliche Farbe macht aus einer pflanzlicher Proteinmasse ein perfektes Fleischimitat. Sie wird mit gentechnisch veränderter Hefe produziert.

Fotos: Impossible Foods

Es war der erfolgreichste Börsengang seit langem: Der Ausgabekurs der Aktien schoss um das Dreifache nach oben, Beyond Meat, ein 2009 in Kalifornien gegründetes Startup, sammelte Anfang Mai 2019 eine Viertelmilliarde Dollar frisches Geld ein. Das Unternehmen stellt Fleischersatzprodukte her – Geschmacksrichtung Rind oder Hühnchen – und war damit sehr erfolgreich. Inzwischen sind sie fast überall auf der Welt zu kaufen, auch in Europa und in Deutschland.

Anfangs konnte die Produktion der Nachfrage kaum folgen. Zwischen 2016 und 2021 schossen die weltweiten Beyond Meat-Umsätze auf 464 Mio. US-$. nach oben, doch dann kam der Einbruch. Die Umsätze gingen um gut 10 Prozent zurück, auch bei Gewinnen und Aktienkursen kehrte sich der Trend um.

Damit ist Beyond Meat kein Einzelfall. Zahlreiche Anbieter konkurrierten mit immer neuen Produkten um einen Markt, der kaum Grenzen zu kennen schien. Fast alle diese Fleischimitate bestehen im Kern aus einer raffiniert aufbereiteten pflanzlichen Protein-Masse, meist unter hohem Druck zu einer fleischähnlichen Textur gepresst geschmacklich aufgepeppt mit Hefeextrakten und Aromen.

Bei Beyond Meat kommt die Proteinbasis für Burger und Hack aus Erbsen und braunem Reis, dazu pflanzliche Öle, Kartoffelstärke und Methylcellulose, ein meist aus Baumwolle gewonnener Faserstoff, angereichert mit Mineralstoffen und pflanzlichen Farb- und Geschmacksstoffen. Andere Hersteller verwenden Weizen- oder Kartoffelproteine. Doch trotz des hohen technologischen Aufwands bleiben es mal mehr, mal weniger gute Ersatzprodukte, die längst nicht an das Original heranreichen. Gekauft werden sie von überzeugten Vegetariern. Fleischesser sind damit kaum zu einem dauerhaften Umstieg zu bewegen. Die Nachfrage nach pflanzlichen Fleischimitaten ist inzwischen deutlich abgeebbt.

Fast wie echtes Fleisch: Veggiburger mit Pflanzen-„Blut“ aus gentechnisch veränderter Hefe

Impossible Foods, in den USA der wichtigste Konkurrent für Beyond Meat, ist echtem Fleisch bereits einen großen Schritt näher. Hier ist es nicht Rote Beete-Saft, der das saftig-blutige Feeling vermitteln soll, sondern „richtiges“ Blut, genauer: Leghemoglobin, ein blutähnlicher roter Farbstoff - der allerdings nicht mehr aus dem Blut geschlachteter Tiere stammt, sondern aus den Wurzeln von Sojabohnen. Viele Pflanzen bilden solche, als Häm oder Heme bezeichneten Stoffe „von Natur aus“, um Sauerstoff zu transportieren, ähnlich wie im tierischen Blutkreislauf. In Pflanzen sind die Heme-Konzentrationen jedoch viel zu gering, um sie wirtschaftlich nutzen zu können.

Für die Massenproduktion der Impossible Burger wird die „magische Zutat“ von einem Hefestamm (Pichia pastoris) hergestellt, in den das aus Sojabohnen isolierte Gen für das Heme-Protein zusammen mit seinem modifizierten, ursprünglich pflanzlichen Stoffwechselweg eingebaut wurde. Hefen so „umkonstruieren“ zu können, dass sie etwa einen veganen blutähnlichen Farbstoff herstellen können, ist erst mit den fortgeschrittenen Techniken der Synthetischen Biologie möglich geworden. (Siehe auch: Präzisionsfermentation)

Die biotechnologische Produktion dieser Schlüsselsubstanz sei ein Prozess, „ähnlich wie Bierbrauen“, versichert Impossible Foods. Das Unternehmen macht kein Geheimnis daraus, dass diese Hefen „gentechnisch verändert“ sind und damit auch in den USA gerade bei kritischen Konsumenten ein Unbehagen hervorrufen. Es gab Diskussionen über mögliche Allergien und es zog sich über Monate hin, bis die US-amerikanische Lebensmittelbehörde FDA die Unbedenklichkeit des Soy Leghemoglobins bestätigte – doch all das konnte den großen Erfolg des Impossible Burgers nicht aufhalten.

Inzwischen gibt es ähnliche Impossible-Produkte für Wurst, Schweine- und Hühnchenfleisch. Sie sind nach den USA nun auch in Kanada, Australien, Neuseeland, einigen asiatischen Ländern und Großbritannien auf dem Markt, dort allerdings nur in der Heme-freien Hühnchen-Variante. Es gibt sie in unzähligen Restaurants, Supermärkten, Online-Shops und als Impossible Whopper bei der Fast-Food-Kette Burger King. Seit 2019 hat sich die Produktion um mehr als das 10-fache erhöht, so das Unternehmen. Um mit der Nachfrage Schritt zu halten, kooperiert Impossible Foods bei der Produktion nun mit der OSI-Gruppe, einem in vielen Ländern aktiven Giganten der Food-Branche. Doch auch für Impossible ist der große Hype merklich abgekühlt. Anfang 2023 musste das Unternehmen 20 Prozent seiner Belegschaft entlassen.

Bessere und billigere Veggi-Burger - mit Gentechnik-Soja

Doch der anfangs überwältigende Erfolg der Impossible-Produkte erzwang auch eine Änderung der Rezeptur. Lange bestand die „Fleisch“-Masse beim Impossible Burger aus aufbereiteten Weizen- und Kartoffelproteinen. Nun ist Soja an ihre Stelle getreten. Das hat, so erklärt es das Unternehmen, mehrere Vorteile: Die Burger können als „gluten-frei“ deklariert werden, enthalten weniger Fett und sind deswegen nach Firmenangaben „deutlich gesünder“. Außerdem können die Patties auf offener Flamme gegrillt werden und so besser Röstaromen bilden. Die 2.0-Version sei noch einmal näher dran am großen Vorbild Fleisch.

Um „öffentlichen Kontroversen“ aus dem Weg zu gehen, wollte Impossible Foods eigentlich nur konventionelle Sojabohnen verarbeiten – doch US-amerikanische Farmer können diese in den benötigten Mengen nicht liefern, da dort fast ausschließlich gv-Sojabohnen angebaut werden (GVO-Anteil 95 Prozent). Gentechnik-freie Sojabohnen müssten daher aus Brasilien importiert werden, doch so weite Transportwege passen nicht zum Image des grünen, klimafreundlichen Unternehmens, das offensiv damit wirbt, seine Veggi-Burger reduzierten den Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber einem klassischen aus Rindfleisch um 89 Prozent.

Doch den Wechsel zu gv-Sojabohnen als Hauptzutat der Impossible-Produkte musste das Unternehmen seinen Kunden erst schmackhaft machen. In Bezug auf die Gesundheit gebe es keine Unterschiede zwischen konventionellen und gentechnisch veränderten Sojabohnen, so ein für Impossible Food erstelltes Gutachten des bekannten Molekularbiologen Michael Eisen von der Universität Berkeley in Kalifornien. Bei der Umwelt habe gv-Soja sogar leichte Vorteile. Doch weitaus wichtiger sei es, so Gründer und Unternehmenschef Pat Brown, dass ein Verzicht auf gv-Soja zu einer Drosselung der Impossible-Produktion führe. „Das Schlimmste, was wir tun könnten, ist die Produktion zu begrenzen. Dann sind wir nicht konkurrenzfähig gegen Rindfleisch.“ Nur so könne die herkömmliche Fleischerzeugung mit ihrem großen Flächen- und Wasserverbrauch zurückgedrängt werden.

Trotz des Erfolges in mehreren Ländern - in Europa werden Impossible-Burger vorerst nicht zu erhältlich sein. Bleibt es bei gv-Soja als Hauptzutat der Patties, müssten diese als „gentechnisch verändert“ gekennzeichnet werden. Anders als in den USA, wo sie mit dem gesetzlich vorgeschriebenen bioengineered-Label versehen sind, wäre das im gentechnik-kritischen Europa ein Problem.

Zudem muss das mit gv-Hefe produzierte Leghemoglobin nach EU-Gentechnikrecht zugelassen werden: Im Oktober 2019 hat Impossible Foods einen Antrag nach der EU-Verordnung für gentechnisch veränderte Lebensmittel (1829/2003) eingereicht und ein umfangreiches Dossier vorgelegt (siehe „Im Web“ rechts). Derzeit wird er von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft. Bis Mitte 2024 soll die wissenschaftliche Risikobewertung abgeschlossen sein. Ähnliche Zulassungsverfahren laufen auch in mehreren anderen Ländern.

Datenbank Zulassungen EU

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