Deutsche Geflügel- und Eierproduzenten: Futtermittel wieder mit Gentechnik

(24.02.2014) Masthähnchen, Legehennen und Puten bekommen künftig wieder Futter aus gentechnisch veränderten Sojabohnen. Wie die deutschen Geflügel- und Eiererzeuger erklärten, können viele Unternehmen ihre Zusage, nur GVO-freie Futtermittel zu verwenden nicht mehr aufrecht erhalten. Die Verbände begründeten ihren Schritt mit dem weiter zunehmenden Anbau von gv-Sojabohnen im Hauptlieferland Brasilien und dadurch bedingter Angebotsknappheit bei gentechnikfreier Ware. Im vergangenen Jahr hatten sich große Handelsketten und Erzeuger in Großbritannien und Dänemark zu einer ähnlichen Maßnahme entschlossen. Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG) wies jedoch daraufhin, dass weiterhin genug GVO-freie Sojabohnen verfügbar seien.

Ei

Eier, Hähnchen, Putenfleisch: Jetzt wieder mit Gentechnik. Der Verband der Geflügelwirtschaft nahm seine Zusage, nur Futter „ohne Gentechnik“ zu verwenden, zurück. Grund: Angebots- knappheit.

Soja: Handel und Erzeugung

Sojaimporte (Sojabohnen, Sojaschrot)

in die EU: ca. 35 Mio. t /Jahr

nach Deutschland: 4,5 Mio. t

Wichtigste Erzeugerländer:

Brasilien (GVO-Anteil 90%)

Argentinien (GVO: 98-100%)

USA (GVO: 93%)

In Brasilien, nach den USA das Land mit der zweitgrößten Anbaufläche für gv-Pflanzen, setzen die Landwirte weiterhin auf gv-Sojabohnen. Allein 2013 nahmen die mit gv-Pflanzen bewirtschafteten Flächen noch einmal um 3,7 auf nunmehr 40,3 Mio. Hektar zu, überwiegend gv-Sojabohnen. Inzwischen ist China - und nicht mehr Europa - der wichtigste Abnehmer für brasilianische Sojabohnen, die 2013 zu knapp 90 Prozent mit gv-Sorten erzeugt wurden.

Mit dem anhaltenden Trend zu gv-Sojabohnen wird das Angebot an „gentechnikfreien“ Soja-Futtermitteln knapp. Vor allem steigt der Aufwand für die Trennung der Warenströme. Offenbar ist es in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, bei als „gentechnikfrei“ deklarierten Lieferungen unterhalb des gesetzlichen Schwellenwerts von 0,9 Prozent für „zufällige, technisch unvermeidbare“ Verunreinigungen zu bleiben. Die Qualitätskontrolle der Unternehmen, so der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft in seiner Erklärung, „zeigt einen fortlaufenden Anstieg der Beimengungen des Mischfutters mit GVO, mit teils sogar deutlicher Überschreitung des zulässigen GVO-Toleranzwertes.“

„Wenn wir GVO-Freiheit garantieren wollen, diese aber nicht mehr einhalten können, da uns GVO-freies Soja in ausreichender Reinheit eben nicht mehr zur Verfügung steht, dann müssen wir dieser Tatsache Rechnung tragen“, so ein Sprecher des Verbandes. „Alles andere wäre bewusste Täuschung von Handel und Verbrauchern.“

Dem widersprach der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik (VLOG). Anders als es die Geflügelwirtschaft darstelle, nehme die Verfügbarkeit von gentechnikfreien Sojabohnen „rasant zu“. Die brasilianischen Landwirte produzierten im Vergleich zum Vorjahr zehn Prozent mehr konventionelles Soja. Das Angebot sei größer als die Nachfrage. Allein der Marktführer für „ohne Gentechnik“-Zertifizierungen in Brasilien könne in der laufenden Anbausaison fünf Mio. Tonnen Soja liefern.

Insgesamt werden jährlich etwa 35 Mio. Tonnen Sojabohnen in die EU eingeführt, der größte Teil davon aus Brasilien. 80 Prozent der Welt-Sojaproduktion wird mit gv-Sorten erzielt.

Nach Auffassung des VLOG sei es trotz des großen GVO-Anteils in Brasilien weiterhin möglich, gentechnische und „gentechnikfreie“ Sojaproduktion zu trennen. „Anders als bei vielen anderen Kulturen ist eine Verbreitung von gv-Soja durch Pollen auf GVO-freie Soja in der landwirtschaftlichen Praxis nicht als Problem bekannt“, so ein Hintergrundpapier des VLOG. „Die Sojapflanze ist ein Selbstbefruchter. Eine Bestäubung durch Nachbarpflanzen ist praktisch ausgeschlossen.“

Auch GVO-Beimischungen in „gentechnikfreie“ Waren bei Anbau, Ernte, Lagerung und Transport, seien für den VLOG „technisch beherrschbar“, wenn die nötige Sorgfalt angewandt werde. Anders als viele gentechnik-kritische Organisationen in Deutschland und Europa behaupten, scheint für den VLOG eine Koexistenz zwischen einer Erzeugung mit und ohne Gentechnik in der landwirtschaftlichen Praxis bei Sojabohnen durchaus möglich zu sein.