
Steviolglycoside | E960 (Extrakt aus Stevia)
Funktion | Süßstoff |
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mögliche Anwendung der Gentechnik | Herstellung mit gv-Hefe (USA) |
Kennzeichnung | keine |
Steviolglycoside werden aus den Blättern des südamerikanischen Stevia-Strauches (Stevia rebaudiana) extrahiert. Die Blätter sind in Südamerika und vielen asiatischen Ländern seit langem ein geschätztes Süßungsmittel, bis zu 300-mal süßer als üblicher Haushaltszucker und dabei praktisch kalorienfrei und zahnfreundlich.

Die Blätter des Stevia-Strauches sind extrem süß und kalorienfrei, schmecken aber ein wenig metallisch. Die ideale „natürliche Süße wird es wohl erst unter Anwendung der Synthetischen Biologie geben.
Foto: suljo-123rf
Getrocknete Stevia-Blätter waren eines der ersten Produkte, für die 1997 ein Zulassungsantrag nach der damals neuen Novel Food-Verordnung eingereicht wurde. Neuartige, bis dahin in Europa nicht gebräuchliche Lebensmittel wie Stevia-Blätter durften von da an nur dann auf den Markt, wenn zuvor wissenschaftlich überzeugend nachgewiesen werden konnte, dass ihr Verzehr gesundheitlich unbedenklich ist. Das gelang jedoch für die Stevia-Blätter nicht. Sie sind weiterhin nicht zugelassen und dürfen deswegen offiziell nicht in den Handel.
Im November 2011 wurden jedoch Extrakte aus Stevia als Zusatzstoff (Süßstoff, E960) erlaubt, nachdem die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Sicherheit der Stevia-Extrakte bewertet hatte. Ihr Verzehr gilt als gesundheitlich unbedenklich, wenn eine tägliche Aufnahmemenge (ADI) von vier Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht nicht überschritten wird. - In den USA sind Stevia-Süßstoffe seit 2008 zugelassen.
Steviolglykoside dürfen u. a. bei der Herstellung von folgenden Lebensmittelgruppen eingesetzt werden:
- alkoholfreie Erfrischungsgetränke, alkoholfreies Bier, Fruchtnektar. Inzwischen sind zahlreiche Softdrinks - Cola, Limos - auf dem Markt, die mit Stevia-Extrakt gesüßt sind und mit „weniger Kalorien“ werben. Wegen des bitteren Nachgeschmacks ist in der Regel nur ein Teil des vorher verwendeten Zuckers gegen Stevia ausgetauscht.
- Tafelsüße
- Milchprodukte
- Speiseeis und Desserts, Süßwaren, Schokoladenprodukte, Kaugummi
- Konfitüre, Gelee, Marmelade
- Frühstückscerealien
- Backwaren
- Sojasoße,Suppen, Brühen
- diätetische Lebensmittel
- Nahrungsergänzungsmittel
Für jede Lebensmittelgruppe sind bestimmte Höchstmengen vorgeschrieben, damit der ADI-Wert nicht überschritten wird.
Gentechnik
Stevia-Pflanze. Seitdem sich für den kalorienfreien, „natürlichen“ Stevia-Süßstoff ein großes Marktpotenzial vor allem bei Erfrischungsgetränken abzeichnet, wird auch verstärkt an der züchterischen Weiterentwicklung der Stevia-Pflanze gearbeitet. Ziele sind eine Steigerung des Süßstoff-Gehaltes sowie eine geschmackliche Verbesserung. Um Stevia-Pflanzen auch außerhalb ihrer Herkunftsländer kultivieren zu können, sind geeignete, an die jeweiligen klimatischen Bedingungen angepasste Sorten erforderlich. Bisher werden aber offenbar keine Verfahren eingesetzt, die zu gentechnisch veränderten Stevia-Pflanzen führen.
Steviolglycoside (Süßstoff E 960) werden aus den Blättern des Stevia-Strauches extrahiert. Den Blättern wird Wasser entzogen, anschließend werden die Süßstoffe gereinigt und gefiltert. Die Gentechnik spielt bei diesem Verfahren keine Rolle.
Die wichtigsten Anbauländer für Stevia liegen in Südamerika (Brasilien, Paraguay, Kolumbien) und Asien (China).
Stevia-Extrakt: Biotechnische Herstellung (Synthetische Biologie). In den USA ist eine optimierte Variante der Stevia-Süße (Markenname: Eversweet) zugelassen, die mit gentechnisch veränderter Hefe hergestellt wird (Synthetische Biologie). Seit Anfang 2018 ist dieser Süßstoff „der nächsten Generation“ auf dem Markt. Eversweet besteht aus einer anderen Variante des süß schmeckenden Stoffes (Rebaudiosin, ein Glycosid), die keinen bitteren Nachgeschmack aufweist, in den Blättern der Stevia-Pflanze jedoch nur in extrem geringen Mengen vorkommt. Um diese Variante wirtschaftlich nutzen zu können, haben Molekularbiologen den entsprechenden Stoffwechselweg aus der Stevia-Pflanze in Hefen verlagert. (siehe Kasten rechts)
Zulassung EU: Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die als neuartig gelten oder nach einem „neuartigen Verfahren“ hergestellt werden, müssen nach der Novel Food-Verordnung (EG 258/97) zugelassen bzw. notifiziert werden. Die Hersteller müssen nachweisen, das der Verzehr gesundheitlich unbedenklich ist. Zudem sind die Produkte so zu deklarieren, dass die Konsumenten nicht irregeführt oder getäuscht werden.
Es ist davon auszugehen, dass eine neue, mit Hefe hergestellt Variante des Stevia-Proteins in der EU als „neuartiges Lebensmittel“ eingestuft wird und ein entsprechendes Zulassungsverfahren durchlaufen muss. Andere ursprünglich pflanzlichen Produkte , die wie Eversweet auf ähnliche Weise mit speziell dafür „konstruierten“ gv-Hefen hergestellt werden, sind in der EU bereits als „neuartiges Lebensmittel“ zugelassen und befinden sich auf dem Markt (z.B. Resveratrol).
Sollte die Eversweet-Süßstoff in der EU zugelassen werden, müsste er im Hinblick auf die gentechnisch veränderte Hefe nicht gekennzeichnet werden. Wie alle Zusatzstoffe oder Enzyme, die mit Hilfe von gv-Organismen hergestellt werden, jedoch im Endprodukt nicht mehr vorhanden sind, fällt auch dieses Stevia-Protein nicht unter die Kennzeichnungsvorschriften.
Themen

Synthetische Biologie: Die perfekte Stevia-Süße. Stevia - genauer: der Zusatzstoff E960 - besteht überwiegend aus einem bestimmten süß schmeckenden Stoff (Rebaudiosid A, Reb A), der in einem aufwändigen Prozess aus den Stevia-Blättern extraiert wird. Allerdings hat es einen bitteren Beigeschmack und kann deswegen Zucker - etwa in Cola und Softdrinks - nur teilweise ersetzen (Foto). Zwei andere Varianten des Süßstoffs – Reb M und Reb D - haben diesen Nachteil nicht. Allerdings kommen sie in den Stevia-Blättern nur in so geringen Mengen vor, dass sie als pflanzliche Extrakte wirtschaftlich nicht nutzbar sind.
Inzwischen gibt es einen anderen Herstellungsweg - ohne „natürliche“ Mengenbegrenzung. Mit Konzepten der Synthetischen Biologie sind die Stoffwechselwege, die zu den Reb D- und Reb M-Varianten des Stevia-Süßstoffs führen, aus Stevia in Hefe verlagert worden. Der so gewonnene Süßstoff (Markenname: Eversweet) ist in den USA von den Behörden als sicher eingestuft worden und kann ohne weitere Auflagen in Lebensmitteln und Getränken eingesetzt werden. Anfang 2018 ging eine Produktionsanlage in Betrieb. Eversweet wird als „von der Natur inspirierte, kalorienfreie und gesunde Zucker-Alternative vermarktet.
Entwickelt wurde Eversweet von Evolva, einem innovativen, in der Schweiz gegründeten Unternehmen, das auf verschiedene Anwendungen der Synthetischen Biologie spezialisiert ist. Vertriebspartner für Eversweet ist Cargill, ein internationales Agrounternehmen, das schon bei herkömmlichen Stevia-Extrakten Marktführer ist.
Im Web
- Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), Gutachten zur Sicherheit von Steviolglycosiden (Januar 2011)
- Amtsblatt der Europäischen Union (Verordnung Nr. 1131/2011 vom 11. November 2011 zu Steviolglycosiden)
- Evolva, Stevia
- Cargill, EverSweet Zero-calorie sweetener
- Cargill beginnt offiziell mit der Produktion von EverSweet, seinem Stevia-Süssstoff der nächsten Generation (20.03.2018)
- FDA OKs EverSweet GRAS determination, but commercial launch date still to be determined, says Cargill; Elanie Watson, Food Navigator USA, 01.06.2016