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Gentechnisch veränderte Tiere: Gibt es die schon?

Frage: Es gibt zahlreiche gentechnisch veränderte Pflanzen, aber offenbar kaum gentechnisch veränderte Tiere. Wie kommt das?

Antwort: Die Methoden der klassischen Gentechnik sind gerade bei Wirbeltieren fehleranfällig, wenig effizient und mit hohen Kosten verbunden. Bei landwirtschaftlich genutzten Tieren gab es bisher wenig Ziele, wo es sich lohnte, sie mit gentechnischen Verfahren zu bearbeiten. Hinzu kommt, dass die Verbraucherakzeptanz für Lebensmittel aus gentechnisch veränderten (gv) Tieren in Europa und Nordamerika gering ist.

Aber in den USA sind doch gentechnisch veränderte Lachse zugelassen.

Das ist richtig. Nach zwanzig Jahren, kontroversen Diskussionen und vielen wissenschaftlichen Studien haben die US-Behörden sie 2015 für den menschlichen Verzehr genehmigt. Kanada folgte ein Jahr später. Dort sind Produkte aus dem gv-Lachs (Markenname: AquAdvantage) zu kaufen. 2021 begann dann auch die Vermarktung in den USA. In Europa ist kein Zulassungsantrag gestellt; gv-Lachs bleibt hier wohl auch auf längere Sicht verboten.

Und wodurch unterscheiden sich die gentechnisch veränderten Lachse von normalen?

In die Lachse wurden zwei Gene aus anderen Fischarten übertragen, damit die Lachse schneller wachsen und in kürzerer Zeit ihr Schlachtgewicht erreichen. Auf diese Weise sollen Ressourcen in der Fischzucht - Nährstoffe, Wasser, Flächen - effizienter genutzt werden. Die Aufzucht der gv-Lachse ist nur in dafür zertifizierten Fischfarmen mit abgeschlossenen Tanks erlaubt. Damit wird verhindert, dass schnell wachsende gv-Lachse in offene Gewässer gelangen und dort „natürliche“ Lachse verdrängen könnten.

Gibt es noch weitere gentechnisch veränderte Tiere, die schon irgendwo zugelassen sind?

Ende 2020 erhielten in den USA die ersten gv-Schweine grünes Licht. Die Behörden erlaubten sie sowohl für für den menschlichen Verzehr als auch für die Herstellung medizinischer Produkte. Die Schweine wurden gentechnisch so verändert, dass sie auf der Zelloberfläche keinen sogenannten Alpha-Gal-Zucker mehr tragen. Menschen mit einer Allergie gegen diesen Zucker können dann das Fleisch dieser Schweine („GalSafe-Schweine“) essen.

Neben den Nutztieren werden auch unerwünschte oder gefährliche Insekten gentechnisch bearbeitet. So wurde 2014 in Brasilien eine gv-Mückenart zugelassen, in die ein „Sterblichkeits-“ oder „Sterilitäts“-Gen eingeführt wurde, um ihre Vermehrung einzudämmen. Solche blutsaugenden Stechmücken übertragen gefährliche Infektionskrankheiten wie Zika, Dengue-Fieber oder Malaria. Aber auch bei Pflanzenschädlingen wie der Olivenfruchtfliege wird das Konzept erprobt.

Spielt die klassische Gentechnik bei landwirtschaftlichen Nutztieren überhaupt keine Rolle?

Geforscht wurde viel, aber kaum etwas ist anwendungsreif geworden. Relativ weit fortgeschritten war ein Projekt an einer kanadischen Universität. Dort hatten Wissenschaftler Schweine so verändert, dass sie den Phosphoranteil in den Futtermitteln besser verwerten können und dadurch der Phosphatgehalt in der Gülle - oft ein großes Umweltproblem - sinkt. Das Konzept funktionierte, aber niemand wollte das finanzielle Risiko auf sich nehmen, diese Schweine auf den Markt zu bringen.

Dann ist die Gentechnik bei Tieren also ein Auslaufmodell?

Was die klassische Gentechnik bei landwirtschaftlichen Nutztieren anbetrifft - ja. Inzwischen gibt es aber neue molekularbiologische Verfahren (Genome Editing), die auch in der Tierzüchtung eingesetzt werden. Damit können einzelne DNA-Bausteine „umgeschrieben“ werden, ohne dass neue Gene eingeführt werden müssen. Sie sind viel präziser als die klassische Gentechnik, aber auch als die herkömmliche Züchtung.

Und was ist mit diesen neuen Verfahren möglich?

Derzeit gibt es überall auf der Welt eine Vielzahl von Forschungsprojekten, in denen mit diesen neuen Verfahren gearbeitet wird, Tendenz steigend. Dabei geht es etwa um Resistenzen gegen Infektionskrankheiten wie das PRRS-Virus bei Schweinen oder um Fleischqualität, die Unterdrückung bestimmter Allergene in der Kuhmilch oder um Rinder, die keine Hörner haben. Bisher scheinen diese Projekte weitaus Erfolg versprechender als solche mit klassischer Gentechnik. Genome Editing setzt allerdings voraus, dass der genetische Hintergrund der jeweiligen Eigenschaft ganz genau bekannt ist. Dafür ist viel Genomforschung erforderlich.

Sind denn schon irgendwo genom-editierte Tiere zugelassen?

In Japan wurden im Oktober 2021 Rote Meerbrassen, die durch Genome Editing mehr Fleisch ansetzen, als Speisefisch zugelassen. Kurze Zeit später folgten schnell wachsende Kugelfische. 2022 erlaubten die Behörden in den USA genom-editierte Rinder, die durch Genome Editing ein kurzes, glattes Fell haben und dadurch weniger hitzeanfällig sind. Sowohl das Fleisch dieser Tiere wie auch das für die Zucht verwendete Sperma können dort ohne weitere Auflagen und ohne Kennzeichnung vermarktet werden.

Und wie sieht es in der Medizin aus?

Da sind gentechnisch veränderte Tiere ja nichts Neues. Schon seit Jahren werden in der medizinischen Forschung gentechnisch veränderte Versuchstiere eingesetzt, um an ihnen neue Arzneimittel oder Therapien zu testen. Ein Beispiel sind die sogenannten Knockout-Mäuse, bei denen mithilfe der Gentechnik gezielt bestimmte Gene deaktiviert werden. Auf diese Weise können diese Tiere als Modell für genetische Erkrankungen beim Menschen dienen. Inzwischen wendet man auch hier zunehmend Genome Editing-Methoden wie die „Gen-Schere“ CRISPR/Cas an, um solche Modelltiere zu schaffen.

Tiere werden aber auch gentechnisch verändert, damit sie in ihrem Blut oder ihrer Milch bestimmte Arzneimittelstoffe produzieren (Molecular Pharming). So sind gv-Ziegen entwickelt worden, die in ihrer Milch ein Medikament gegen Thrombose (Antithrombin) bilden. In Deutschland ist es schon seit 2008 im Handel erhältlich. Auch beim Molecular Pharming nutzt man inzwischen zunehmend die neuen Genome Editing-Methoden.

Gibt es überhaupt Gesetze, welche die Zulassung von gentechnisch veränderten Tieren regeln? Können Konsumenten entsprechende Produkte erkennen?

In Bezug auf Zulassung, Sicherheitsbewertung oder Kennzeichnung gelten die gleichen Rechtsvorschriften wie für alle gv-Organismen (GVO). Für Tiere gibt es jedoch zusätzliche Kriterien. So hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) für die Risikobewertung von gv-Tieren und den daraus hergestellten Produkten umfangreiche Leitlinien erarbeitet. Bisher ist in Europa kein Zulassungsantrag für ein gv-Tier gestellt worden. Für Tiere, die mit den neuen Genome Editing-Verfahren gezüchtet wurden, gelten in der EU weiterhin die gleichen Rechtsvorschriften. Sollte es doch einmal Lebensmittelprodukte aus gv-Tieren in Europa geben, wären sie kennzeichungspflichtig.

Und Klonen – ist das auch Gentechnik?

Nein, Klonen ist keine Gentechnik. Da keine neuen Gene eingeführt werden, sind geklonte Tiere keine GVO. Das Klonen ist eine Methode, mit der Wissenschaftler als wertvoll befundene Tiere außerhalb der geschlechtlichen Fortpflanzung vervielfältigen können. Das sind beispielsweise Zuchttiere, Haustiere oder auch bedrohte Tierarten. Oft werden auch Tiere, die gentechnisch verändert wurden, durch Klonen vermehrt, damit die genetischen Konstrukte sicher vervielfältigt werden.

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